Aus der Spur
packte.
» Ahhhh « , stöhnte Stiles, und seine Augenlider flatterten. Der Griff seiner Finger verstärkte sich. Shamus trat nach ihm und zerrte an seinem Bein. Es gelang ihm, sich zu befreien, aber er verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte die Treppe hinunter. Ein stechender Schmerz fuhr ihm in die Rippen, und sein Herz hämmerte in der Brust. Er drehte sich gerade rechtzeitig auf den Rücken, um mit anzusehen, wie Stiles sich auf die Füße hievte. Shamus kroch rückwärts von ihm weg.
» Verfluchtes Schwein! « Stiles hörte sich an, als wäre er betrunken. Trotzdem war er in der Lage, sich vorwärtszubewegen.
Shamus starrte ihn ungläubig an. Er hatte den Schädel des Mannes zertrümmert– da war er ganz sicher. Zu spät ging ihm auf, dass er den Baseballschläger am Fuß der Treppe zurückgelassen hatte. Stiles bemerkte es ebenfalls.
» Raus… aus m… Haus… « , keuchte er und hob den Schläger auf. Auf dem Holz klebte sein eigenes Blut.
Shamus packte die blanke Panik. Von seiner Position auf dem Boden aus wirkte der Mann wie ein Riese und der Schläger wie ein Strommast.
» Jetzt haste Angst… « Stiles taumelte näher und hob den Schläger.
Shamus tastete panisch nach dem Revolver, der in seinem Hosenbund steckte. Er würde es nicht schaffen. Seine Hand schloss sich um die Waffe, doch der Schläger kam bereits auf ihn zugeschwungen. Shamus zerrte die Pistole aus dem Gürtel und schloss die Augen.
Die Bodenlatten neben Shamus’ Kopf vibrierten, als der Schläger auf sie eindrosch.
» Halt still, verdammt nochmal! « , keuchte Stiles.
Shamus riss die Augen auf und sah, wie Stiles den Halt verlor. Der Mann brach auf ihm zusammen. Das plötzliche Gewicht presste Shamus die Luft aus den Lungen, und er brachte keinen Laut hervor, als Stiles’ Finger nach seinen Augen krallten. Seine rechte Hand war unter dem schweren Körper eingequetscht, aber seine Finger konnte er noch bewegen.
Stiles’ Unterleib dämpfte das Geräusch der Schüsse; sie hörten sich ganz anders an als die, die Shamus auf Patel abgegeben hatte. Er entlud das gesamte Magazin in den massigen Körper. Stiles entrang sich ein Geräusch, das irgendwo zwischen einem Schrei und einem Stöhnen lag, und Shamus spürte warmes Blut über seine Schusshand rinnen. Er wand sich unter dem leblosen Körper hervor und brauchte eine Minute, um wieder zu Atem zu kommen.
Seine Rippen schmerzten, aber es war wohl nichts gebrochen. Wilde Freude stieg in ihm auf. Er hatte gewonnen! Die Euphorie verdrängte allen Schmerz. Der Maleroverall war nun zweifarbig, und sein Arm war über und über mit Blut bedeckt. Die Gerüche, die den Hausflur durchtränkten, schmeckten nach Sieg.
Shamus warf einen Blick die Treppe hinauf. Das würde er nie im Leben schaffen!
» Also gut. Planänderung, Larry. Ich hoffe, das macht dir nichts aus. Was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Oder etwa nicht, du Beschützer alter Damen? «
Stiles erhob keinen Einspruch. Er ließ sich jetzt viel leichter über den Boden schleifen. Die Bauchwunde hinterließ einen breiten roten Streifen, der von der Treppe bis zur Kellertür führte. Der blutige Kopf machte dumpfe rhythmische Geräusche, als der dazugehörige Körper die Stufen hinuntergezerrt wurde.
Was für eine Schande, dass er Flannigan hiervon nichts erzählen konnte. Shamus hätte sich zu gern mit seinem Sieg gebrüstet. Allerdings brauchte er den kleinen Giftzwerg gar nicht mehr, um diesen blöden Bullen Chang zu piesacken.
Shamus griff in seine Tasche und zog eine Biomülltüte und eine kleine Handsäge heraus. Dann sah er sich um und lächelte. Er steckte das Werkzeug wieder in die Tasche und holte sich stattdessen eine von Stiles’ großen Bogensägen.
» Mach dir keine Sorgen, Kumpel. Wird nicht wehtun. «
Kapitel 41
Kunsthandwerk
Den ganzen Weg nach Arden über pfiff Shamus vor sich hin. Er genoss die pulsierenden Vibrationen des V 8 des Pick-ups, und die imponierende Aussicht beeindruckte ihn. Er hatte sich einen frischen Overall übergezogen und achtete darauf, nicht zu schnell zu fahren. Von der Polizei angehalten zu werden konnte er sich jetzt wirklich nicht leisten.
Es war fast Viertel nach zwei. Myrtle gab Töpferunterricht in West Chester, das sich knapp hinter der Grenze zu Pennsylvania befand. Sie würde vermutlich gegen acht Uhr abends zu Hause sein. Shamus hatte also gar nicht viel Zeit. Große Kunst vertrug sich eigentlich nicht mit Eile, aber Shamus würde eben sein Bestes geben
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