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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ostpreußischer Himmel, ein Stück masurische Seen, ein Stück Kiefernwald, von allem das schönste Stück, brachte sie Ellerkrug in Versuchung, nach Neuenahr zu fahren, allein, und Kurowski ins Gesicht zu schlagen.
    »Ich bleibe hier –«, sagte Erna endlich. »Ewald soll in seiner Kur nicht gestört werden.«
    »Vielleicht gehört es zu seiner Kur, Erna, daß du jetzt zu ihm fährst«, sagte Ellerkrug finster.
    »Wie heißt sie?« fragte sie plötzlich.
    »Keine Ahnung.« Er war überrumpelt worden. Er sprang auf und stellte sich ans Fenster. Der weite Garten des Landhauses blühte in hundert Farben. »Wann fahren wir?«
    »Soll ich ihm nachlaufen?«
    »Du haste jahrelang auf ihn gewartet.«
    »Da war er vermißt. Jetzt ist er da … das ist etwas anderes. Und ich bin älter geworden … einundvierzig …«
    »Ist das ein Alter für eine Frau? Er ist einundfünfzig … Verdammt, ja, das ist für einen Mann eine Klippe, die er überspringen muß … dieses Jungseinwollen, ohne mehr jung zu sein. Dabei mußt du ihm helfen, Erna.«
    »Sie ist bestimmt hübscher als ich, eleganter, gebildeter, vornehmer.«
    »Aber du bist Erna Kurowski! Ohne dich und Paskuleit wäre Ewald jetzt eine Null! Dir verdankt er alles!«
    »So etwas sollte man einem Mann nie sagen –«
    »Natürlich nicht. Aber man sollte ihm zeigen, daß man da ist! Los, wir fahren sofort nach Neuenahr.«
    In Köln holten sie Ludwig, den Ältesten, ab. »Ich hab heute nachmittag Anatomie-Repetitorium!« schrie Ludwig. »So'n Blödsinn, Paps in Neuenahr zu überraschen!«
    »Die Knochen bleiben immer die gleichen!« schrie Ellerkrug zurück. »Aber wenn deine Mutter dich bittet mitzukommen, dann ist das wichtiger! Steig ein. Wie kann so 'was Dämliches nur Arzt werden!«
    Franz Busko saß unterdessen in Bonn am Telefon und ließ Kurowski in Neuenahr suchen. Er war mit Marion im Café, aß Diätkuchen und trank ungesüßten Tee, besuchte dann das Kurkonzert im Kurpark und war rundum glücklich. Seine nächtliche Reue war verflogen, als der Morgen gekommen war und Marion ihn wieder zärtlich auf sich zog. Daß er so etwas von einem Wunder an Weib besaß – dieses Triumphgefühl war stärker als jeder Gedanke an seine Familie. So muß ein Hirsch empfinden, der das größte und schönste Rudel beherrscht.
    Im Sanatorium stürzte man sofort auf Kurowski zu und berichtete ihm, daß pausenlos nach ihm aus dem Bundestag gefragt wurde. Auch jetzt.
    Kurowski ließ sich verbinden, hörte Franz Busko sagen: »Meester, wo war'n Se bloß? Alarm! Die Meesterin kommt, sie muß schon vor der Tür stehen …« und hängte ein, ehe Kurowski losbrüllen konnte. Bei den Kurowskis muß man schnell sein, um ihnen zu entgehen.
    »Ein Freund von mir –«, sagte Kurowski, als er vom Telefon zurückkam, zu Marion. »MdB Busko. Irgendeine Lederexportsache. Liebling, wir müssen unser Programm umwerfen. Ich werde stramm auf meinem Zimmer arbeiten müssen. Du mußt heute allein ins Konzert gehen. Nicht maulen, Liebling … ich mach's wieder gut.«
    Er drückte Marion die Hand und rannte zum Fahrstuhl.
    In seinem Zimmer zog er sich um, duschte sich heiß Marions Parfüm von der Haut, vernichtete aus seinen Anzugtaschen alles, was verräterisch war … zwei Kinokarten, zwei Konzertkarten, zwei Kutschfahrten nach Münstereifel, zwei Dampferfahrten auf dem Rhein, immer zwei, zwei, zwei, es ist erstaunlich, was man zu zweit in so wenigen Tagen alles erleben kann … und war dann gerüstet für Ernas Empfang. Da es eine totale Überraschung sein sollte, mußte er das nun auch spielen. Er zog die Schuhe aus, legte sich auf den Balkon und wartete. Es war mitten im Abendrot – Kurowski sah darin eine heimliche Ohrfeige des Schicksals –, als es an der Tür klopfte.
    »Herein!« rief er. »Stellen Sie den verfluchten Saft auf den Tisch, Fräulein! Ohne ihn hätte ich nichts zu träumen!« Das wirkt, dachte er. Das wird Erna zeigen, wie stur ich hier die Kur mache. Er wartete ab, und als sich nichts rührte, drehte er sich um. Im Zimmer stand Marion. Sie war gerade dabei, sich aufs Bett zu legen, und sie sah wie ein Bild aus einem Märchen aus.
    »Was machst du denn hier?« stotterte Kurowski. »Ich denke, du bist im Konzert?«
    »Und ich denke, du arbeitest?«
    »Das tue ich auch. Ich denke. Ich warte auf Anrufe aus Bonn …«
    »Ich habe Männer gern, die denken.« Marion räkelte sich auf dem Bett. »Ich sehe Männern gern zu, wenn sie denken. Vielleicht brauchst du meine Hilfe, Liebling.

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