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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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zwar langjährige, recht oberflächliche Kontakte zu männlichen Bekannten, ließen aber niemanden nah an sich heran. Weil sie stets höflich und hilfsbereit waren, traute ihnen niemand etwas Böses zu. Obwohl sie als Eigenbrötler galten, die nicht all zu viel über ihr Privatleben preisgaben, schätzte sie keiner ihrer Bekannten als gefährlich oder bösartig ein.
    Ihre Mitarbeiter und Bekannten schilderten beide als fleißige, zuverlässige, immer ordentliche und pflichtbewusste Kollegen und Mitmenschen. In den großen Firmen, für die sie arbeiteten, waren sie angesehen, niemand hat etwas Schlechtes über sie gesagt. Ein langjähriger Bekannter und Geschäftspartner von Priklopil sagte über ihn: »Ich würde seine Persönlichkeit so beschreiben: Er wollte nie im Vordergrund stehen und hat sich nicht aufgedrängt. Er war sehr sparsam, aber nicht geizig. Er legte viel Wert auf Qualität. Er wollte lieber weniger besitzen, aber was er besaß, sollte von sehr guter Qualität sein.«
    Fritzl und Priklopil protzten nicht, zeigten aber ihren selbst erarbeiteten Wohlstand ganz gerne. Bei Fritzl war das beispielsweise sein großes Haus und seine stets vorbildlich wirkende Großfamilie, die er problemlos versorgte und an Wochenenden hin und wieder gerne zum Essen ausführte.
    Priklopil führte seinen teuren roten BMW vor, indem er mit überhöhter Geschwindigkeit durch seine kleine Wohnsiedlung raste oder ihn hingebungsvoll wusch, pflegte und an ihm herumbastelte. Außerdem gehörten ihm ein Mercedes und verschiedene andere Autos, die er aufbesserte und wieder verkaufte. Ein Bekannter sagte, dass der BMW sein »Heiligtum« gewesen sei.
    Auch die Interessen von Fritzl und Priklopil ähnelten sich: Sie bauten und renovierten ganz alleine Häuser und Wohnungen und kannten sich mit elektrischen und technischen Basteleien sehr gut aus. Das wussten auch ihre Bekannten und Geschäftspartner. Von früher Jugend an blieben sie lieber für sich und widmeten sich ihren Schularbeiten und Interessen, anstatt wie andere Gleichaltrige feiern zu gehen oder sich Sportvereinen anzuschließen.
    Es ist kein Zufall, dass Priklopil und Fritzl sich in all diesen Dingen ähneln. Diese Eigenschaften sind typisch für Menschen mit einer »zwanghaften Persönlichkeitsstörung«.
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    Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
    Zunächst möchte ich betonen, dass die allermeisten Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung keine Verbrechen begehen. Ihr Leben ist für sie zwar oft anstrengend, weil sie so übertrieben hohe Erwartungen an sich und andere Menschen haben, dass sie fast nie zufrieden sind und sich auch leicht überarbeiten. Doch sie sind normalerweise nicht gefährlich. Ganz im Gegenteil haben sie oft so übertriebene Vorstellungen davon, wie sich »ein anständiger Mensch« – als den sie sich selbst auch sehen – zu verhalten hat, dass sie nicht einmal falsch parken würden – was sie bereits von den meisten anderen Menschen unterscheidet.
    Bei Fritzl und Priklopil kamen aber noch mehr psychische Auffälligkeiten dazu. Wie ich schon am Fall des Serienmörders Garavito (siehe S. 72 ff.) gezeigt habe, kann man Verbrecher oft mithilfe eines Baukastens von Eigenschaften beschreiben. Würde die ein oder andere Eigenschaft wegfallen, so hätten die in diesem Buch beschriebenen Täter andere oder überhaupt keine Verbrechen begangen.
    Priklopil und Fritzel hatten den unbändigen Wunsch, eine Frau ganz zu besitzen, völlig über sie zu bestimmen und dafür zu sorgen, dass diese Frau sie niemals verlassen kann. Beide hatten auch eine bösartige sexuell sadistische Neigung (siehe den Abschnitt »Sadistische Straftaten« ab S. 238). Es gehörte für sie dazu, die Frau, die sie als ihr Eigentum ansahen, zu quälen und zu erniedrigen. Das erzeugte in ihnen das Gefühl von Macht, Überlegenheit und völliger Kontrolle. Nur, wenn sie diese völlige Kontrolle über einen Menschen gespürt haben, fühlten sie sich wohl.
    Wegen ihrer zwanghaften Persönlichkeitsstörung hatten sowohl Priklopil als auch Fritz die Fähigkeit entwickelt, ganz alleine ein geheimes Kellerverlies mit Strom, Wasser und Sicherheitsanlagezu bauen. Nur dadurch waren sie auch in der Lage, jahrelang Einkäufe, Wäsche und Müllentsorgung für ihre Gefangenen so übermäßig genau zu regeln, dass niemandem etwas Ungewöhnliches auffiel.
    Fritzl kaufte für seine Familie im Keller in verschiedenen Dorfsupermärkten ein und brachte die Einkäufe heimlich nachts in den Keller.

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