Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
Damit wechselte dann auch ihr freier Tag. Im zweiten Lehrjahr hatte sie den Mittwoch frei und da wechselte sie dann auf den Montag. Das wussten aber nur ganz wenige. Also nur ihre Arbeitskollegen und ein engerer Kreis wussten davon. So war sie eben an dem Montag zu Hause.
»Irgendetwas stimmte nicht«
Wir waren an diesem Montag wie immer arbeiten. Unser Sohn Stefan hat zwei Orte weiter gearbeitet und unser zweiter Sohn Klaus war mit mir in der Firma. Wir sind morgens um halb sieben aus dem Haus. Melanie habe ich schlafen gelassen, weil sie gerne ein bisschen länger geschlafen hat.
Unsere Söhne sind bis abends um fünf Uhr auf einer Baustelle gewesen und dann in die Firma gekommen. Klaus ist dann um halb sechs rum mit dem Fahrrad nach Hause gefahren. Dem hab ich gesagt, er soll Melanie Bescheid sagen, dass ich gleich komme, weil wir zusammen einkaufen gehen wollten.
Ich bin dann um sechs Uhr rum auch los. Dann kam ich nach Hause und er stand da und ich fragte: »Wo ist denn Melanie?«, und er sagte: »Die ist nicht da.« Da hab ich gesagt: »Das kann doch nicht sein. Sie wäre doch in der Firma vorbeigekommen und hätte Bescheid gesagt, wenn sie irgendwohin gewollt hätte. Tausendprozentig!« Aber da hab ich mir noch nicht groß etwas gedacht.
Ich sagte: »Also wir müssen ja jetzt einkaufen, dann fährst du halt mit.« Als wir um sieben rum nach dem Einkaufen heimkamen, war Melanie immer noch nicht da. Da sagte ich: »Hier ist doch was faul.« Klaus ist dann mit dem Fahrrad losgefahren. Ich hab meinen Mann abgeholt. So was hatte sie vorher wirklich noch nie gemacht.
Stefan kam dann um acht und ging nach oben, weil die ja beide ihre Zimmer oben hatten. Da rief er: »Mutti, komm mal hoch.« Da stand ihre Zimmertür offen. Ich bin ja vorher noch nicht oben gewesen, weil ich mir da noch nichts weiter gedacht habe. Da sind wir nur an die Türschwelle gegangen, da hatte sie hinter der Tür so einen Sessel, da lag sonst immer ihre Jacke drüber. Die war aber nicht da. Wir sind aber nicht reingegangen, wir haben nur flüchtig reingeguckt. Dann ist Stefan mit dem Moped losgefahren und hat sie gesucht. Ich hab gesagt: »Hier stimmt doch was nicht.« Wir haben die halbe Nacht gewartet, gemacht, getan. Und dann war sie in der Frühe immer noch nicht da.
Bei der Polizei haben wir nicht angerufen. Wir sind früh in die Firma, weil wir gedacht haben, vielleicht ist sie ja doch nach Dessau zu ihrem Freund gefahren, aber das wäre das erste Mal gewesen. Sie hätte uns doch mindestens einen Zettel hingelegt, wo sie draufgeschrieben hätte: »Ich bin da und da.«, Melanie hatte eh’ kein Auto und wäre dann mit dem Zug gefahren – aber dann hätte ich sie zum Bahnhof fahren müssen.
Am nächsten Tag wollte ich dann schon zur Polizei gehen, weil ich dachte, dass hier was nicht stimmt. Also sind wir erstmal in die Firma, weil wir dort ein Telefon hatten, und dann habe ich als allererstes Thomas angerufen, zu Hause bei seiner Mutter. Die hat gesagt, dass er schon auf der Arbeit ist, und mir die Telefonnummer gegeben. Dann hab ich dort angerufen und ihn gefragt: »Wart ihr am Wochenende unterwegs? Weißt du, wo Melanie ist?« Er sagte: »Nee, weiß ich nicht, wir waren auch nirgendwo weg.« Nichts weiter.
Dann habe ich in Melanies Firma angerufen, weil wir immer noch im Kopf hatten, dass sie vielleicht doch in Dessau war und vielleicht von dort zur Arbeit gefahren ist. Sie war ja immer sehr konsequent, und Pünktlichkeit war ihr sehr wichtig. Dort hat man mir gesagt, dass Melanie nicht zur Arbeit gekommen ist. Ich hab gesagt: »Ihr ist was passiert, hier stimmt doch was nicht, so was hat sie noch nie gemacht.« Da hab ich dann die Polizei angerufen.
Dort bekam ich lapidar zur Antwort: »Na ja, Frau P., sie ist neunzehn Jahre alt, da kommt so was schon mal vor.« Ich sagte: »Nein, so was kommt bei uns nicht vor. Sie hätte uns wenigstens einen Zettel geschrieben.« Die sagten: »Wir werden dann mal einem Streifenwagen Bescheid sagen, dass der sich dann umguckt.« Das war morgens um halb acht rum.
Keiner von uns hatte Ruhe, irgendwas stimmte nicht, irgendwas war faul. Wir sind direkt zu Melanies Firma weitergefahren. Dort hab ich nochmal persönlich nachgefragt, aber Melanie hatte sich bei niemandem gemeldet. Dann sind wir zu einem Kollegen nach Hause, dem wir vorher an diesem Tag geholfen hatten. Er ging ins Bad, da klingelte sein Telefon und seine Tochter, die mit Melanie damals zur Schule gegangen ist, ging dran. Sie geht
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