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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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aufwachten. Der Herr aber erwischte geschwind den andern Herrn und walzte mit ihm wie verrückt auf dem
     Rasen herum.
    Dann standen sie plötzlich still. «Bei Gott», rief der eine, «da seh ich schon den Kirchturm von B.! nun, da wollen wir bald
     unten sein.» Er zog seine Uhr heraus und ließ sie repetieren, schüttelte mit dem Kopfe und ließ noch einmal schlagen. «Nein»,
     sagte er, «das geht nicht, wir kommen so zu früh hin, das könnte schlimm werden!»
    Darauf holten sie von ihren Pferden Kuchen, Braten und Weinflaschen, breiteten eine schöne, bunte Decke auf dem grünen Rasen
     aus, streckten sich darüber hin und schmausten sehr vergnüglich, teilten auch mir von allem sehr reichlich mit, was mir gar
     wohlbekam, da ich seit einigen Tagen schon nicht mehr vernünftig gespeist hatte. – «Und daß dus weißt», sagte der eine zu
     mir, «aber du kennst uns doch nicht?» – Ich schüttelte mit dem Kopfe. «Also, daß dus weißt: Ich bin der Maler Leonhard, und
     das dort ist – wieder ein Maler – Guido geheißen.»
    Ich besah mir nun die beiden Maler genauer bei der Morgendämmerung. Der eine, Herr Leonhard, war groß, schlank, braun, mit
     lustigen, feurigen Augen. Der andere war viel jünger; kleiner und feiner, auf altdeutsche Mode gekleidet, wie es der Portier
     nannte, mit weißem Kragen und bloßem Hals, um den die dunkelbraunen Locken herabhingen, die er oft aus dem hübschen Gesichte
     wegschütteln mußte. – Als dieser genug gefrühstückt hatte, griff er nach meiner Geige, die ich neben mir auf den Boden gelegt
     hatte, setzte sich damit auf einen umgehauenen Baumast und klimperte darauf mit den Fingern. Dann sang er dazu so hell wie
     ein Waldvögelein, daß es mir recht durchs ganze Herz klang:
    Fliegt der erste Morgenstrahl
Durch das stille Nebeltal,
Rauscht erwachend Wald und Hügel:
Wer da fliegen kann, nimmt Flügel!
    Und sein Hütlein in die Luft
Wirft der Mensch vor Lust und ruft:
Hat Gesang doch auch noch Schwingen,
Nun so will ich fröhlich singen!
    Dabei spielten die rötlichen Morgenscheine recht anmutig über sein etwas blasses Gesicht und die schwarzen, verliebten Augen.
     Ich aber war so müde, daß sich mir die Worte und Noten, während er so sang, immer mehr verwirrten, bis ich zuletzt fest einschlief.
    Als ich nach und nach wieder zu mir selber kam, hörte ich wie im Traume die beiden Maler noch immer neben mir sprechen und
     die Vögel über mir singen, und die Morgenstrahlen schimmerten mir durch die geschlossenen Augen, daß mirs innerlich so dunkelhell
     war, wie wenn die Sonne durch rotseidene Gardinen scheint. Come è bello! hörte ich da dicht neben mir ausrufen. Ich schlug
     die Augen auf und erblickte den jungen Maler, der im funkelnden Morgenlichte über mich hergebeugt stand, so daß beinah nur
     die großen schwarzen Augen zwischen den herabhängenden Locken zu sehen waren.
    Ich sprang geschwind auf, denn es war schon heller Tag geworden. Der Herr Leonhard schien verdrießlich zu sein, er hatte zwei
     zornige Falten auf der Stirn und trieb hastig zum Aufbruch. Der andere Maler aber schüttelte seine Locken aus dem Gesicht
     und trällerte, während er sein Pferd aufzäumte, ruhig ein Liedchen vor sich hin, bis Leonhard zuletzt plötzlich laut auflachte,
     schnell eine Flasche ergriff, die noch auf dem Rasen stand, und den Rest in die Gläser einschenkte. «Auf eine glückliche Ankunft!»
     rief er aus, sie stießen mit den Gläsern zusammen, es gab einen schönen Klang. Darauf schleuderte Leonhard die leere Flasche
     hoch ins Morgenrot, daß es lustig in der Luft funkelte.
    Endlich setzten sie sich auf ihre Pferde, und ich marschierte frisch wieder nebenher. Gerade vor uns lag ein unübersehbares
     Tal, in das wir nun hinunterzogen. Da war ein Blitzen und Rauschen und Schimmern und Jubilieren! Mir war so kühl und fröhlich
     zumute, als sollte ich von dem Berge in die prächtige Gegend hinausfliegen.

Viertes Kapitel
    Nun ade, Mühle und Schloß und Portier! Nun gings, daß mir der Wind am Hute pfiff. Rechts und links flogen Dörfer, Städte und
     Weingärten vorbei, daß es einem vor den Augen flimmerte; hinter mir die beiden Maler im Wagen, vor mir vier Pferde mit einem
     prächtigen Postillon, ich hoch oben auf dem Kutschbock, daß ich oft ellenhoch in die Höhe flog.
    Das war so zugegangen: Als wir vor B. ankommen, kommt schon am Dorfe ein langer, dürrer, grämlicher Herr im grünen Flauschrock
     uns entgegen, macht viele Bücklinge vor den Herren

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