Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
der später als Mordopfer endete, ich hätte nie einen Toten zu Gesicht bekommen. Zusammen mit Charlie, träumte ich vor mich hin, würden die Mädels und ich Disneyworld besuchen, wir würden zelten ...
Na ja, das mit dem Zelten war dann vielleicht doch ein bisschen arg weit hergeholt.
Trotzdem war mir immer noch nicht danach, jemanden zu treffen. Jedenfalls niemanden, den ich kannte.
Ich fuhr dorthin, wohin ich oft ging, wenn mir die Gesellschaft der Lebenden nicht willkommen war: auf den Friedhof von Lawrenceton. Dort parkte ich immer neben meiner Urgroßmutter.
Innerhalb der Friedhofsmauer verlief ein schmaler Kiesweg in Form einer Acht, auf dem man während einer Beerdigung parken konnte und der generell einfacheren Zugang zu den Gräbern erlaubte. Meine Urgroßmutter gehörte zu den wenigen Menschen, die zwischen diesem Weg und der Umzäunung begraben liegen, die meisten anderen Gräber befanden sich innerhalb der Acht. Sie stammte aus einer Farmerfamilie, vielleicht hatte sie den umliegenden Feldern nah sein wollen. Shady Rest war ein alter Friedhof, der von den „weißen“ Kirchen der Stadt gemeinschaftlich unterhalten wurde. Die Rassentrennung war heutzutage im Tod viel strenger als im Leben. Mount Zion, der schwarze Friedhof, lag am südlichen Stadtrand, während Shady Rest bereits etwas außerhalb der Stadtgrenzen im Westen lag.
Es war kein außergewöhnlicher Friedhof, wohl aber ein sehr traditioneller. Hier gab es keine Grabsteine, die direkt mit der Rasenkante abschließen, und die ältesten noch erhaltenen Gräber stammten aus der Zeit etwa zwanzig Jahre vor dem Bürgerkrieg, als Lawrenceton sich zu mehr als nur einer kleinen Siedlung entwickelt hatte. Hier standen hohe Lebenseichen und andere Laubbäume, darunter wogte der kurz geschorene Rasen sanft dahin. Die älteren Familiengrabstätten waren mit winzigen Eisenzäunen eingefriedet, einschließlich kleiner eiserner Tore. Ein hoher, reich verzierter schmiedeeiserner Zaun umgab den gesamten Friedhof. Vorn am Haupteingang gab es kein Tor, wohl aber an den beiden Hintereingängen. Die Tore an den Hintereingängen waren für gewöhnlich verschlossen, wenn keine Beerdigung stattfand. Bisher hatte es auf dem Shady Rest Friedhof nie Vandalismus gegeben, aber ich war mir sicher, dass es irgendwann soweit kommen würde. Von Zeit zu Zeit spendete jemand eine Betonbank, damit man sich neben den schmalen Pfaden zwischen den Gräbern ausruhen konnte, aber ich hatte dort außer mir eigentlich noch nie jemanden sitzen sehen. Meistens nickte ich meiner Urgroßmutter nur kurz zu und setze mich dann auf die Bank neben das Grab von Mr. Early Lawrence. Early Lawrence war der Namensgeber unserer Stadt, wie sich unschwer erkennen ließ. Er verdankte diese Ehre seiner Betriebsamkeit, denn unser Mr. Early Lawrence war einer der ersten Unternehmer gewesen. Seine Nachkommen redeten ja nur ungern darüber, aber Mr. Lawrence hatte es selbst nach dem Krieg noch geschafft, an seinem Geld festzuhalten und es zu vermehren. Die Lawrences waren auch heute keine armen Leute.
Der Grabstein von Early Lawrence war gute drei Meter hoch. Besonders beeindruckend wurde er durch den Engel oben auf dem Stein, der beide Hände mit den Handflächen nach oben ausgestreckt hatte. Was bedeutete diese Geste? Eine Bitte? Wollte er Vorübergehende anflehen, Mitleid mit dem armen verstorbenen Early zu haben? Oder wollte er uns nur mahnen, das Rasenmähen nicht zu vergessen? Ich hatte diese Geste nie richtig verstanden und dachte oft darüber nach, wenn dringendere Angelegenheiten mir zu viel Schmerz oder Kummer bereiteten.
Nach dem starken Regen der vorangegangen Nacht war der Boden schwer und feucht. Auch die Bank, die ich ansteuern wollte, schien nass, also holte ich das alte geblümte Handtuch, das ich immer dabei hatte, aus dem Kofferraum. Ich breitete es auf der Betonsitzfläche aus und ließ mich mit einem leisen Seufzer darauf nieder.
Fast in der Mitte des Friedhofs war über dem Loch, das auf Jack Burns wartete, bereits ein grünes Zelt errichtet worden. Die Leute von Jaspers Funeral Home waren echt auf Zack. Auch die Stühle für die Familie waren aufgeklappt und mit grünen Bezügen versehen, und den Haufen Erde am hinteren Ende des Zeltes bedeckte diskret ein Stück Plastikrasen. Wassertropfen glitzerten im künstlichen Grün.
Ich stand auf und wanderte hinüber, um mir alles genau anzusehen. Auch die Vorrichtung, mit deren Hilfe der Sarg später ins Grab gelassen werden sollte,
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