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Aus dem Leben eines Lohnschreibers

Titel: Aus dem Leben eines Lohnschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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solches Zeug nicht mehr schreiben. Alle Aspekte des gelungenen wie des mißratenen Verführungskochens waren abgegrast.
    Die Stimme schlug mir nun vor, die Verführungsgeschichte in ein Restaurant zu verlegen, dann bräuchte ich mich nicht selbst als Koch zu betätigen. »Das ist mir zu gewöhnlich«, sagte ich und meinte es auch so. Männer, die Frauen mit einer Einladung in ein Restaurant zu beeindrucken und herumzukriegen hoffen, gab es entschieden zu viele, in Wirklichkeit und im Film, das war mir zu abgedroschen. Schließlich mußte ich mich beim Schreiben mit solchen Hollywoodschwachköpfen identifizieren, das ging zu weit. »Ein Verführungsessen im Restaurant zu beschreiben ist mir zu schwachsinnig«, sagte ich.
    »Schwachsinn ist alles«, sagte die Stimme. Keine neue Erkenntnis, eigentlich, und doch berührte und rührte mich die lapidare Bemerkung diesmal. Nachdem ich dann noch eine Weile standhaft behauptete, ich hätte obendrein keine Zeit für den gewünschten Text, entstand dieser bei meinen Abwehrbemühungen wie von selbst. Das ist längst eine Methode von mir geworden: Wenn eine Anfrage kommt und ein Auftrag winkt, erst nein sagen und eine halbe Stunde lang herumargumentieren, warum man diesen Text nicht schreiben kann und will. Damit redet man den Text herbei. Ein erfahrener Redakteur wird dann auch meistens sagen: Sie brauchen doch nur aufzuschreiben, was Sie mir eben am Telefon gesagt haben. Ganz so einfach ist es zwar nicht, schließlich brauchen schriftliche Formulierungen ihre Zeit, aber man muß sich zumindest nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, was man nun schreiben soll. Man dokumentiert quasi seinen Telefonmonolog. Das kann ein paar Stunden dauern, vielleicht auch zwei oder drei Tage, und es bedeutet Verzicht auf Zum-Baden-Gehen im Sommer oder Ins-Kino-Gehen am Abend, aber dieser Verzicht wird schließlich bezahlt.
    Ich zögerte noch immer, auch das ist eine Methode. Daraufhin legte wie erwartet die Redakteurin nach einer kurzen Rücksprache mit ihrem Chef noch einen Tausender dazu, um mir das Ja-Sagen zu erleichtern. Was mich schließlich mehr als das verlockende Honorar zustimmen ließ, war das Geständnis der Redakteurin, daß sie, seitdem sie bei dieser Freßzeitschrift Unterschlupf gefunden habe, nichts mehr anöde als die Feinschmeckerei, daß sie sich seitdem nur noch von Kebab und Rostbratwürsten ernähre, die sie auf der Straße in sich hineinschlinge.
    Weil ich es albern, abgedroschen und idiotisch, und auch zu selbstgefällig, unsympathisch und unrealistisch fand, einfach nur Ratschläge zu erteilen, wie man als Mann eine Frau zum Essen ausführen könnte, um sie anschließend leichter ins Bett zu bekommen, wollte ich die Ratgeberei als alberne Mode in meinen Text einbauen und dachte mir, auch um beim Schreiben meinen Spaß zu haben, folgende Geschichte aus, in der ich meine Aversion vor Edelrestaurants ebenfalls zum Ausdruck bringen konnte.
     
     
    Der schwierige Kunde
     
    Seitdem mit deutschen Romanen kein Geld mehr zu verdienen ist, weil alle deutschen Leser nur noch irische, dänische, norwegische, italienische, angloamerikanische und baltische Romane kaufen und verschenken, habe ich umgesattelt. Ich betreibe nun ein florierendes Service-Unternehmen. Service hat Zukunft. Mit Service ist Geld zu verdienen. Keiner weiß mehr Bescheid im großen Durcheinander. Alle wollen beraten werden.
    Die Hauptgeschäftsstelle ist in Hannover. Ich habe sie schlicht »Lebenshilfe« genannt. Die Filiale in Düsseldorf bringt mehr Umsatz. Sie brauchte einen schickeren Namen. »Lifelifting« steht auf dem Messingschild. Meine fünf Mitarbeiterinnen sind schlau, schnell, charmant, geschickt und haben gute Figuren. Schlanke und füllige. Für jeden Geschmack ist gesorgt. Die Kunden sollen gerne kommen. Von meinen Mitarbeiterinnen gibt es nur guten Rat - sonst gar nichts. Manche Kunden, die es sich leisten können, wollen vom Chef persönlich beraten werden. Von mir.
    Einer unserer schwierigsten und treuesten Kunden ist Boris. Der Name wurde geändert. Aber von keiner Redaktion. Von mir. Er kam zu uns als Ortwin. Ortwin Müller. Größter und traditionsreichster Autohändler Bielefelds. Anfang 30, kein Fettbauch, keine Glatze. Er hat den Laden geerbt, er mußte sich nicht krummlegen. Eine gute Partie - und trotzdem kein Glück bei den Frauen. Mein erster Rat: Einen flotteren Namen. Geschäftsreise nach Rußland, und nach der Rückkehr solle er sich Boris nennen. Einfach eine Anekdote

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