Aus der Spur
entleerte sein ganzes Magazin und lud sofort nach. Dann eilte er Richtung Diele. Er hörte Schüsse und hechtete vorwärts, um einen besseren Schusswinkel zu bekommen.
***
Shamus fühlte drei harte Schläge gegen seinen Rücken und gab mehrere Schüsse durch die Küchentür ab. Wie konnte er mich durch die Wand hindurch schlagen? Seine Beine fühlten sich kalt und nass an. Sie sackten unter ihm weg, bis er schließlich auf dem Boden saß. Wenn er erst einmal wieder zu Atem gekommen war, würde er zur Haustür sprinten und fliehen.
Plötzlich flog die Küchentür auf, und Shamus sah ein paar Edelstahltöpfe gegen die Wand schmettern. Nelson kam in den Flur gestürmt, rutschte aber auf dem Vorleger aus und stürzte. Mit einem dumpfen Schlag landete er neben Shamus, der seinen Arm um Nelsons Hals schlang und ihn an sich heranzog. Bellend folgte der Hund seinem Herrchen.
***
Chang kam es vor, als würde sich die Zeit verlangsamen, während er den Flur durch die Augen des Drachen betrachtete. Er hielt seine Waffe mit beiden Händen. Plötzlich sah er eine Bewegung. Er hörte ein metallisches Klappern und dann einen Schrei. Eine Gestalt huschte vorbei, und Chang zielte. Aber gerade, als er den Abzug betätigte, fiel die Person zu Boden. Daneben!
Chang sah Nelson mitten in einem Nest aus Stahltöpfen auf dem Boden liegen. Der Vorleger, auf dem er offenbar ausgerutscht war, lag zu seinen Füßen. Nelson hielt ein Gemüsemesser in der Hand, und sein Gesicht war zerschlagen und aufgeschwollen. Ryan hatte ihn gepackt und so eng an seinen Körper gepresst, dass Chang keinen Schuss riskieren konnte.
Chang sah drei blutige Rinnsale die Wand hinunterlaufen. Rosenförmige Flecken verunzierten Ryans weißen Maleroverall. Trotzdem gelang es ihm, aufzustehen und dabei den Revolver gegen Nelsons Kopf zu pressen. Daisys Gebell zerriss Chang fast den Schädel.
Chang pirschte den Flur entlang, seine Waffe auf Shamus Ryan gerichtet.
» Zurück! « , schrie Ryan. Seine Stimme klang rau und irgendwie feucht. Aber er wankte nicht. Ryan griff hinter sich und bekam den Knauf der Haustür zu fassen.
» Lassen Sie ihn gehen. Sie müssen ins Krankenhaus. «
» Fick dich « , fluchte Shamus Ryan. Er öffnete die Tür und bewegte sich rückwärts nach draußen. Doch da stürzte sich Daisy in die Freiheit, und die beiden Männer stolperten über ihren lang gezogenen Körper.
» Daisy, nein! « Nelson versuchte, die Hündin zu fassen zu bekommen, und kroch ihr hinterher. Aber Ryan packte Nelson am Rücken seines Hemdes. Er hatte seine Waffe immer noch in der Hand.
Chang sprintete auf die beiden zu. Noch ein Schritt, und er war nahe genug, um Shamus Ryan die Pistole aus der Hand zu treten. Der Notarzt würde ihn wohl noch retten können… Dann aber erstarrte Chang mitten in der Bewegung. Ryan, der versuchte, Nelson enger an sich heranzuziehen, blickte ihm direkt in die Augen. Und Chang erwiderte diesen Blick mit eigenen Augen, nicht mit denen des Drachen. Dann schoss er Shamus zweimal ins Gesicht.
Kapitel 55
Nichts für ungut
Dover, Montag
Trotz des kühlen Frühlingstags juckte Changs Uniform auf seiner Haut. Die Zeremonie zog sich in die Länge, und hinterher konnte er sich kaum an die Fragen der Reporter erinnern. Vor seinem inneren Auge funkelten Byrds breites Grinsen und sein glänzender kahler Schädel. Außerdem erinnerte er sich an Nancys atemberaubendes Outfit. Sie hatte ihm zugeflüstert, ob er seine Kleider wiederhaben wolle; Chang fragte sich, ob sie das nur höflichkeitshalber gesagt hatte.
Er klemmte sich die Belobigungsurkunde unter den Arm und machte sich auf den Weg zu seinem Schreibtisch. Die Gouverneurin hatte ihn mit Lob überhäuft und es vielleicht sogar ehrlich gemeint. Vor laufenden Kameras waren sie und Byrd allerdings ein Herz und eine Seele gewesen.
Chang war nur so lange geblieben wie eben notwendig. Er hatte gesagt, was er sagen sollte, und dabei im Geiste Shus Berge erklommen, sodass die Blitzlichter nur sein leeres Lächeln eingefangen hatten. Nelsons grün und blau geschlagenes Gesicht war während der Zeremonie nur eines unter vielen gewesen. Chang kratzte sich unter dem engen Uniformkragen und legte die Urkunde auf seinem Schreibtisch ab.
Als er sah, dass das Licht in Byrds Büro anging, lief er hinüber. Er machte sich nicht die Mühe anzuklopfen. Byrd blickte auf, und einen Moment lang merkte man ihm seine Verärgerung an. Die vielen Orden an seiner Brust glänzten mit seinen polierten Stiefeln um
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