Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
schüttelte, war ich stolz, dass er mich so gern vorzeigte. Keiner von ihnen wusste, dass er mich in einer Bar in Manila aufgegabelt hatte; sie nahmen alle an, dass wir uns in Brunei kennen gelernt hätten, und wir sagten nichts, um den Irrtum aufzuklären.
Weil so viele Leute mit Kurzzeitverträgen nach Brunei kommen und dann bald wieder abreisen, sind die Menschen zu Neuankömmlingen sehr nett und heißen sie willkommen. Es sollte nicht lang dauern, bis die Nachbarn sich alle vorstellten. Es gab immer viele Partys und Gesellschaften, bei denen sich alle miteinander unterhielten, und so hatte ich nur ein paar Wochen nach meiner Ankunft schon einen großen Freundeskreis. Einige von den Leuten waren oberflächlich, das wurde mir rasch klar, aber mit ein oder zwei von ihnen war ich nach erstaunlich kurzer Zeit schon eng befreundet und konnte so viel Zeit mit ihnen verbringen, wie ich Lust hatte. Ich fand, dass ich sehr froh sein konnte, mit einem so netten Mann an solch einem Ort zu leben.
Pauls Haus war riesig und makellos wie alles in Brunei - alles an seinem Platz, alles neu und sauber und ordentlich, als ob man es gerade ausgepackt hätte. Er hatte ein Hausmädchen, das ständig alles blank putzte, und im Vergleich zum Leben auf den Philippinen kam es mir absolut perfekt vor. Mir gefiel das Gefühl von Ruhe und Ordnung und Behaglichkeit. Es ging mir durch den Kopf, ob ich nun wohl an dem Ort angekommen war, den das Schicksal für mich vorgesehen hatte. Es ging mir so gut, und ich war so glücklich. Es war keine explosionsartige Liebe, wie ich sie für Jun empfunden hatte, doch das Gefühl war trotzdem wunderschön. In gewisser Weise war es sogar schöner, weil ich mich entspannen und locker durchatmen konnte. Wenn man so absolut verknallt ist, kann das auch etwas Beängstigendes und Verzehrendes haben. Ich überlegte mir, dass ich ja nun vielleicht schlichtweg erwachsen war und Liebe bei Erwachsenen eben so ist: nicht leidenschaftlich und überwältigend, sondern angenehm, sicher
und tröstlich. Ich liebte Paul schon, aber irgendwie konnte ich es nicht über mich bringen, ihm das auch zu sagen, selbst wenn er es mir sagte. Eines der Wörter, die sich wohl am schwierigsten aussprechen lassen, ist »Liebe«.
Paul führte genau das Leben, das er sich vorgestellt hatte, und vielleicht hätte ich ja meine Zweifel haben sollen, ob darin überhaupt Platz für jemand anderen war. Er verdiente manchmal sage und schreibe zwanzigtausend Euro im Monat, sodass er sich um Materielles keinerlei Sorgen zu machen brauchte. Das Haus war hübsch, er hatte einen BMW, den ich bald fahren lernte, und auch noch ein Motorrad, außerdem besaß er viele Freunde. Ich hatte das Gefühl, in eine Welt übergewechselt zu sein, wie ich sie in den Hotelzimmern der Männer, die ich im Jools kennen gelernt hatte, zum ersten Mal gesehen hatte.
Ich war jetzt in der Lage, das Geld aufzubringen, das meine Familie brauchte, um das Haus aus Stein fertig zu stellen. Ich hatte so lange davon geträumt, und nun war aus dem Traum Wirklichkeit geworden.
Das Haus in Panlayaan hatte ein Stockwerk und befand sich in einer Lichtung im Dschungel am Berg; es war von einer zwei Meter hohen Mauer umgeben. Da es möglichst solide sein sollte, errichteten wir es auf einem mit Beton verstärkten Sockel von einem Meter Stärke; das Dach und die Wände wiesen Stahlplatten auf, die miteinander verbunden waren. Alle Fenster hatten aus Sicherheitsgründen schmiedeeiserne Gitter und auch, damit bei Sturm herumfliegende Trümmer nicht die Scheiben einschlugen.
Die Außenwände waren weiß gestrichen, innen hatte alles helle, freundliche Farben. Vor dem Haus errichteten wir eine mit Marmor geflieste Veranda mit weißen Balustraden, damit sich die Familie an schönen Abenden in
die Rattansessel setzen und den Gang der Welt beobachten konnte. Das Hauptschlafzimmer mit Marmorfliesen und zwei Erkerfenstern war so groß, dass bis zu neun Personen dort nächtigen konnten. Das zweite Schlafzimmer im rückwärtigen Teil des Hauses war nur für Mama und Papa gedacht. Außerdem gab es noch ein Bad und ein Wohnzimmer - der größte Raum des Hauses -, das durch einen Paravent von der Küche abgetrennt war; Papa hatte ihn aus dem Holz von seinem Land gefertigt. Ich war so froh, dass sie nun endlich alle in Sicherheit leben konnten. Und ich war sogar in der Lage, für Mutter ein paar Haushaltsgeräte zu kaufen, die ihr das Leben leichter machten.
Das Einzige, was mir anfangs am
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