Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
darum
D er Schlaf war tief und traumlos, und als sie aufwachte, fühlte sie sich erfrischt und ausgeruht. Was für ein Unterschied zu ihrem ersten Grenzübertritt. Sie schlug die warme Decke zur Seite, schwang die Beine aus dem Bett und sah sich um. Ihr Zimmer war ebenso spärlich eingerichtet wie Alexanders. Auch hier gab es eine große Kommode sowie einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen. Und genau wie Alexanders Zimmer war auch dieses gemütlich, trotz der bescheidenen Einrichtung. Die rauen hellbraunen Holzwände verliehen diesem, und jedem anderen Zimmer in diesem Haus, einen ganz besonderen Charme.
Bridget hatte persönlich dafür gesorgt, dass sie auf direktem Weg ins Bett fand, und sich erst dann zufriedengegeben, nachdem sie die Vorhänge zugezogen, die Decke aufgeschüttelt und ihren Schützling bis zum Kinn zugedeckt hatte. Sie bekam nicht einmal mehr mit, wie die Hausherrin das Zimmer verließ.
Anna lief zum Fenster und öffnete die Läden. Sie musste geschlagene vierundzwanzig Stunden geschlummert haben. Auch heute schien es der Himmel gut mit ihnen zu meinen. Tiefblau umarmte er die goldene Sonne. Anna seufzte, wie gern würde sie einen ausgiebigen Spaziergang machen und die Gegend erkunden. Zurück am Bett entdeckte sie am Fußende einen Stapel Kleider. Sie lächelte. Da waren sie wieder, die wildledernen Hosen. Außerdem lagen ein lachsfarbenes Oberteil sowie ein paar Sandalen bereit. Rasch schlüpfte sie in Kleider und Schuhe und öffnete die Tür. Der Stuhl zwischen Alexanders und ihrem Zimmer war leer und von nebenan ertönte ein buntes Stimmengewirr. Anna holte tief Luft. Plötzlich war sie sich gar nicht sicher, ob sie den Stimmen folgen und das Zimmer betreten wollte. Sie hatte den Tag, an dem sie Silvanubis verlassen und Alexander verloren hatte, noch in bester Erinnerung. Sie hatten sich nicht gerade freundschaftlich voneinander getrennt. Auch den Kuss hatte sie nicht vergessen. Ebenso wenig wie Alexanders Worte. Es wird nicht wieder vorkommen, das verspreche ich dir. Es sei denn, du bittest mich darum.
Vielleicht konnte sie sich einfach an der offenen Tür vorbeistehlen. Leise drückte sie sich an der Wand entlang, noch ein paar Schritte und sie hatte die Treppe erreicht. Und dann flog sie … über einen Stuhl, der polternd die Treppe hinunterkrachte.
»Hoppla, Anna! Wo willst du denn so schnell hin?« Noahs kräftige Hand verhinderte in der letzten Sekunde, dass sie das Gleichgewicht verlor und es dem Stuhl gleichtat.
»Noch ein Stuhl?«, stöhnte sie, als sie in Alexanders Zimmer stolperte. Hastig wischte sie sich die Haare aus den Augen. »Ich hatte Stimmen gehört.«
Wunderbar, Anna, es geht doch nichts über einen gelungenen Auftritt. Aus den Augenwinkeln sah sie Alexander im Bett sitzen und grinsen. Natürlich! Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.
»Na, dir geht’s ja schon wieder blendend, wie ich sehe.«
Sie wagte einen weiteren flüchtigen Blick in seine Richtung. Alexander war immer noch sehr blass, die dunklen Ringe unter seinen Augen waren noch lange nicht verschwunden, doch er saß aufrecht und bei Bewusstsein im Bett, Bridget und Richard an seiner Seite.
Noah schob Anna vollständig ins Zimmer. »Das hat er dir zu verdanken, Anna.«
Anna verdrehte die Augen, musste er Alexander ausgerechnet jetzt darauf hinweisen?
»Hallo, Anna.« Das Grinsen verschwand aus Alexanders Gesicht und auf einmal erkannte sie, wie erschöpft und schwach er wirklich war. »Du hättest nicht zurückkommen sollen. Drüben bist du in Sicherheit.« Er räusperte sich verlegen.
»Diesen Blödsinn hast du gestern bereits von dir gegeben, mein Lieber«, unterbrach Anna ihn. »Das ist nicht deine Entscheidung, Alex. Außerdem, was genau hätte ich deiner Meinung nach denn tun sollen? Dich hier krepieren lassen?«
Wunderbar, nun waren sie genau dort, wo sie aufgehört hatten. Noch nicht einmal eine Minute hatte es gedauert.
Alexander hielt kurz inne und sah demonstrativ an Anna vorbei. »Es stimmt. Du hast mir das Leben gerettet. Danke. Trotzdem …«, antwortete er knapp.
»Trotzdem was, Alexander? Hat sich nicht viel verändert, nicht wahr?« Ihre Stimme war eisig. »Egal, was ich tue, ich mache es nie richtig, oder?«
Nun bekam auch Alexanders blasses Gesicht ein wenig Farbe. »Und wie immer, Anna, hörst du nicht richtig zu.«
Anna schnappte nach Luft, sie hörte nicht richtig zu? »Wenn du das so siehst. Dann hätte ich mir den Weg hierher wohl wirklich sparen
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