Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers
Radrennfahrer, den ich dann aus Zeitgründen aber doch nicht realisiert habe?
Im Prinzip kann man als Journalist alles steuerlich geltend machen. Ich müsste nur für das Tortengrafikmagazin Focus eine Serie starten unter dem Titel »1000 Dinge, die Sie nicht von der Steuer absetzen können«. Und alles, was ich da vorstellen würde, könnte ich dann sofort von der Steuer absetzen, beispielsweise eine Dunstabzugshaube mit USB-Schnittstelle, einen sprechenden Kühlschrank, einen winterfesten Kaninchenstall, einen Space-Projector mit verschiedenfarbigen rotierenden Scheiben, einen versenkbaren Fernseher oder eine Seekuh aus Plüsch. Besonders erstaunlich finde ich, dass ich am Ende eines Jahres immer annähernd den gleichen Betrag auf dem Konto habe, nämlich Null Euro plus minus 500.
Dabei würde ich, ehrlich gesagt, auch gerne mal Steuern hinterziehen. Tankerbeteiligungen, Stiftungen in Liechtenstein, die Knete auf eine kleine Insel in der Karibik transferieren, wo die Ureinwohner noch dem Voodookult frönen, so etwas klingt doch spannend und romantisch. Ich würde mein Geld gerne mal solche Abenteuer erleben lassen, stattdessen muss es als Zahlungsmittel für langweilige Hypotheken oder die Klassenfahrten der Kinder herhalten. Außerdem frage ich mich schon lange, wieso ich meine Einkommenssteuerzahlungen nicht als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen kann?
Kalte Reste
Beim Kontrollgang durch mein Wohnviertel stoße ich hin und wieder auf kleine grauweiße Haufen, Schneereste, die hartnäckig mehrere Tauwetterperioden überstanden haben und einfach nicht schmelzen wollen. Man kann aus ihrem Vorhandensein schließen, dass sich dort die Kältepole unseres Viertels befinden müssen. Hier kommt die Sonne nicht hin oder hier will sie nicht hin. Ich glaube, da, wo diese Schneehaufen liegen, da leben kaltherzige Menschen. Ihre Herzenskälte strahlt durch die Außenmauern und lässt alles erstarren. Wäre jedenfalls mal eine interessante Theorie.
2011
Februar
Horrormeldung
Transplantationsforscher aus Hamburg haben im Labor menschliches Labergewebe gezüchtet. Diese Meldung hat mich dann doch etwas erschrocken. War das nötig? Wuchert dieses Labergewebe nicht schon auf natürlichem Wege ziemlich wild? Muss man das jetzt auch noch im Labor herstellen? Brauchen wir Laborgelaber? Völlig entsetzt lese ich die Meldung noch einmal und erkenne dann meinen Irrtum: die Transplantationsforscher haben menschliches Lebergewebe gezüchtet. Auf den Schreck erst mal einen Schnaps.
Der Puzzlekönig
Der Kölner Fußballspieler Lukas Podolski hat schon für so manchen groben Scherz herhalten müssen, deshalb habe ich lange überlegt, was wohl der Witz bei dem rätselhaften Plakat sein könnte, das ich in Bielefeld sah. Grundsätzlich wirbt es wohl für eine sehr gute Sache, es geht anscheinend um den Kampf gegen Leukämie, man wird aufgerufen, Stammzellen zu spenden. Die Werbeagentur hat sich bestimmt viele Gedanken gemacht, wie man die Botschaft optisch transportieren könnte.
Am Ende haben sie Podolski ein riesiges Puzzleteil in die Hand gedrückt und an diesem Teil hält sich eine Frau fest, die wiederum drei weitere Personen hinter sich herzieht. Die Vier, die da mit Podolski über das Puzzleteil verbunden sind, kann man nicht genau erkennen, sie wurden nicht so gut ausgeleuchtet wie der Fußballspieler. Da wir uns im Bereich der Schwerstsymbolik bewegen, muss man davon ausgehen, dass das Puzzleteil etwas symbolisieren soll, es steht stellvertretend für irgendwas. Wahrscheinlich handelt es sich um ein »missing link«. Podolski ist das fehlende Glied zwischen ... tja ... Mensch und Stammzelle? Mensch und Fußballer? Mensch und Puzzle? Nein, das würde alles keinen Sinn ergeben.
Wie wäre es mit: »Die im Dunklen puzzeln nicht«? Auch das scheint mir keine befriedigende Erklärung, aber mir fällt auch keine bessere ein. Als eine interessante Zusatzsymbolik empfand ich immerhin die Tatsache, dass direkt unter dem Kölner Stürmer das Auto eines Fans von Fortuna Düsseldorf parkte. Sagen wir also einfach: Podolski ist das fehlende Glied zwischen Kölner und Düsseldorfer, falls so etwas überhaupt vorstellbar ist.
Späte Erkenntnis
Die Wahrsager und Hellseher, die zu undurchschaubaren Zeiten den Bildschirm bevölkern, sind alles Schwindler. Das kann man ganz leicht feststellen. Wären es wirklich Hellseher, müssten sie nicht zu Beginn jedes Telefonats die Frage stellen: »Mit wem spreche
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