Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
Lilian am Ausgabetresen beäugte Arthur und mich mit unverhohlener Neugier. Sally war verschwunden, und Perry goss die große, hässliche Topfpflanze neben der Glastür am Haupteingang. Die hatte ich noch nie leiden können.
Arthur gewann langsam wieder seine normale Gesichtsfarbe zurück, verabschiedete sich mit leicht rauer Stimme von mir und ging. Unten bei der Topfpflanze lief das Wasser über und tropfte in die große Schüssel, auf der ihr Kübel stand. Lilian bückte sich, um unter dem Tresen ein Buch hervorzuholen, das sie einem jungen Mann gab. Angel überreichte mir schließlich die Geschenkpackung.
Es war, als hätte jemand an der Fernbedienung herumgespielt. Plötzlich war alles wieder normal, als wäre der Zwischenfall mit Beverly gar nicht passiert.
„Das ist für dich, weil du mich gestern zum Arzt gebracht hast. Ich weiß zwar nicht, was du zu Shelby gesagt hast, aber plötzlich scheint er das mit dem Baby völlig in Ordnung zu finden. Wer war denn das Miststück eben?“
„Vielen Dank für das Geschenk! Shelby liebt dich doch. Meine Kollegin heißt Beverly Rillington.“
„Was hat die denn für Probleme?“
„Das erkläre ich dir später“, sagte ich leise. Hoffentlich hörte Beverly nicht zu. „Darf ich jetzt mein Geschenk auspacken?“ Ich versuchte, ein Lächeln zusammenzukratzen, das als halbwegs normal durchgehen konnte.
„Klar doch!“ Angel strahlte. „Rat mal, was ich in meiner Tüte habe?“
Mein Gott, sie war ja heute der reinste Wirbelwind. Ich kannte Angel eigentlich als langsam und gründlich, außer wenn es um ihre Berufsfelder ging, Kampfsport und Sicherheitsdienste. Da war sie schnell und tödlich.
Jetzt hatte mir diese schnelle, tödliche Frau eine goldbraune Seidenbluse gekauft, die ich einfach nur wunderschön fand.
Das sagte ich Angel.
„Ich fand, sie sähe so aus, als würde sie dir stehen“, meinte sie schüchtern. „Ist es denn die richtige Größe?“
„Ja!“ Der Anblick der Bluse stimmte mich richtig glücklich. „Vielen Dank, Angel. Was hast du dir denn gekauft?“
Stolz, aber auch ein bisschen betreten, als sei ihr die Sache peinlich, zog Angel ein weißblau gestreiftes Schwangerschaftshemd, eine weiße Schwangerschaftsbluse und einen schwarzen Pullover aus ihrer Marcus Hatfield Tüte.
„Was für hübsche Sachen! Keine Hose? Wird das mit den Hosen ein Problem für dich?“
„Natürlich.“ Sie hockte sich vor mich auf die Tischkante, um ihre Einkäufe wieder zusammenzufalten. „Für die Hosen, die sie haben, bin ich zu groß, und von den Kleidern, die ich anprobiert habe, passt auch höchstens jedes Fünfte. Der Pullover muss erst einmal reichen.“
„Brauchst du denn bald ein Kleid?“ Ich hatte Angel noch nie im Kleid gesehen.
„Ja. Für die Beerdigung. Jack Burns, du weißt schon.“ Sie hob ihre rechte Hand und ließ sie schlaff auf den Tisch zurück fallen. Sehr anschaulich.
„Wann soll die denn sein?“
„Innerhalb der nächsten Woche irgendwann. Bis dahin ist die Leiche bestimmt freigegeben.“
„Willst du hingehen?“
„Ja. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich sollte hin. Ich habe ihn gekannt, nicht nur wegen dieser Knöllchensache.“
Ich musste mich zusammenreißen, um sie nicht neugierig anzustarren. „Das habe ich gar nicht gewusst.“
„Jack kam in letzter Zeit öfter in den Athletic Club, er hat am Laufband gearbeitet. Er wusste, dass ich draußen bei dir wohne.“
„Er hat über mich geredet?“
„Ja.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Was dich betrifft, hatte er so einen Tick.“ Sie schob die Hände durch die Plastikgriffe der Einkaufstüte. „Bis später, Roe!“ Sie stolzierte hoch erhobenen Hauptes hinaus, golden und groß und schlank und zum ersten Mal, seit ich sie kannte, strahlend glücklich.
Kapitel 5
Ich war nicht gerade bester Laune, als ich am nächsten Morgen wieder zur Arbeit erschien. Die Diskussion mit Sam am Vortag war ungefähr so verlaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Beverly hatte hartnäckig geleugnet, dass es schwer sei, mit ihr zusammenzuarbeiten, und mich so einiger Dinge bezichtigt. Letztendlich hatte sie unter dem Strich mehr oder weniger durchblicken lassen, dass sie jetzt meinen Job haben könnte, hätte sie meine Erziehung genossen. Was ja stimmen mochte, aber eigentlich nicht Thema der Unterredung gewesen war. Selbst wenn ich in dieser Frage mit ihr einer Meinung gewesen wäre, hätte das nicht einen Deut an unserer Situation geändert.
Nach sehr verstörenden
Weitere Kostenlose Bücher