Aus Eifersucht kann Liebe werden: Die Heilung eines ungeliebten Gefühls
überhören, gibt es nur den schrillen Alarm der Eifersucht, der einer Mobilmachung entspricht. Wenn wir diesen Alarm auch noch ausstellen, sind wir allen Entwicklungen hilflos ausgeliefert. Meist resignieren wir dann hinsichtlich unserer Liebesansprüche. Und diese Resignation können wir nur vermeiden, indem wir uns aufregen. Alle Affekte enthalten immer einen großen Wutanteil. Das kann man doch mit mir nicht machen – ist die Hauptbotschaft der Eifersucht. durch die Wut heben wir jene Abwertung auf, die uns durch den Seitensprung des Partners zugefügt wurde. Wenn wir diesen Alarm abstellen, werden wir zu einem zahnlosen, schlafenden Tiger. Wir spüren nichts mehr, passen uns an und reagieren irgendwann völlig unberechenbar, wenn wir vom Unglück überrannt werden.
Die fehlende Wertschätzung
Wenn wir das Alarmsignal Eifersucht ausschalten, können wir die zugrundeliegenden Konflikte nicht bewältigen. Doch wir müssen schon lernen, mit den Grundkonflikten des Lebens umzugehen, die darin bestehen, dass wir den anderen brauchen, auf ihn angewiesen sind, gleichzeitig aber eigene Wünsche haben, die oft nicht in Erfüllung gehen. Es hat wenig Sinn, diese Konflikte zuzukleistern und die Affekte zu dämpfen. Damit reduzieren wir nur unsere Lebenskräfte. Das wäre so, als würden wir die Geschwindigkeit aller Autos auf ein Fußgängertempo herabsetzen, weil gelegentlich ein Unfall passiert. Wir nehmen dann nicht zur Kenntnis, dass meist die Fahrer das Auto nicht richtig beherrschten, die Fußgänger unachtsam waren. Wir erkennen das Problem nicht, wollen es nicht überwinden, sondern entscheiden uns für die Konfliktlösung: Verlangsamung des Lebens.
Natürlich ist es nicht einfach, das Affektpotential der Eifersucht zu steuern. Eine Kollegin berichtete mir kürzlich von ihrem Exfreund: »Er erzählte mir mit einem süffisanten Lächeln, er habe nach dem Sport mit einer Freundin zusammen geduscht und sie sogar eingeseift! Ich war gerade dabei, mir ein Mineralwasser einzugießen und in einer spontanen Reaktion drehte ich die Flasche um und gab ihm eine zweite Dusche.« Ihr Exfreund habe dann wie ein begossener Pudel vor ihr gesessen und sei ziemlich wütend geworden. Sie habe dies aber nie bereut. Sie war froh, dass sie ihre Gefühle so spontan äußern konnte. Manchmal fliegen in Partnerschaften auch Tassen und Teller, Türen werden zugeknallt, man beschimpft sich. Das hat häufig ein zerstörerisches Potential. Doch ein Ausweichen vor diesen kraftvollen Affekten ist trotzdem immer verhängnisvoll. Das Leben wird dadurch zwar friedlicher, aber um seine Kraft beraubt.
Auf diesen Zusammenhang hat auch der Kulturwissenschaftler Claude Lévi-Strauss hingewiesen, der zwischen den warmen und den kalten Kulturen unterscheidet. Die kaltenwürden mehr Wert auf eine langsame Entwicklung, auf die Konstanz des Lebens legen. Man orientiere sich am Zyklus der Natur. Doch heiße Kulturen würden Wert auf das Gesetz der Entwicklung legen. Hier gäbe es Affekte und Konflikte. Gesellschaftliche Spannungen würde man als Anregung und Herausforderung, weniger als Störung begreifen. Hier fände wirkliches Leben und Entwicklung statt, während die kalten Gesellschaften ereignislos wären.
So gesehen ist es immer problematisch, wenn die Eifersucht gesellschaftlich abgelehnt wird. Beispielsweise gab es in den sogenannten sozialistischen Ländern nie ein wirkliches Verständnis für dieses »Laster«. Die Eifersucht passte nicht in das Menschenbild dieser Länder, in denen man sich aufgeklärt gab. Man wollte nicht nur das Eigentum an Produktionsmittel aufgeben, man stand auch der Treue skeptisch gegenüber, weil man auch dort ein Eigentum am Partner vermutete. Man handelte nach dem Motto von August Strindberg: »In der Liebe gibt es kein Eigentumsrecht.« Und das war auch die Überzeugung der Studentenbewegung. Wer noch vor 20 Jahren von »meiner« Frau oder »meinem« Mann sprach, wurde belächelt. Das war ein Besitzdenken, das man überwinden wollte. Damals war man überzeugt, dass es in der Südsee »primitive« Völker gibt, die keine Eifersucht kennen. Man griff gern auf die Erkenntnisse des polnischen Sozialforschers Bronisław Malinowski zurück. Zufällig befand sich dieser auf den Trobriand-Inseln, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Daraufhin wurde er von der britischen Kolonialmacht als Kriegsgegner interniert. Nun hatte er viel Zeit und konnte unbehelligt seine Forschungen betreiben. Er war davon beeindruckt, dass die
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