Aus dem Überall
voller zärtlicher Beruhigungen.
CP wurde rasch schwächer, aber sie empfand keine Schmerzen; vielleicht fehlten sie ganz oder waren überdeckt. Ihre bloße bleiche Haut begann am zweiten Tag zu brennen und Blasen auszubilden, obwohl sie sich aus dem Stoff seines Mantels einen Baldachin gemacht hatte. Auch die Verbrennungen schmerzten kaum. Später, als sie ihn zusammenzucken sah, begann sie den Grund zu ahnen. Sie fochten einen Willenskampf aus, aber sie hatte gegen seinen trainierten Geist keine Chance.
Am dritten Tag fiel ihr wundervolles Haar büschelweise aus. Er sammelte es Strähne um Strähne, glättete es und hob es auf.
An diesem Tag kam sie auf die Idee, ihre Namen in einen Stein zu kratzen. Sie konnte es kaum ertragen, als er sie verließ, um einen zu holen. Erstaunt und entzückt bemerkte sie, daß sie seinen Namen nicht wußte – Cavaná. Sie sprach ihn aus, sang ihn, flüsterte ihn tausendmal und flocht ihn in ihre Erinnerungen ein. Schließlich kratzte sie mit seiner Hilfe Cavaná und Carol in den Stein und versuchte, noch einige Linien zu ziehen, aber sie war zu schwach. Er ließ sie nie wieder allein.
Inzwischen lagen sie Hand in Hand an einem weichen Baumstamm. Ihre Hände waren wie verwachsen.
Eines der letzten Dinge, die sie bemerkte, war die flauschige, moosartige Ranke, die den Stamm so bequem machte. Er zeigte ihr die Zukunft der Pflanze.
Die Quelle war geflossen, seit die Seher das letzte Mal dort gewesen waren. Zwei Bauern aus Pyenro verwandten nun einen Teil ihrer Bürgerpflichten darauf, die Ranken vom fremden Himmelsgefährt zu entfernen. Sie berichteten von zwei neuen Jungen und einer möglichen Tierkrankheit, auf welche die Seher achten sollten.
Ihre Aufgabe innerhalb des jetzt geöffneten Himmelskastens beschäftigte die Seher eine Weile. Die alte Andoul paßte natürlich nicht hinein. Während die anderen drinnen beschäftigt waren, unterhielt sie sich mühevoll mit Worten mit den drei Himmelsbesessenen, die hiergeblieben waren. Sie hatten sich diskret außer Sichtweite von Cavaná und dem Alien gehalten. Der offene Himmelskasten hatte ihnen viele interessante Dinge enthüllt, unter anderem auch ein Buch mit ganz außergewöhnlichen, biegsamen, dauerhaften Bildern von Dingen, die ›Sterne‹ genannt wurden. Sie baten Andoul und Askelon, einen neuen jungen Seher, sie zu untersuchen. Sie taten es. Die Bilder zeigten nichts Bekanntes; sie waren schwarz und hatten helle Punkte, die sich seltsam bewegten.
Die Farmer hatten für Andoul den Weg auf den Gipfel verbreitert. Als unten alles fertig war, kamen die Seher herauf. Es war steil. Das deformierte Kind Mir-Mir, das so jung war, daß es noch nicht einmal sein Geschlecht gewählt hatte, mußte auf Andouls Rücken klettern. Es zog die roten Schleier an sich und beschwerte sich laut: »Wenn du noch mehr Juwelen annimmst, Saro Andoul, dann finde ich überhaupt keinen Sitzplatz mehr. Ich glaube, du machst das absichtlich.«
»Benimm dich, Kind!« mahnte Andoul. »Und wenn du noch mehr ißt, dann wird dich niemand mehr tragen können … Ah! Ich sehe!« Sie blieben stehen, und Mir-Mir glitt herunter.
Sie hatten eine hübsche kleine Lichtung in der Nähe des Gipfels erreicht. Ein länglicher Hügel, von Ranken grün überwuchert, lag mit einem Ende auf einem grüngekleideten Baum.
Als sie genauer hinsahen, konnten sie erkennen, daß es sogar zwei Gestalten waren, eng umschlungen am Ende des Stamms, und kleinere Hügel zeigten die Lage ihrer Arme.
Xerona und Ekstá kamen näher, hockten sich hin und legten ihre Schwimmhände vorsichtig auf das, was zwei eng beisammenliegende, von Ranken überwachsene Köpfe sein konnten.
Dann berührten sie beide einen der Körper, und Xerona schickte allen Anwesenden ein Bild.
»Cavaná«, sagte Mir-Mir laut. Andoul grunzte mißbilligend, einmal weil Mir-Mir laut gesprochen hatte, und zweitens, weil das Kind auf dumme Gedanken kam. Ferdil, eine schweigsame, hart arbeitende Seherin, die Cavaná ähnelte, war tatsächlich Cavanás Cousine.
»Dort, die größeren Beine«, sagte Mir-Mir trotzig. »Arme Cavaná, so häßlich. Aber sie hat im Himmel gelebt.«
Die beiden Seher mit den Schnäbeln deuteten auf die andere Gestalt und übermittelten ein umrißhaftes Bild der Fremden mit der orangefarbenen Mähne. Sie schwiegen einen Augenblick lang und verfeinerten und ergänzten das Bild. Schließlich seufzte Askelon.
»Ich habe einen Fehler gemacht«, klagte er laut. »Es lag in meiner
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