Aus Eifersucht kann Liebe werden: Die Heilung eines ungeliebten Gefühls
suchen eine feste Insel mit einer absoluten Verlässlichkeit. Der Partner darf nichts allein unternehmen, das Leben gleicht dem von siamesischen Zwillingen. So jedenfalls schilderte es mir eine eifersüchtige 41-jährige Lehrerin, die mit einem versorgenden Mann zusammenlebte. Ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie zwei Jahre alt war, und sie ging dann mit ihrer Mutter eine sehr intensive, zärtliche, eher verwöhnende Beziehung ein. Daran orientierten sich auch die Beziehungen mit Männern, die immer sehr eng waren. Und sie war eifersüchtig, sehr eifersüchtig. Die Beziehung zu ihrem jetzigen Mann war eng, zu eng, die Erotik schlief ein.Und nun überlegte diese Lehrerin immer, wo denn die Liebe ihres Mannes geblieben sein könnte. Und das gipfelte dann immer in der Frage: Wen liebt er jetzt? Und vor allem: Mit wem schläft er? Denn sie kannte auf den Rückgang der Leidenschaft nur eine Antwort: Er hatte ein Verhältnis mit einer anderen Frau.
Eifersucht auf die Freunde
Es war das Verhängnis dieser Beziehung, dass sich dieser Mann vollständig auf seine Partnerin einstellte. Denn fast immer führt die massive Eifersucht eines Partners zu einer gemeinsamen Verringerung der sozialen Expansion. Dies bestätigte mir auch ein 56-jähriger Angestellter: »Ich war immer sehr eifersüchtig und klammerte mich an meine Frau. Ich wollte sie für mich allein. Ich konnte nicht damit umgehen, dass sich meine Frau mit anderen Menschen traf. Es gab dann heftige Auseinandersetzungen, einmal habe ich alles Mögliche aus dem Fenster geworfen. Es waren wichtige Papiere, aber meine Frau holte sie nicht hoch, ich musste selbst runter und sie einsammeln. Das hatte zur Folge, dass ich nie mehr etwas aus dem Fenster warf. Aber ich habe mich doch durchgesetzt. Sie traf sich im Laufe der Jahre immer weniger mit Freunden, heute lebt sie genauso zurückgezogen wie ich.«
Der Eifersuchtswahn
Solche Eifersucht greift tief in das Leben des Partners ein. Aber sie bringt auch das Seelenleben des Eifersüchtigen so durcheinander, dass sie als wahnhaft bezeichnet wird. Ich bin mit solchen Diagnosen sehr vorsichtig. Oft bemühen wir uns dann nicht mehr, den Eifersüchtigen zu verstehen. Doch handelt es sich nicht um einen Wahn, wenn die Phantasien nicht mehr an der Wirklichkeit überprüft werden? Nun haben wirtagtäglich viele Gefühle und Phantasien, die von der Realität abweichen. Aber im Allgemeinen haben wir einen gewissen Abstand zu unseren kleinen Verrücktheiten – und das ist der Unterschied zum Wahn. Gerade beim Eifersuchtswahn ist man vollständig davon überzeugt, im Rech zu sein. Keine Erklärung kann uns beweisen, dass unser Verdacht unbegründet ist. Der Partner kann noch so viel reden, seine Unschuld beteuern. Wir sind trotzdem fest davon überzeugt, dass wir Recht haben. Und deshalb warnt Goethe: »Man muss sich hüten, den Keim von Wahnsinn auszubrüten und zu pflegen.«
Die Gefahr der Trennung
Der Eifersüchtige leidet massiv unter seiner Überzeugung, man könne ihn verlassen. Und das Dramatische ist: Er verhält sich so, dass sich der Partner irgendwann tatsächlich überlegt, ob er sich trennt. Eine Patientin berichtete: »Ich war einige Jahre mit einem Mann zusammen, der sehr eifersüchtig war, obwohl er überhaupt keinen Grund dazu hatte. Er kontrollierte mich ständig. Wenn ich allein zuhause war, rief er mich oft an. Er wollte dann immer sehen, ob ich nicht doch weg gehe, ob ich mich mit anderen verabrede. Das war mir zu viel, ich trennte mich.«
Wenn man selbst nicht mehr liebt
Oft beruht das Misstrauen des eifersüchtigen Partners auch darin, dass er selbst nicht mehr liebt. Solange man verliebt ist, spürt man ein festes Band der Liebe. Meist sind wir dann felsenfest davon überzeugt, dass diese Beziehung verlässlich ist. Aber wenn die Liebe erkaltet, kann sie ja wirklich scheitern. Denn die Außenwelt enthält immer viele Versuchungssituationen. Vor allem Männer über 40 sind auf der Suche und wildern. Sie suchen sich eine Frau, die sich in einer festen Bindungbefindet. Diese Männer wissen, dass man einer Frau die Bereitschaft zum Seitensprung ansehen kann. Sie hat dann den berühmten »Leuchtturmblick«. Wenn ein interessanter Mann den Raum betritt, schaut sie mit großem Interesse. Und nach einer gewissen Zeit schaut sie noch einmal genauer hin. Die Wilderer spüren dies und registrieren, dass diese Frauen nicht jene sozialen Wurzeln besitzen, die durch eine gute Partnerschaft entstehen. Solche Frauen haben
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