Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
WeeOnes hatte einen Termin vorgeschlagen, den ich bereits an eine andere Gruppe vergeben hatte, also suchte ich im Terminkalender nach zwei Alternativvorschlägen. Kid Kare Korner wollte am Nachmittag kommen, was nur ging, wenn ich länger arbeitete oder Beverly bereit war, die Vorlesestunde zu übernehmen.
Ich seufzte erneut. Das wurde langsam zur Gewohnheit.
Lieber leistete ich unbezahlte Überstunden, als Beverly zu bitten, eine Vorlesestunde zu übernehmen. Vorlesestunden fielen in meinen Bereich, und Beverly regte sich immer auf, wenn man sie bat, mich zu vertreten. Genauso übel nahm sie es jedoch, wenn man sie nicht fragte. Feige verschob ich eine Entscheidung auf später und nahm mir die Liste mit Buchempfehlungen vor, um die eine Vorschullehrerin mich gebeten hatte. Ich war gerade dabei, eine neue zu erstellen, da mir auf der Liste, die meine Vorgängerin hinterlassen hatte, ein paar der genannten Titel nicht gefielen. Ich hatte mir zu diesem Zweck einen Stapel Bücher aus den Regalen zusammengesucht, die ich kannte, die ich mir aber alle noch einmal ansehen wollte. Von diesem Stapel nahm ich jetzt also das oberste Buch, in der Hoffnung, ihn heute ein Stück abtragen zu können.
„Manche von uns arbeiten hier ja und sitzen nicht bloß an einem verdammten Schreibtisch rum!“ Da war es wieder, Beverlys finsteres Murren. Nur diesmal ziemlich verständlich.
Ich biss die Zähne zusammen und las ich noch eine Seite. Wäre die Kinderabteilung ein richtiger Raum gewesen und nicht nur eine abgeteilte Ecke, dann hätte ich jetzt die Tür zugemacht und mich mit Beverly unterhalten. Aber so, wie die Dinge lagen, konnte ich nur hoffen, sie ignorieren zu können. Zumindest bis ich sie mir irgendwo vorknöpfen konnte, wo kein Besucher uns hörte. Voll war es nicht, aber ein paar Leute waren doch anwesend. Am Ausleihtresen wartete Arthur Smith ungeduldig, während Lilian ein paar Kindervideos in einer Tasche verstaute. Weiterhin war Sally gekommen und unterhielt sich beim Wasserspender leise mit ihrem Sohn Perry. Ein jüngerer Mann, den ich nicht kannte, sah sich in der Nähe des Eingangs die Auslage mit den neu eingetroffenen Büchern an. Mir kam es so vor, als triebe er sich schon ziemlich lange da herum.
Zu meiner Überraschung kam Angel durch die große Glastür am Haupteingang. Sie trug unauffällige Jeans und ein gestreiftes T-Shirt und hatte eine Einkaufstüte von Marcus Hatfield sowie eine in Geschenkpapier eingepackte Schachtel dabei. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass Angel je in die Bücherei hereingekommen wäre, obwohl sie manchmal draußen auf mich wartete. Jetzt sah sie sich neugierig um wie eine große Katze, die ihr neues Territorium in Augenschein nimmt.
Als der Vulkan namens Beverly Rillington explodierte, hatte Angel mich gerade entdeckt und kam zu mir herüber.
„Arbeitet hier eigentlich nur eine von uns?“ Giftig keifend schob sich Beverly von links an mich heran.
„Was?“ Ich wollte nicht glauben, dass ich sie richtig verstanden hatte. Ihre ganze Haltung war womöglich noch bedrohlicher als die Worte allein. Sie stand viel zu dicht bei mir, vorgebeugt, die Hände zu Fäusten geballt, jede einzelne Faser ihres Körpers die reine Aggression. Beverly war nie nett zu mir gewesen, aber jetzt stand sie offensichtlich so unter Stress, dass sie jegliches Urteilsvermögen verloren hatte.
Da ich Angst hatte, Beverly könnte mich tatsächlich schlagen, wenn ich aufstand, blieb ich an meinem niedrigen Schreibtisch sitzen, das aufgeschlagene Buch in der Hand. Angel, die sich von der anderen Seite her Beverly näherte, hatte leise Tüte und Schachtel abgestellt. Plötzlich wusste ich, ich könnte es nicht ertragen, wenn Angel mich hier in der Bücherei, auf meinem ureigenen Terrain, verteidigen müsste.
„Beverly“, sagte ich leise, denn Sally und Perry sahen neugierig herüber, und nicht nur die beiden. So ungefähr jeder Besucher sah zu uns her. „Du bist wütend auf mich, aber lass uns das nicht hier austragen. Wir können in den Aufenthaltsraum oder in Sams Büro gehen.“
„Mach einfach nur deine verdammte Arbeit!“, zischte Beverly. „Du hockst hier auf deinem Arsch und tust gar nichts, und ich muss die ganze Arbeit machen!“
Sich mit jemandem zu unterhalten, der einen für den letzten Dreck hält und absolut davon überzeugt ist, dass man nur Falsches tut, ist wenig sinnvoll. Statt also zu antworten oder mir Strategien für ein Gespräch zu überlegen, stellte ich, nicht zum
Weitere Kostenlose Bücher