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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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auf Versicherungsbetrug festgesetzt.
    Der Leichnam von Benjamin Pitezel wurde exhumiert. Anhand der Menge Chloroform in seinem Magen wiesen Gerichtsmediziner nach, dass er es nicht alleine hätte trinken können. Gleichzeitig wurde mithilfe der Briefe, die die Pitezel-Kinder ihrer Mutter von unterwegs geschrieben hatten, ihr Reiseweg nachvollzogen. Schließlich fand man die Überreste des toten Howard im Ofen eines Mietshauses und die Leichen der beiden Mädchen im Keller eines anderen Mietshauses verscharrt.
    Am 19. Juli 1895 durchsuchte die Polizei endlich Holmes’ seit zwei Jahren leerstehende »Burg« in Chicago. Erst da wurde das volle Ausmaß des von ihm verbreiteten Horrors bekannt. Berichte von zahllosen Leichenresten und grauenvollen Folter- und Tötungsvorrichtungen füllten bald die Titelseiten der Zeitungen. Das Gebäude brannte aus ungeklärten Gründen am 19. August 1895 ab. Heute steht an seiner Stelle eine Postfiliale.
    Am 28. Oktober 1895 wurde der Prozess gegen Holmes wegen Mordes an Benjamin Pitezel eröffnet. Gleich zu Beginn feuerte Holmes die ihm gestellten Anwälte direkt und bestand in seiner für Psychopathen typischen Selbstüberschätzung (vgl. Ted Bundy, S. 94 ff.) darauf, sich selbst zu verteidigen. Obwohl Holmes es gewohnt war, mit seiner überzeugenden und charmanten Art Menschen zu beeinflussen, kam er gegen die vielen offensichtlichen Beweise nicht an. Seine Unschuldsbeteuerungen waren völlig unglaubwürdig, und er wurde am 2. November 1895 zum Tod durch Erhängen verurteilt.
    Holmes war schockiert, hatte er doch geglaubt, auch hier mit seiner Redekunst seinen Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Während er auf seine Hinrichtung wartete, bot ihm der Verleger William Randolph Hearst eine große Geldsumme für die Veröffentlichung seiner selbst geschriebenen Lebensgeschichte an. Das war natürlich genau das Richtige für einen Psychopathen wie Holmes, denn egal wie schlecht die Lage auch ist, ein Angebot,schnell an Geld und Ruhm zu kommen, schlägt kein Psychopath aus. Da er bereits verurteilt war, hatte er nichts mehr zu verlieren, also nutzte er seine Chance, wenigstens weltberühmt zu sterben und gestand siebenundzwanzig Morde, wobei er behauptete, von Satan persönlich besessen gewesen zu sein – eine Ihnen schon gut bekannte Rechtfertigungsstrategie für Serienmörder. Um diese gut verkaufbare Besessenheitsgeschichte noch zu unterstreichen, ließ er sich einen teuflisch anmutenden Bart wachsen und damit auf der Titelseite seiner Lebensgeschichte ablichten.
    Bei seiner Hinrichtung am 7. Mai 1896 wirkte Holmes Zeugenaussagen zufolge ruhig, gefasst und keineswegs ängstlich. Er nutzte seine letzten Worte, um seine Geständnisse alle zurückzunehmen und zu behaupten, er sei unschuldig, was vermutlich ein letzter, verzweifelter Versuch war, die Hinrichtung vielleicht doch noch aufzuschieben. Seinem letzten Wunsch entsprechend wurde sein Sarg mit Zement gefüllt. Der Sarg wurde wiederum in ein besonders großes Loch eingelassen, welches ebenfalls mit Zement gefüllt wurde. Dieser sehr exzentrisch wirkende Wunsch für seine letzte Ruhestätte hatte wohl damit zu tun, dass Holmes unter gar keinen Umständen einer Leichenschändung zum Opfer fallen wollte. Vermutlich war ihm das so wichtig, weil er selbst so viele Leichen geschändet hatte.
    Wie viele Menschen Holmes in all den Jahren und an all den Orten, die er bereist hatte, zum Opfer fielen, konnte nie geklärt werden. Die Opferzahl schwankt zwischen dreißig und zweihundert.
    Damit endet unser Ausflug in die Welt der U.S.-Serienmörder, und wir wenden uns wieder einigen Fällen aus Deutschland zu. Zunächst eine Schilderung mit persönlichen Eindrücken von Mark.

Es ist ein stiller Wintertag, als ich zu Frau P. fahre. Von Hannover aus rappelt der Bummelzug an zugefrorenen Äckern vorbei. Es ist der erste wirklich kalte Tag dieses Winters. Die Bäume sind nur noch blattlose Skelette; sie geben den Blick frei auf weite, flache, leere Äcker. Nur ein paar braune Büsche kleben an den abgewirtschafteten Feldrändern. Die Bauern erhalten Geld dafür, diese verholzten Knäuel stehen zu lassen, sonst hätten sie die lästigen Pflanzen schon lange abgehackt.
    Es wird immer ländlicher. Holzlattenzäune und Hasendraht grenzen jetzt einzelne Felder sauber voneinander ab. Alles hier ist öde und übersichtlich. Sogar die letzten vorbeigleitenden Bahnsteige sind menschenleer und von der Widerspiegelung der Sonne wie blank geschrubbt.

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