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Aus der Spur

Aus der Spur

Titel: Aus der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Smith
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Schultern, und er sank auf seinen Stuhl zurück. Sein Gesichtsausdruck verriet Chang, dass der emotionale Faustschlag à la Nelson einen wunden Punkt getroffen hatte.
    » Danke für die Einladung « , sagte Nelson zu Chang und nickte dem Rest der Gruppe zu. » Viel Spaß noch, meine Herren. «
    Die Bogensehne entspannte sich.
    » Warte mal kurz. « Chang folgte Nelson die Treppe hinauf.
    » Ich gehöre einfach nicht zu diesem Haufen. «
    » Ich weiß nicht, was Wiggins’ Problem ist. Aber ich werd’s rausfinden. « Chang spürte, wie sich in seinem Inneren Gewitterwolken zusammenbrauten.
    » Ist doch egal. «
    » Der bildet sich ein, dass nur Zinnsoldaten wie er anständige Polizisten abgeben. Ich sorg’ dafür, dass er kapiert, was Sache ist. « Mit welchen Mitteln auch immer.
    » Ich will sein Mitleid nicht. «
    » Wie kommst du denn auf Mitleid? Ich werde den Jungs die Köpfe schon geraderücken. «
    » Lass gut sein « , winkte Nelson mit gesenktem Blick ab. Aber Chang konnte nicht zulassen, dass sein alter Partner sich immer weiter isolierte.
    » Nein. Gute Cops gibt es in jeder Ausführung. « Auch ein genialer Hungerhaken konnte einen erstklassigen Ermittler abgeben. » Kann sein, dass ich mal deine Hilfe brauche « , meinte Chang unvermittelt.
    » Was soll das heißen? «
    » Sag ich dir später. Geh jetzt nach Hause. « Chang schloss die Tür, bevor Nelson noch etwas sagen konnte.
    Seine Wut brauchte ein Ventil. Er konnte noch nicht wieder nach unten gehen… Stattdessen stampfte Chang in die Küche. Über dem Spülbecken thronte auf einem kleinenRegalbrett » Banzai « der Bonsai, den Colleen ihm geschenkt hatte und der seinen Spitznamen einem ihrer Aussprachefehler verdankte. Dieses Präsent war einer von Colleens letzten ernsthaften Versuchen gewesen, ihre Ehe zukitten. Als ihr klar wurde, dass Bonsais aus Japan und nicht aus China stammten, hatte sie das Gewächs sofort entsorgen wollen, aber Chang hatte darauf bestanden, es zu behalten.
    Er angelte sich die winzige Schere, die an der Wand hing, und machte sich daran, das Bäumchen zu trimmen. Der Drache machte seine Hand klobig und ungelenk. Sie fühlte sich eher wie eine Klaue an.
    Doch manchmal entspannte ihn das Bonsaitrimmen, und Chang war fest entschlossen, sich vor seinen Kollegen keine Blöße zu geben. Während er an dem Bäumchen arbeitete, stellte er sich vor, wie das kühle, klare Wasser eines Flusses seinen Ärger hinwegschwemmte…
    Chang wurde aus seinem Tagtraum gerissen und musste feststellen, dass er die Hälfte der kleinen Äste bis auf den Stamm heruntergestutzt hatte. Er donnerte die Schere in die Spüle und stopfte den verstümmelten Baum in den Abfalleimer. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er es in nur fünf Minuten geschafft hatte, eine fünfundsiebzig Jahre alte Zwergpinie zu ruinieren.
    ***
    Auf dem Weg in den Keller vernahm Chang Wiggins’ Stimme: » …den Kerl überhaupt aufgetrieben? Was findet er bloß so toll an dem? Der könnte doch nicht einmal einen Falschparker verhaften! « Wiggins verstummte, als er Chang bemerkte.
    » Ich möchte eines klarstellen: Wenn du in meinem Haus bist, erwarte ich von dir, dass du die anderen Gäste mit Respekt behandelst « , sagte Chang ruhig.
    » Hey, ich wollte den Typen nicht verscheuchen. Hab ihn nur ein bisschen aufgezogen. Ist er krank oder so? Du hättest mich ja vorwarnen können, dass er so empfindlich ist. «
    » Und ich kann dir auch erzählen, warum das so ist. «
    Die Jungs waren ganz Ohr.
    ***
    Nachdem sein letzter Gast gegangen war, macht sich Chang ans Aufräumen. In der Regel hatte es eine beruhigende Wirkung auf ihn, sein Haus wieder in Ordnung zu bringen. Danach warf er seinen scharlachroten, seidenen Morgenmantel über. Chang redete nur ungern über das, was in New York geschehen war. Aber er hatte den Jungs klarmachen wollen, was Nelson und er durchgestanden hatten.
    Chang hatte seinen Gästen auch von seiner Vermutung erzählt, Nelson könnte an einem sogenannten High-Functioning-Autismus leiden, der nie diagnostiziert worden war. Sein alter Partner konnte sich problemlos in einen Mörder hineinversetzen, war aber unfähig, mit normalen Menschen vernünftig zu kommunizieren.
    Vor seinem Zusammenbruch war Nelson in der Lage gewesen, sich » normal « zu verhalten, wenn ihm danach war; nur so hatte er es durch die Polizeiakademie geschafft. Ihre Vorgesetzten hatten sich wahrscheinlich einen Ast gelacht, als sie » Neurosen-Nelly « und » Bang-Bang-Chang «

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