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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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vorgehabt, die Gefangenen im Falle seines Ablebens sterben zu lassen. So hätte er nicht eine Vergasungsvorrichtung, sondern ein Zeitschloss an der Betontür im Keller angebracht, das sich nach einer von ihm festgelegten Zeit geöffnet hätte, falls er nicht zurückgekehrt wäre. Ein solches Zeitschloss wurde allerdings ebenso wenig wie eine Vergasungsvorrichtung je gefunden. Josef Fritzl schien die Grausamkeit zu genießen, seinen Gefangenen das Gefühl zu vermitteln, sie würden sterben, falls ihm etwas zustoßen würde.
    Fritzls Fantasiewelt brach zusammen, als seine neunzehnjährigeTochter und Enkelin Kerstin, die den Keller noch nie verlassen hatte, schwer erkrankte. Kerstin litt schon seit ihrer Kindheit unter epileptischen Anfällen. Fritzl brachte ihr krampflösende Mittel in den Keller, mehr Behandlung gönnte er ihr nicht. Kerstins Zustand verschlimmerte sich Anfang 2008 drastisch, die Krampfanfälle wurden häufiger, sie lag deswegen wochenlang im Bett.
    Ihre Mutter Elisabeth wurde immer verzweifelter, hatte Angst, ein weiteres Kind im Keller sterben zu sehen. So drängte sie Josef Fritzl dazu, Kerstin ins Krankenhaus zu bringen. Selbst Josef Fritzl konnte nicht ausblenden, wie sehr sich Kerstins Zustand verschlechterte und dass sie in Lebensgefahr war. Ob er schließlich echte Sorge um das Leben seiner »Tochter-Enkelin« empfand oder doch eher befürchtete, im Falle ihres Todes könnte es schwierig werden, die Leiche einer erwachsenen Frau unauffällig verschwinden zu lassen, wird nie geklärt werden. Fritzl ließ sich jedenfalls von Elisabeth überzeugen.
    Am frühen Morgen des 19. April 2008 öffnete er die massive Tür des Kellerverlieses und trug die bewusstlose Kerstin – mit Elisabeths Hilfe – die Kellertreppe hinauf. Sobald das Mädchen oben lag, drängte er Elisabeth in das Verlies zurück. Sie wehrte sich nicht, denn nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Kinder hing von Josef Fritzls Wohlwollen ab. Fritzl rief den Krankenwagen.
    Den Ärzten bot sich ein verwirrendes Bild: Eine extrem blasse junge Frau wurde von einem Mann, der sich als ihr Großvater vorstellte, bewusstlos eingeliefert. Er sagte, seine Tochter sei seit Jahren verschwunden, wahrscheinlich bei einer Sekte, und habe nun seine schwerkranke Enkelin bei ihm vor die Tür gelegt. Anbei sei ein weiterer Brief seiner Tochter, in dem sie erneut schrieb, man solle nicht nach ihr suchen.
    Die Identität des bewusstlosen Mädchens war nicht zu klären, sie war nirgendwo gemeldet. An welcher Krankheit sie litt, konnten die Ärzte nicht feststellen, weil es keine Informationen zu ihrer Krankengeschichte gab. Ihr Zustand verschlimmerte sich, sie fiel ins Koma. Der zuständige Arzt sah nur einen Weg, das Leben des Mädchens zu retten: Ihre Mutter musste ausfindig gemacht werden,damit die Ärzte die lebensnotwendigen Informationen zur Erkrankung des Mädchens erfragen und sie richtig behandeln konnten. Dieser Arzt verständigte das österreichische Fernsehen und die Zeitungen. Er rief die Mutter öffentlich auf, sich zu melden, da ihre Tochter ohne die notwendigen Informationen vermutlich sterben werde.
    Elisabeth Fritzl sah diesen Aufruf in ihrem Keller am Bildschirm. Sie flehte Josef Fritzl an, sie ins Krankenhaus zu bringen, um die gemeinsame Tochter zu retten. Josef Fritzl gewährte ihr dies, dachte sich aber einen Plan aus, um trotzdem ungeschoren davonzukommen. Ob er wirklich daran glaubte, dass dieser Plan dauerhaft funktionieren würde, ist schwer zu sagen.
    Genau eine Woche nach Kerstins Einlieferung ins Krankenhaus brachte Josef Fritzl Elisabeth und ihre beiden im Keller lebenden Söhne zum ersten Mal nach vierundzwanzig Jahren – für die Jungs das erste Mal in ihrem Leben – nach draußen. Er erklärte seiner Frau, Elisabeth und ihre Söhne seien der Sekte entkommen und endlich heimgekehrt. Zuvor bläute er den dreien ein, ihn nicht zu verraten, da er sie sonst alle töten würde. Weil er es gewohnt war, dass niemand es wagte, sich seinem Willen zu widersetzen, hatte er durchaus berechtigte Hoffnung, dass seine Einschüchterung auch in diesem Fall ausreichen würde.
    Dem Krankenhauspersonal kam die ganze Geschichte von Anfang an komisch vor. Dass Josef Fritzl dann mit seiner ebenfalls unnatürlich blassen, seit vierundzwanzig Jahren vermissten Tochter plötzlich ins Krankenhaus spazierte, verstärkte die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit noch. Jemand vom Krankenhaus rief anonym die Polizei an und berichtete von der sehr

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