Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Zusammenleben mit Paul ein ungutes Gefühl bereitete, waren die vielen Frauenkleider, die in einem seiner Schränke hingen. Sie waren alle so klein, dass sie mir gut passten; die Möglichkeit, dass sie ihm gehörten, bestand also nicht. Als ich mich bei ihm erkundigte, zerstreute er meine Ängste und erklärte mir, dass sie einem Mädchen gehört hätten, mit dem er einmal zusammen gewesen war. Er ging so offen und unbekümmert damit um, dass ich beschloss, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen. Ich konnte ja kaum hoffen, in das Leben eines Mannes mittleren Alters zu treten, ohne auf ein paar andere Frauen in seiner Vergangenheit zu stoßen. Eigentlich wäre es sogar verdächtiger gewesen, wenn es keine anderen Frauen gegeben hätte.
Es war so problemlos, mit Paul zu leben, dass ich oberflächlich betrachtet fast ständig zufrieden war - und zwar so zufrieden, dass mich die fehlende Dramatik in meinem Leben schon langweilte. Da das Mädchen die Hausarbeit erledigte und ich mir meinen Lebensunterhalt nicht verdienen musste, konnte ich mir den lieben langen Tag
etwas Gutes tun - zum Einkaufen gehen und kochen, wenn ich nicht auswärts essen wollte, oder andere Leute besuchen, gesellschaftlichen Umgang pflegen und neue Freundschaften schließen. Das Problem mit der vielen Freizeit war, dass ich auch Zeit hatte, an Dailyn zu denken und daran, wie sehr sie mir fehlte. Die Traurigkeit war immer da, unter der Oberfläche, und wartete nur darauf, zum Vorschein zu kommen.
Anfangs hatte ich nur ein Visum mit einer Gültigkeitsdauer von zwei Wochen und musste alle vierzehn Tage auf die Philippinen reisen, um es verlängern zu lassen. Jedes Mal, wenn ich dort war, verbrachte ich ein paar Tage mit Mama - so viel waren wir seit meiner Krankheit nicht mehr zusammen gewesen! Sie war sehr froh bei dem Gedanken, dass ich einen Mann gefunden hatte, der gut für mich sorgte und mich von dem Leben als Barmädchen in Manila erlöst hatte.
Bei einem meiner Besuche zu Hause schaute ich bei meiner Tante in Sorsogon vorbei. Ich wollte, dass sie sah, wie weit ihre kleine Hausangestellte es mittlerweile gebracht hatte. Ich trug all meinen Schmuck, besprühte mich üppig mit einem teuer riechenden Parfüm und zog meine besten Kleider an. Ich sah fabelhaft aus - selbst in meinen Augen. Sie wirkte überrascht, als ich vor ihrer Tür stand - zu überrascht, um mich noch mit einer Ausrede wegzuschicken.
»So«, sagte das Tantchen, sobald wir uns bei einer Tasse Tee bei ihr zu Hause niedergelassen hatten, »wie ich gehört habe, hast du in Panlayaan ein Haus aus Stein gebaut?«
»Ja«, erwiderte ich und konnte nicht anders, als vor Stolz nur so zu strahlen.
Wir plauderten noch eine Weile, wobei sie so tat, als würde sie sich für das Wohlergehen und die Gesundheit meiner Familie interessieren und ich mich für die ihre. Dann wechselte sie das Thema.
»Meinst du, Gina, du könntest mir fünf zu sechs leihen?«
Sie wollte damit sagen, dass sie mir, wenn ich ihr Geld lieh, für fünfhundert Pesos sechshundert zurückgeben würde. Auf diesen Augenblick hatte ich seit Jahren gewartet. Ich hatte nicht vergessen, wie sie mich behandelt hatte, als ich für sie und ihre Familie gearbeitet hatte.
»Weißt du noch«, sagte ich, als würde ich in Erinnerungen schwelgen, »wie ich als Kind einmal zu dir sagte: ›Eines Tages werde ich vielleicht einmal dir helfen können, Tantchen‹?«
»Ich weiß nicht, ob ich mich daran erinnere«, antwortete sie und sah ein bisschen verwirrt drein, da sie unsicher war, was als Nächstes kommen würde.
»Du hast gesagt: ›Was solltest du je für mich tun können, Gina? Du träumst zu viel, schau, dass du mit deiner Arbeit fertig wirst.‹ Und jetzt bittest du mich um Hilfe.«
Ich ließ meine Worte einen Augenblick auf sie wirken. Ich wusste, dass ich selbstgefällig war, aber das war mir egal. Ich hatte mir Millionen Male vorgestellt, was für ein Gefühl das wäre, ihr die entsprechende Antwort zu geben.
»Ich würde dir ja liebend gern helfen, Tantchen, aber ich fürchte, dass das, was ich habe, nur für meine Familie reicht«, sagte ich schließlich.
Sie akzeptierte die Ablehnung mit einem kurzen Nicken. Wahrscheinlich war das alles für sie einfach nur »Geschäft«, nichts Persönliches. Dass ich ihre Bitte ablehnte, schien allerdings den Rest ihrer Familie nicht zu kümmern. Sobald sie wussten, dass ich Geld hatte, waren
plötzlich alle ihre Töchter nett zu mir und baten mich um Parfüm und
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