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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina French
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Tage später wieder ein Brief kam, dachte ich, er wäre auch von Paul, musste, als ich ihn aufriss, zu meinem Erstaunen jedoch feststellen, dass er von Jun war. Die Erinnerungen übermannten mich, als ich seine Worte las. Jun hatte auch ein Foto von sich auf einem Motorrad beigelegt. Es war, als wollte das Schicksal absichtlich mit meinen Gefühlen spielen - als ob es mich durcheinander bringen und verwirren wollte bei meinen Überlegungen, was ich haben wollte und was ich haben konnte. In diesem Brief bat mich Jun, zu ihm zurückzukehren und mit ihm noch einmal von vorn anzufangen. Um diesen Brief hatte ich drei Jahre oder noch länger gebetet, und jetzt war er gekommen, aber ich hatte das Gefühl, dass es zu spät war. Ich liebte Jun noch immer, hatte mittlerweile aber aufgehört, die ganze Zeit an ihn zu denken.
    Bei meinem letzten Besuch zu Hause bei meiner Familie hatte ich Jun aus der Ferne gesehen, und der eine Blick hatte genügt, um meinen Puls zum Rasen zu bringen. Ich hatte meine Cousine gebeten, in meinem Namen mit ihm zu reden; schließlich wollte ich ihn nicht in Bedrängnis bringen, indem ich ihm zu nahe kam.
    »Frag ihn, ob ich ihn und Dailyn besuchen kann«, trug ich ihr auf.
    Jun ließ mir daraufhin mitteilen, dass ich mir nicht die
Mühe machen solle, ihnen beiden einen Besuch abzustatten. Seine Worte hatten mir das Herz noch einmal gebrochen. Ich wollte die alten Wunden nicht ausgerechnet jetzt aufreißen, wo mein Herz doch gerade anfing zu heilen.
    Vielleicht hatte ich ja eine Möglichkeit gefunden, ohne ihn wieder glücklich zu sein - und gerade da kam sein Brief wie aus dem Nichts. Er behauptete, er habe seine Meinung geändert und wolle, dass ich zurückkehrte. Ich weinte bei dem Gedanken, dass sich nun endlich eine Chance bot, Dailyn wiederzubekommen, aber das ging mir dann doch zu sehr auf Kosten meines Seelenheils. Ich beantwortete seinen Brief mit einer Mischung aus schrecklicher Traurigkeit und einer Spur Genugtuung in demselben Ton, in dem er mir früher einmal geschrieben hatte; ich sagte ihm, dass er mich vergessen solle, dass alles aus und vorbei sei. Es war die reinste Qual, diese Worte zu schreiben, aber ich wollte, dass er sich genau so fühlte wie ich damals, als ich seine Ablehnung gelesen und gehört hatte. Ich hatte ihn so sehr geliebt, und ich wusste nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, diesen Brief zu schreiben, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich mich an Paul halten konnte und die Chance bestand, mit ihm glücklich zu werden. Wenn Juns Brief ein paar Wochen früher gekommen wäre, hätte ich vielleicht anders reagiert und es wäre uns allen diese unglückselige Verkettung von Ereignissen erspart geblieben, die nun auf uns zukommen sollte. Aber wer kann je wissen, was Gott mit uns vorhat?
    In den nächsten zwei Wochen schrieb Paul mir noch dreimal; seine Briefe sprudelten nur so über vor Begeisterung über alles, was wir in Zukunft gemeinsam machen könnten; und so vertraute ich langsam darauf, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Er schickte mir genug
Geld, sodass ich nie mit einem anderen Kunden ausgehen musste und mich für ihn allein aufheben konnte. Als er dann ein paar Monate später nach Manila kam, hatte er für mich ein Besuchervisum organisiert, damit ich nach Brunei einreisen konnte. Da wusste ich, dass er es ernst meinte.
     
    Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete, als ich in Brunei aus dem Flugzeug stieg, einem winzigen Königreich im Norden von Borneo. Brunei ist nur tausendzweihundert Kilometer von Manila entfernt, wird aber noch von einem Sultan regiert, einem der reichsten Männer der Welt. Als wir den Flughafen verließen, war mein erster Eindruck, dass sich in alle Richtungen Grün ausbreitete; wir fuhren kilometerlang auf neuen, glatten Straßen an gut bewässertem Gras vorbei zu Pauls Haus. Verglichen mit dem zufälligen Chaos und der Schäbigkeit von Manila war alles so sauber und neu, als hätte man das ganze Land mit dem Geld durch das Öl geschniegelt und gestriegelt.
    Unter der glänzenden Oberfläche war das Leben in Brunei allerdings nicht so anders als auf den Philippinen, wohl auch weil so viele Filipinas hier wohnten und arbeiteten - von Zimmermädchen bis hin zu Rechtsanwältinnen oder auch nur mit einem Einheimischen verheiratete Frauen. Paul lebte in der Hauptstadt, Bandar Seri Begawan. An meinem ersten Tag nahm er mich in sein Büro bei Shell mit und stellte mich seinen Kollegen vor. Als ich ihnen allen die Hand

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