Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
starken Frauen hingezogen zu fühlen.
„Dann ist deine Freundin Angel wahrscheinlich die Frau, über die Paul gestern Abend beim Essen gesprochen hat.“ Perry rührte seinen Kakao mit einem Plastiklöffel um. Heute schien er zum Plaudern aufgelegt. Ich hatte allerdings weniger Lust dazu und stand mit dem Fuß schon halb in der Tür, auch wenn ich mich wirklich nicht brennend nach einem Zusammentreffen mit Beverly sehnte. In fünfzehn Minuten erwartete ich eine Vorschulklasse. Ich hatte der Ehrenamtlichen des Vortags eine Notiz hinterlassen und sie gebeten, zweiundzwanzig Frühlingsblumen auszuschneiden, für jedes Kind eine. Auf die Blumen sollten die Kinder jeweils ihren Namen schreiben, und wir wollten sie nach dem Ende der Vorlesestunde an die Kinderbuchregale heften. Davon versprachen wir uns, dass die Kinder später ihre Eltern in die Bücherei mitbringen würden, um ihnen die Blumen zu zeigen, und dass Eltern und Kinder dann gemeinsam Bücher ausleihen würden. Ich musste den gelben Kleber raussuchen und die Blumen zählen ...
„Du hast mit dem Ex deiner Mom zu Abend gegessen?“, erkundigte ich mich einigermaßen überrascht.
„Ich habe mich immer schon gut mit Paul verstanden. Eigentlich war er für mich eher wie ein Vater, nicht wie ein Onkel. Dad habe ich schließlich in meinem ganzen Leben nur ein paar Mal zu Gesicht bekommen.“ Letzteres fügte er mit einiger Verbitterung hinzu, was nur zu verständlich war.
Sallys neuester Ex, Paul Allison, war der Bruder ihres früheren Ex, Steve Allison, der Perrys Vater war. Das machte die Sache emotional gesehen ein bisschen kompliziert. Einen dritten Allison-Bruder gab es nicht, worüber ich insgeheim froh war. Sally ging es da ähnlich, darauf wäre ich jede Wette eingegangen.
„Jenny gibt jetzt Unterricht im Fliegen.“ Perry schien wild entschlossen, unseren Plausch fortzusetzen. „Ich nehme Stunden bei ihr, Paul auch. Dein Freund Arthur Smith auch.“
„Wie wunderbar, Perry, darüber will ich unbedingt später mehr hören!“, sagte ich, was glatt gelogen war. „Jetzt muss ich aber erst einmal an die Arbeit. Ich erwarte eine Gruppe.“
Ich verbannte das Bild von Lawrencetons Polizeitruppe, die hoch am Himmel patrouillierte, aus meinem Kopf. Stattdessen dachte ich gerade an die Gruppe kleiner Kinder, die von mir unterhalten werden wollten, als Sam aus seinem Büro zu uns herüber kam. Er wirkte sehr besorgt. Sam konnte nicht besonders gut mit Menschen umgehen. Er war ein ausgezeichneter Manager, aber ein schlechter Personalchef. Da ihm das im Laufe der letzten Jahre auch klar geworden war, zerbrach er sich jetzt immer schwer den Kopf, ehe er etwas sagte, was seine Mitarbeiter aufregen könnte.
Deswegen ahnte ich erst einmal nichts Böses. Wahrscheinlich wollte er mir mitteilen, dass der Verwaltungsrat nun doch eine Vollzeitkraft für den Kinderbreich bewilligt hatte und ich meinen Hut nehmen konnte. Ich hatte mich geistig schon auf eine entsprechende Unterredung eingestellt, als Sam mir die Hand auf den Arm legte. „Nach unserer kleinen Konferenz gestern weiß ich nicht, wie du das aufnehmen wirst, Roe“, sagte er. „Aber ich muss es dir mitteilen. Beverly Rillington wurde überfallen und zusammengeschlagen. Es geht ihr sehr schlecht. Sie glauben nicht, dass sie es schaffen wird.“
„Was? Warum?“, fragte ich.
„Setz dich, Roe, du bist ja weiß wie Schnee.“ Sam zog unter dem runden Tisch einen Stuhl hervor.
Perry setzte sich direkt neben mich. Auch er wirkte ein wenig blass um die Nase.
„Vor gut einem Monat ist Beverlys Mutter Selena von einem betrunkenen Autofahrer angefahren worden, sie liegt seitdem im Koma“, erklärte Sam. „Beverly geht sie jeden Abend im Krankenhaus besuchen. Als sie gestern Abend von diesem Besuch nach Hause kam und gerade aus dem Auto gestiegen war, hat ihr jemand von hinten mit einem Stahlrohr einen Schlag auf den Kopf versetzt. Nicht nur einen Schlag, sondern mehrere.“
„Oh, mein Gott!“ Ich schüttelte hilflos den Kopf. Was für eine schreckliche Sache! „Sam, wusstest du das mit Beverlys Mutter?“ Mir gegenüber hatte sie es mit keiner Silbe erwähnt, aber jetzt ahnte ich, unter welchem Druck sie gestanden haben musste. Ob sie aus Stolz geschwiegen hatte?
„Sie hat niemandem davon erzählt“, sagte Sam.
„Es stand in der Zeitung“, wusste Perry beizusteuern. „Das mit dem Unfall und der verletzten Frau, meine ich. Mir war allerdings nicht klar, dass es sich dabei um Beverlys Mutter
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