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Aus der Spur

Aus der Spur

Titel: Aus der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Smith
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konnte seinen nächsten freien Tag kaum erwarten.

Kapitel 10
    Von Tür zu Tür
    Newark, Delaware, Sonntagnachmittag
    Da war ihr Haus, mitten in Newark, Delaware. Shamus wendete seinen Wagen und überprüfte noch einmal die Hausnummer. Es handelte sich tatsächlich um die Adresse, die Flannigan ihm gegeben hatte. Außerdem standen auf dem Briefkasten chinesische Schriftzeichen. Das musste es also sein. Vielleicht würde die Herrin des Hauses ebenfalls einen extravaganten seidenen Morgenmantel tragen, aber sie war sicher kein so ein muskelbepackter Freak wie ihr Sohn.
    Wie gut, dass er sich die Zeit für den Zwischenstopp beim Scherzartikelladen genommen hatte. Er warf einen prüfenden Blick in den Rückspiegel. Der falsche Schnurrbart saß gerade, und seine roten Haare waren unter einer blonden Perücke verborgen. Ausnahmsweise war sein jungenhaftes Aussehen jetzt von Vorteil. Shamus riss sich das Preisschild von dem T-Shirt mit dem Logo der Universität von Delaware, das sein Outfit komplett machte. Er sah aus wie ein gewöhnlicher, netter Student, der ein bisschen Nachbarschaftshilfe leisten wollte, bevor er sich die Nacht mit Saufgelagen und Collegeschlampen um die Ohren schlug.
    Das Ganze würde eine ausgezeichnete Übung für seinen großen Tag morgen sein. Shamus griff sich sein Klemmbrett, marschierte auf das adrette Haus zu und klopfte an die Vordertür. Die Hausherrin war vermutlich schon ziemlich alt; also stellte sich Shamus auf eine längere Wartezeit ein.
    Nach dem zweiten Klopfen öffnete sich die Tür. Ein alter, dünner Chinese starrte Shamus durchdringend an. » Ja? «
    Flannigan hatte nichts von einem Mann erwähnt. War das etwa Changs Vater? Der Typ war ziemlich mickrig. Da musste Mama-san schon ein Walross sein, wenn man sich ihren Sohn so ansah…
    » Ja? « , wiederholte der Alte. Möglicherweise hatte er damit seinen gesamten englischen Wortschatz ausgeschöpft.
    » Guten Tag. Ich heiße Casey und komme von der Universität Delaware « , sagte Shamus und zeigte auf sein T-Shirt.
    Er erhielt keine Antwort. Stattdessen beäugte ihn der Alte, als wäre er ein lästiges Insekt. Hände weg vom Schnurrbart, ermahnte sich Shamus. Das Ding sitzt bestimmt perfekt.
    » Unsere Studentenverbindung würde gerne unseren älteren Mitbürgern mit ein paar Besorgungen helfen… « , sagte Shamus betont langsam. Aber er erhielt keine Reaktion. Er hätte genauso gut behaupten können, er wäre Jack the Ripper. » Ist die Dame des Hauses zu sprechen? «
    » Nicht da. Du kannst gehen. «
    » Ist sonst jemand da, mit dem ich sprechen könnte? «
    » Niemand. Geh jetzt! «
    Was bildete sich der Kerl eigentlich ein? Er war schließlich alles andere als ein riesenhafter chinesischer Cop! Shamus beschloss, einen kurzen Blick in das Haus zu werfen und den Zwerg in seine Schranken zu weisen. Shamus zog einen Flyer aus der Tasche, den er von einer Windschutzscheibe geklaut hatte.
    » Sie sind der Chef. Ich leg’ Ihnen einfach mal einen Infoflyer hier auf den Tisch… « Shamus drängte sich an dem alten Scheißer vorbei und streckte den Arm aus, um den Flyer abzulegen.
    Eine Hand schnellte vor, und die Finger bohrten sich wie Klauen in seinen Unterarm. Der höllische Schmerz schoss bis in seine Hand hinunter, und der Flyer entglitt Shamus’ kribbelnden Fingern.
    » Raus. Jetzt. «
    » Scheiße, was haben Sie mit mir gemacht? « Shamus stieß den Alten mit seiner unversehrten Hand von sich und spürte dabei nicht den geringsten Widerstand. Das Männchen gab seinen Arm frei und ließ die Schultern kreisen.
    Den Bruchteil einer Sekunde später rammte der Alte einen Finger in die empfindliche Stelle unter Shamus’ Kinn. Sein Kiefer brannte vor Schmerz. Um dem unerträglichen Druck zu entgehen, hüpfte Shamus auf den Zehenspitzen nach hinten, aber der Alte ließ nicht locker. Wie einen dressierten Affen zwang er Shamus von der Tür weg. Schließlich fiel Shamus hintenüber, doch der Alte rührte sich nicht von der Stelle und trug immer noch dieselbe steinerne Miene zur Schau.
    » Verschwinde. «
    So eine Scheiße! Shamus rappelte sich auf, das Klemmbrett fest umklammert. Sein Herz raste. Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, wenn er auch nicht sicher war, was. Aber der Alte verlagerte das Gewicht in seine Richtung, und Shamus verlor sein letztes bisschen Mut. Er wirbelte herum und floh die Straße hinunter. Seinen Beinen ging es ja noch gut. Erst als er schon an seinem Auto vorbeigestürmt war, warf Shamus einen Blick

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