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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Aber so etwas fängt man anders an, nicht so blöd … Und nicht gleich so seelentief! So ernst! Urlaubsflirt, halli hallo, und nachher großes Vergessen.«
    »Halli hallo … Heinrich, laß mich in Ruhe! Ich muß da von allein herauskommen.«
    Ellerkrug horchte auf. Das war ein neuer Ton, ein völlig anderer Kurowski. »So ernst?« fragte er betroffen.
    »Ja. Leider. Diese Frau hat mich einfach verrückt gemacht. Ich weiß es, Heinrich, aber ich komme nicht davon los. Dazu braucht man Zeit.«
    »Die hast du nicht. Eins ist sicher: Erna wartet nicht noch einmal wieder auf dich!«
    »Und mein Sohn hat mich geschlagen. Mein großer Sohn … Das überwinde ich nie.«
    »Er hat es nur stellvertretend für seine Mutter getan.«
    »Man schlägt einen Kurowski nicht. Nicht der eigene Sohn! Marion hat Recht, – es müssen Konsequenzen gezogen werden …«
    »Wie du willst!« Ellerkrug erhob sich abrupt. »Feuer in alten Büschen soll man ausbrennen lassen! Was kann ich Erna sagen?«
    »Nichts.«
    »Nicht: Ich schäme mich, Erna …«
    »Nein!« Kurowski drehte sich um und ging zum Balkon.
    Er schien seine alte Kraft wiedererlangt zu haben. Aber es war nur eine Fassade, eine wahre Anstrengung. »Einen Mörder hört man an, er kann sich verteidigen … aber einen Vater schlägt man einfach ins Gesicht, nur weil er … Geh raus, Heinrich. Geh raus! Ich mußt jetzt allein sein –«
    Ellerkrug wollte noch etwas sagen, vermitteln, glätten, Kurowski das größte Rindvieh aller Zeiten nennen – auch kräftig in den Hintern treten konnte man ihn, damit er aufwachte aus seinen rosigen Träumen –, aber dann zuckte er doch nur mit den Schultern und ging schnell hinaus.
    Kurowski stand hinter der Gardine am Treppenhausfenster, von dem man die Auffahrt sehen konnte, und starrte hinaus. Er sah Ludwig und Ellerkrug in den Wagen steigen, dann kam Erna, mit gesenktem Kopf, das blonde Haar glänzte in der Sonne, sie ging ein wenig staksig, als wolle sie nicht zum Wagen, sondern lieber hierbleiben, aber Ludwig hatte die Autotür aufgelassen, beugte sich jetzt heraus und rief ihr etwas zu. Sie nickte und stieg ein. Kurowski biß die Zähne aufeinander. Er hatte Erna noch nie so zerbrechlich gesehen, so müde, randvoll mit Resignation.
    Er wartete, bis der Wagen sehr schnell aus dem Privatweg abbog auf die Straße und sich entfernte, als gliedere sich Ludwig – er saß am Steuer – in ein Autorennen ein.
    Er hat's eilig wegzukommen, dachte Kurowski bitter. Mein großer Sohn, mein Stolz! Und was wird er seinen Geschwistern erzählen? Dem faulen Gymnasiasten Peter und der schönen, frühreifen Inge? Euer Vater liegt mit einer anderen Frau im Bett … und sie würden den großen Bruder anstarren und es zunächst nicht begreifen. Unser Vater? Betrügt unsere Mutter? Plötzlich war die Welt der Kurowskis nicht mehr in Ordnung. Er wandte sich ab, sah auf dem Flur Marion Hellbaum stehen, sie lächelte ihn strahlend an, hatte sich umgezogen, ein Cocktailkleid mit Goldfäden durchwirkt, ihr ›Kasinokleid‹, wie sie es nannte, sie war gekommen, um ihn abzuholen … was soll ich tun, dachte Kurowski, mein Gott, was soll ich tun? Er drückte das Kinn an, zog den Kopf in die Schultern und ging wortlos an Marion vorbei in sein Zimmer.
    Ihr erstaunt-entsetztes: »Aber Ewi …!« hörte er noch, als er die Tür zufallen ließ.
    Zehn Wochen blieb Ewald Kurowski verschwunden. Nach seiner Kur war er mit unbekanntem Ziel abgereist. Marion Hellbaum hatte ihren Aufenthalt in Bad Neuenahr vorzeitig abgebrochen und hatte sich beleidigt auf ihren Landsitz bei Wesel zurückgezogen. Sie hinterließ für Kurowski ein paar Zeilen.
    »Du kannst immer kommen«, schrieb sie, »aber nur, wenn Du eine endgültige Entscheidung getroffen hast. Du weißt, daß ich Dich liebe …« Kurowski hatte den Brief eingesteckt. An dem Vormittag, als Marion das Sanatorium verließ, wich er einem Abschied aus … er machte eine Schiffsreise auf dem Rhein nach Bingen und betrank sich gründlich.
    Der Betrieb der ›Westschuh‹ lief weiter, als säße Kurowski noch immer in seinem neuen Bürohaus in Leverkusen, ein breiter, starker Mann, ein ostpreußischer Dickschädel, den man in einen Sturm stellen konnte und der lauter zurückbrüllte, als der Wind ihn anpfiff. Ellerkrug hatte die Leitung übernommen. Er war in Pirmasens entbehrlich, die Schuhfabriken liefen wie geschmiert, er hatte zwei gute Direktoren und sah es jetzt als seine Pflicht an, sich um Erna und die jüngeren Kinder zu

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