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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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eben: Sie sind drin.«
    »Aber Sie wissen, dass ich mich um ein Stipendium bewerben werde?«
    »Ja – ich habe bereits mit unserem Fakultätsvorsitzenden besprochen, dass wir Ihnen Stiftungsgelder zur Verfügung stellen. Die Stiftung wurde von einem Rockefeller gegründet und vergibt jedes Jahr ein Promotionsstipendium. Wie ich Ihren Unterlagen entnehmen kann, ist Ihr Vater Minenmanager in Chile?«
    »Er war Minenmanager«, sagte ich. »Er wurde vor fünf Jahren arbeitslos.«
    Er nickte, als wollte er sagen: Deshalb ist das Geld knapp.
    Ich hätte hinzufügen können, dass man sich bei meinem Vater auf nichts verlassen kann. Aber ich habe jedes Mal Skrupel, andere – sogar meinen Freund – mit unangenehmen Details aus meiner Kindheit zu belasten. Und in meinem Gespräch mit David Henry würde ich bestimmt nicht davon anfangen. Deshalb sagte ich nur: »Mein Vater hat zu seinem letzten Vorgesetzten gesagt, dass er sich ins Knie ficken soll. Und da er auf nichts Geringeres als auf einen Job als Firmenvorsitzender bestand – und in seiner Branche als Hitzkopf verschrien war –, sind seine Jobaussichten gleich null. Seitdem arbeitet er als ›Berater‹, verdient aber kaum genug, um sich selbst über Wasser zu halten. So gesehen …«
    Mit diesen Worten hatte ich mehr über mich verraten als beabsichtigt. David muss dass gespürt haben, da er einfach nur nickte und mit einem Lächeln sagte: »Nun, jetzt wo Sie ein volles Promotionsstipendium in Harvard bekommen haben, wird er stolz auf Sie sein.«
    »Das bezweifle ich«, sagte ich leise.
    Aber in diesem Punkt täuschte ich mich. Zwei Monate vor meinem Abschluss am Smith College schickte ich meinem Vater einen Brief, in dem stand, wie sehr ich mir wünschte, dass er zur Abschlussfeier käme. Außerdem berichtete ich ihm von meinem Harvard-Stipendium, das sämtliche Unkosten decken würde. Normalerweise brauchte er ungefähr einen Monat, um mir zu antworten – aber diesmal kam schon nach zehn Tagen ein Brief. Darin lag eine Hundertdollarnote. Der Brief war dreiundzwanzig Wörter lang:
    Ich bin so stolz auf Dich!
    Tut mir leid, dass ich nicht zur Abschlussfeier kommen kann.
    Kauf Dir was Schönes.
    Alles Liebe,
    Dad
    Gleich nachdem ich ihn geöffnet hatte, war ich in Tränen aufgelöst. Ich hatte nicht geweint, als Dad uns verließ. Ich hatte nicht geweint, als er die meisten unserer Verabredungen in der Stadt absagte, nachdem er wieder hergezogen war. Ich hatte nicht geweint, als er nach Chile ging und mir ein ums andere Mal versprach, mich im nächsten Jahr ein paar Wochen zu sich einzuladen, was nie geschah. Ich hatte nicht geweint, als meine Einsernoten im College, meine Aufnahme in die renommierte Studentenvereinigung Phi Beta Kappa, kurz: sämtliche Anstrengungen, ihm zu gefallen, mit nichts als Schweigen beantwortet wurden. In einem letzten verzweifelten Versuch, doch noch etwas Anerkennung zu bekommen, schrieb ich diesen Brief. Mit dem Ergebnis, dass mir etwas klar wurde, das ich nie hatte wahrhaben wollen: Mein Vater hat sich mir schon immer entzogen. Kauf Dir was Schönes. Eine Hundertdollarnote und ein fünfzeiliger Brief, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen …, falls er überhaupt ein schlechtes Gewissen hatte. Wieder einmal schubste er mich weg – aber diesmal schaffte ich es nicht, seine Distanziertheit an mir abprallen zu lassen. Diesmal konnte ich nur noch weinen.
    Tom versuchte mich zu trösten, indem er mir immer wieder sagte, dass mein Vater so eine tolle Tochter gar nicht verdient hätte. Dass er seine Ablehnung eines Tages bitter bereuen würde. Dass ihn mein Erfolg bestimmt verunsicherte, weil er bei allem, was er angepackt hatte, katastrophal gescheitert war.
    »Natürlich schubst er dich weg«, sagte Tom. »Wie soll er sonst mit deiner Begabung klarkommen?«
    »Hör auf, mir Komplimente zu machen«, befahl ich ihm.
    »Du bist immun gegen Komplimente«, sagte er.
    »Weil ich sie nicht verdiene.«
    »Nein – weil du dir eingeredet hast, dass dieser Idiot von deinem Vater recht hat und du keinen Erfolg verdienst.«
    Aber dass ich so traurig war, lag nicht nur an der Zurückweisung durch meinen Vater. Sondern auch daran, dass Tom und ich kurz davorstanden, uns zu trennen. Das Schreckliche daran war, dass wir uns gar nicht trennen wollten. Aber ich ging nach Harvard und Tom für einen Aufbaustudiengang aufs Trinity College nach Dublin. Obwohl es keiner von uns zugeben wollte, wussten wir beide, dass unsere Beziehung vorbei sein würde, sobald

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