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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Malern und führt uns in das Dorf hinein. Da stand unter den hohen Linden
     vor dem Posthause schon ein prächtiger Wagen mit vier Pferden bespannt. Herr Leonhard meinte unterwegs, ich hätte meine Kleider
     ausgewachsen. Er holte daher geschwind andere aus seinem Mantelsack hervor, und ich mußte einen ganz neuen, schönen Frack
     und Weste anziehn, die mir sehr vornehm zu Gesicht standen, nur daß mir alles so lang und weit war und ordentlich um mich
     herumschlotterte. Auch einen ganz neuen Hut bekam ich, der funkelte in der Sonne, als wäre er mit frischer Butter überschmiert.
     Dann nahm der fremde, grämliche Herr die beiden Pferde der Maler am Zügel, die Maler sprangen in den Wagen, ich auf den Bock,
     und so flogen wir schon fort, als eben der Postmeister mit der Schlafmütze aus dem Fenster guckte. Der Postillon blies lustig
     auf dem Horne, und so ging es frisch nach Italien hinein.
    Ich hatte eigentlich da droben ein prächtiges Leben wie der Vogel in der Luft und brauchte doch dabei nicht selbst zu fliegen.
     Zu tun hatte ich auch weiter nichts als Tag und Nacht auf dem Bocke zu sitzen und bei den Wirtshäusern manchmal Essen und
     Trinken an den Wagen herauszubringen, denn die Maler sprachen nirgends ein, und bei Tage zogen sie die Fenster am Wagen so
     fest zu, als wenn die Sonne sie erstechen wollte. Nur zuweilen steckte der Herr Guido sein hübsches Köpfchen zum Wagenfenster
     heraus und diskurrierte freundlich mit mir und lachte dann den Herrn Leonhard aus, der das nicht leiden wollte und jedesmal
     über die langen Diskurse böse wurde. Ein paarmal hätte ich bald Verdruß bekommen mit meinem Herrn. Das eine Mal, wie ich bei
     schöner, sternklarer Nacht droben auf dem Bocke die Geige zu spielen anfing, und sodann späterhin wegen des Schlafes. Das
     war aber auch ganz zum Erstaunen! Ich wollte mir doch Italien recht genau besehen und riß die Augen alle Viertelstunden weit
     auf. Aber kaum hatte ich ein Weilchen so vor mich hingesehen, so verschwirrten und verwickelten sich mir die sechzehn Pferdefüße
     vor mir wie Filet so hin und her und übers Kreuz, daß mir die Augen gleich wieder übergingen, und zuletzt geriet ich in ein
     solches entsetzliches und unaufhaltsames Schlafen, daß gar kein Rat mehr war. Da mocht es Tag und Nacht, Regen oder Sonnenschein,
     Tirol oder Italien sein, ich hing bald rechts, bald links, bald rücklings über den Bock herunter, ja manchmal tunkte ich mit
     solcher Vehemenz mit dem Kopfe nach dem Boden zu, daß mir der Hut weit vom Kopfe flog und der Herr Guido im Wagen laut aufschrie.
    So war ich, ich weiß selbst nicht wie, durch halb Welschland, das sie dort Lombardei nennen, durchgekommen, als wir an einem
     schönen Abend vor einem Wirtshause auf dem Lande stillhielten. Die Postpferde waren in dem daranstoßenden Stationsdorfe erst
     nach ein paar Stunden bestellt, die Herren Maler stiegen daher aus und ließen sich in ein besonderes Zimmer führen, um hier
     ein wenig zu rasten und einige Briefe zu schreiben. Ich aber war sehr vergnügt darüber und verfügte mich sogleich in die Gaststube,
     um endlich wieder einmal so recht mit Ruhe und Kommodität zu essen und zu trinken. Da sah es ziemlich liederlich aus. Die
     Mägde gingen mit zerzottelten Haaren herum und hatten die offenen Halstücher unordentlich um das gelbe Fell hängen. Um einen
     runden Tisch saßen die Knechte vom Hause in blauen Überziehhemden beim Abendessen und glotzten mich zuweilen von der Seite
     an. Die hatten alle kurze, dicke Haarzöpfe und sahen so recht vornehm wie die jungen Herrlein aus. – Da bist du nun, dachte
     ich bei mir und aß fleißig fort, da bist du nun endlich in dem Lande, woher immer die kuriosen Leute zu unserm Herrn Pfarrer
     kamen mit Mausefallen und Barometern und Bildern. Was der Mensch doch nicht alles erfährt, wenn er sich einmal hinterm Ofen
     hervormacht!
    Wie ich noch eben so esse und meditiere, huscht ein Männlein, das bis jetzt in einer dunklen Ecke der Stube bei seinem Glase
     Wein gesessen hatte, auf einmal aus seinem Winkel wie eine Spinne auf mich los. Er war ganz kurz und bucklicht, hatte aber
     einen großen, grauslichen Kopf mit einer langen, römischen Adlernase und sparsamen roten Backenbart, und die gepuderten Haare
     standen ihm von allen Seiten zu Berge, als wenn der Sturmwind durchgefahren wäre. Dabei trug er einen altmodischen, verschossenen
     Frack, kurze plüschene Beinkleider und ganz vergelbte seidene Strümpfe. Er war einmal in

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