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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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nach Nähe und einer engen zwischenmenschlichen Beziehung.
    Priklopils Einstellung und seine Gefühle gegenüber Frauen waren mit Sicherheit problematisch. Einerseits hatte sich seine Mutter ein Leben lang viel zu sehr an ihn geklammert und ihn nie ganz erwachsen werden lassen. Andererseits hatte er niemals eine angenehme und normale Nähe zu Mädchen und Frauen erlebt. Erfahrungen mit Verliebtheit, Zärtlichkeit und Sexualität, die Jugendliche normalerweise mit dem anderen Geschlecht machen, hatte er verpasst. Von Mädchen hielt er anscheinend nichts, er blieb lieber zu Hause und bastelte.
    Seine Unsicherheit und die fehlenden Erfahrungen werden sich gegenseitig immer mehr aufgeschaukelt haben. Er war schließlich dreißig, hatte keinerlei Erfahrungen mit Frauen und lebte alleine in seinem Haus, weiter wie ein kleiner Junge versorgt von seiner Mutter. Dieser unbefriedigende Zustand hat in ihm vermutlich langsam die Fantasie entstehen lassen, wie es wäre, mit der perfekten Frau zusammenzuleben, einer Frau, die alle seine Wünsche erfüllen, immer für ihn da sein und nie einen anderen vor ihm gehabt haben sollte. Diese Frau würde ihn nicht ablehnen und auch niemals verlassen können.
    Ich halte es nicht für völlig abwegig, dass seine Fantasie unter anderem an die Fernsehserie Bezaubernde Jeannie angelehnt war. Das war eine der drei von Natascha Kampusch erwähnten Fernsehserien, die er ihr in den ersten Jahren der Gefangenschaft auf Videokassetten in den Keller brachte. In dieser US-amerikanischen Serie aus den Sechzigerjahren findet ein Astronaut eine Flasche mit einem gut aussehenden weiblichen Flaschengeist. Die hübsche und nette Geisterdame muss demjenigen, der ihre Flasche öffnet, fortan dienen und ihn Meister nennen. Sie verliebt sich in ihren Meister, macht seinen Haushalt und versucht, ihn mit allen Mitteln glücklich zu machen. Das entspricht ziemlich genau dem, was Priklopil sich von seiner Gefangenen erträumte und ihr gegenüber auch mit Gewalt durchzusetzen versuchte.
    Genau wie Fritzl war Priklopil es sein Leben lang gewohnt, seine kleine Welt um sich herum zu erschaffen. Er dehnte die Welt in seinem Kopf auf sein Haus aus. Das wurde mit vielen technischen Spielereien wie beispielsweise elektrischen Rollläden – damals der neueste Schrei – und einem selbst zusammengebauten Sicherheitssystem ausgestattet. Wie für Fritzl war für Priklopil das Ziel all seiner Handlungen die Verwirklichung seiner Träume. Es war für ihn absolut folgerichtig, sich zuerst das vollkommene Zuhause zu erschaffen und dann den Menschen, den er besitzen wollte, »heranzuzüchten«. Das beschrieb auch Natascha Kampusch in ihrer Biografie 3096 Tage. Sie habe sich gefühlt wie Alice im Wunderland, schreibt sie. »Auch ich war unter der Erde gefangen«, in einer Welt, »in der alle Regeln, die ich kannte, außer Kraft gesetzt waren«. Sie habe inständig gehofft, sie würde irgendwann aufwachen wie Alice, »aber es war ja nicht mein Traum, sondern der des Täters. Und der schlief auch nicht, sondern hatte sein Leben der Verwirklichung einer grausamen Fantasie verschrieben, aus der es auch für ihn kein Entrinnen mehr gab.«
    Die Art, mit der Wolfgang Priklopil das kleine Mädchen Natascha entführte und buchstäblich vom Erdboden verschlucken ließ, war sowohl für das Opfer als auch für ihre Familie albtraumhaft.Wie der Erlkönig in Goethes Gedicht wollte Priklopil ein Kind, das er schön fand, um jeden Preis für sich rauben.
    Am 2. März 1998 morgens um kurz vor halb acht zerrte der damals sechsunddreißigjährige Wolfgang Priklopil die zehnjährige Natascha in seinen weißen Kastenwagen. Nach fünfzehn Minuten Autofahrt brachte er das verängstigte Mädchen über den Hintereingang seines Hauses in die Garage. Dort befand sich – durch eine Holztruhe verdeckt – der Zugang zu einer Kellertreppe. An deren Ende wurde das Mädchen durch eine Panzertür geschoben, hinter der sich ein kleiner Vorraum und eine weitere Tür befanden. In dem dahinter liegenden, fünf Quadratmeter kleinen Raum verbrachte sie die ersten Monate ihrer Gefangenschaft. Dort befanden sich ein Hochbett, ein Schreibtisch, ein Schränkchen, ein kleiner Fernseher und Regale mit Kuscheltieren, Kinder- und Schulbüchern. Außerdem gab es eine Toilette und ein Waschbecken. Immerhin hatte Priklopil – im Gegensatz zu Fritzl – eine elektrische Belüftungsanlage eingebaut.
    Im April 1998 befragte die Polizei alle siebenhundert Besitzer von weißen

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