Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
schien seinen Gedanken nachzuhängen.
Anna beobachtete ihre Freunde und ihr wurde warm ums Herz. Jeder Einzelne von ihnen war vorbehaltlos für sie da gewesen. Edmunds Blick war starr geradeaus gerichtet. Anna musste kein Prophet sein, um zu wissen, was er dachte. Es stimmte, er hatte sie begleitet, würde sie, soweit es in seiner Macht stand, auch sicher wieder zurückbringen, doch in Gedanken war er bei Naomi, eventuell auch bei Bridget und Richard, da war sie sich ganz sicher.
Annas Blick schweifte zu ihrem ältesten Freund. Mechanisch setzte Peter einen Fuß vor den anderen, den Kopf weder nach rechts noch nach links wendend. Ob er aufgeregt war, sein einstiges Zuhause wiederzusehen? Was es wohl für ihn bedeutete, dieses Leben zurückzulassen? Er hatte gesagt, er würde nicht zurückkehren. Für ihn schien es tatsächlich ein Abschied für immer zu werden.
Und dann war da Lisa … von all denen, die heute Morgen gemeinsam mit ihr aufgebrochen waren, wusste sie von ihr wohl am wenigsten, hatte die geringste Zeit mit ihr verbracht. Doch es war Alexanders Schwester gewesen, die sich gestern Abend für sie eingesetzt hatte. Dank ihres energischen Auftritts hatte sich Eva schließlich davon überzeugen lassen, hierzubleiben. Es war die richtige Entscheidung. Evas Zuhause war hier, ebenso wie Lisas. Schweigend lief diese an Peters Seite, doch ihr Kopf drehte sich neugierig hin und her. Als hielte sie nach irgendetwas Ausschau, suchte etwas, ein Zeichen vielleicht. Von Alexander? Der Kloß in Annas Hals machte sich wieder bemerkbar. Es lag allein in ihrer Hand, das in sie gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen.
Und ihre Gedanken? Anna seufzte. Sie waren überall und nirgends. Bei den Kindern im Sonneneck, in ihrem kleinen Zimmer, bei Bauer Carlson, bei ihren Eltern … und bei Alexander. Nicht nur ihre Gedanken, auch ihre Gefühle waren mächtig durcheinandergeraten, schwankten zwischen Trauer und Freude. Trauer, weil sie ihre gewohnte Umgebung, ihr Heim bewusst hinter sich ließ und Freude, dass sie nach Silvanubis zurückkehren konnte, zu Alexander. Aufgeregt war sie und ängstlich. Aufgeregt, weil sie wusste, dass sie endlich auf dem richtigen Weg war, ängstlich, weil sie keine Ahnung hatte, was sie erwartete. Die neunzig Tage waren noch lange nicht vorüber. Anna strich fahrig ihre Haare aus der Stirn. Etwa eine halbe Stunde noch, dann würden sie den Wald erreicht haben. Endlich! Wenn sie bis dahin nicht ganz und gar den Verstand verloren hatte. Automatisch griff sie nach Evas Hand, die den Druck stumm erwiderte. Und wenn sie den Wald erreicht hatten, was dann? Lange hatten sie gestern Abend darüber gestritten, welche Passage sie benutzen sollten, hatten Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen. Würde Kyra dort bereits auf sie warten, um sie direkt in Empfang zu nehmen? Alles, aber auch alles wäre dann umsonst gewesen.
Edmund war unruhig in Annas kleinem Zimmer auf und ab gelaufen. »Ganz genau weiß Kyra nicht, wo die Passagen enden beziehungsweise beginnen«, sagte er. »Der Nebel senkt sich nur dann, wenn jemand, der die Passage mit Vorsatz und ohne Hilfe durchschreitet, dort auftaucht. Genau kann sie es also gar nicht bestimmen.«
»Aber in etwa schon.« Anna war noch lange nicht überzeugt.
»Ich glaube, Anna, du unterschätzt unsere Freunde dort, vor allem Noah. Er weiß ganz genau, dass die Magierin auf uns wartet.« Edmund ließ sich nicht beirren. »Er weiß auch, dass du die Phönixfeder empfangen hast und was das bedeutet. Wenn ihm außerdem bekannt ist, dass …« Edmund hielt kurz inne und blickte verstohlen zu Eva und Lisa. »… dass es Alexander schlecht geht, wird er daraus seine Schlüsse ziehen. Er wird davon ausgehen, dass wir nicht bis zum Ablauf der neunzig Tage warten können, dass wir … du vielleicht eher zurückkehren wirst. Und er wird Vorkehrungen getroffen haben.«
»Wenn. Vielleicht. Ziemlich riskant, wenn du mich fragst, Ed«, warf Erin ein.
»Trotzdem bleibt uns keine andere Wahl.« Anna raufte sich die Haare, es war zum Verrücktwerden. »Alexander läuft die Zeit davon. Wie weit ist es bis zur nächsten Passage? Außer der im Wald oder der im See.« Dort wollte sie mit Erin nun wirklich nicht hin. Sie sah fragend in Peters Richtung.
»Etwa drei Tage von hier entfernt.«
Anna wich Evas Blick aus. »Die haben wir nicht«, erklärte sie düster.
Anna sah ihn schon von Weitem, den roten Schatten, der über den Baumwipfeln seine Runden zog. Er sah echt
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