Aus purer Liebe?
musste er seine Eltern begrüßen. Rainas Brief hielt er immer noch in der Hand. Er würde ihn erst später in aller Ruhe lesen.
Dann wurde ihm klar, dass er doch ein paar Minuten brauchte, um sich wieder zu fassen, bevor er zum Empfang zurückkehren konnte. Er setzte sich in seinen Lieblingssessel. Sein Blick fiel wieder auf den Brief. Was hatte Raina ihm darin nur mitgeteilt, das sie ihm nicht persönlich sagen wollte? Sie hatten doch über alles gesprochen, was sie beide bewegte. Zumindest hatte er den Eindruck gehabt, dass sie ihm vertraute, so wie auch er ihr immer mehr vertraut hatte.
Warum sich noch länger mit Fragen quälen? Ungeduldig riss Dharr den Umschlag auf und las Rainas Zeilen:
Lieber Dharr,
ich habe meine Gefühle nie besonders gut in Worten ausdrücken können, sondern eher in meiner Malerei. Aber da ich so schnell kein Bild malen kann, habe ich mich entschlossen zu schreiben, was mich bewegt.
Die Versöhnung meiner Eltern ist nur ein Grund für meine Abreise. Der andere bist Du. Ich hätte nie gedacht, dass wir uns so gut verstehen und so gut zusammenpassen. Am allerwenigsten wollte ich mich in Dich verlieben.
Aber es ist passiert, Dharr, ich liebe Dich. Und ich frage mich immer wieder, weshalb Du so tief verletzt bist, dass Du nicht mehr an die Liebe glaubst. Ich wünschte, ich wäre die Frau, die Dich heilen könnte. Wenn Du diese Zeilen liest und mich gehen lässt, weiß ich, dass es keine Hoffnung für uns beide gibt. Wie ich schon sagte, wenn man jemanden liebt, kämpft man um ihn. Das ist der beste Liebesbeweis.
Wie Du Dich auch entscheidest, ich werde dich immer lieben.
Raina
Dharr las den Brief noch einmal, und sein Herz schlug schneller. Raina hatte ihn endgültig vor die Wahl gestellt, um sie zu kämpfen oder sie gehen zu lassen. Er war bereit, durch alle Feuer der Hölle zu gehen, um sie aufzuhalten. Hinund hergerissen zwischen Verzweifelung und Hoffnung, betete er, dass es noch nicht zu spät war. Er durfte keine Sekunde Zeit mehr verlieren.
Mit tränenfeuchten Augen starrte Raina aus dem Fenster der Limousine. Noch musste sie sich zusammenreißen, aber sobald sie allein im Flugzeug säße, würde sie ihren Tränen freien Lauf lassen.
Es war kurz vor Sonnenuntergang, und die Sonnenstrahlen tauchten die Berghänge in goldenes Licht. Raina dachte an die vergangene Nacht, als sie und Dharr sich in der Wüste geliebt hatten. Das war nur eine von den wunderbaren Erinnerungen, die ihr keiner nehmen konnte. Sie zweifelte daran, dass sie jemals über ihre unglückliche Liebe zu Dharr hinwegkommen würde.
Plötzlich schreckte Raina aus ihrer Grübelei auf und bemerkte, dass die Sicht sich verschlechtert hatte. Einen Moment befürchtete sie, sie seien in einen Sandsturm geraten, dann merkte sie, dass ein Jeep, der ihre Limousine eingeholt hatte, so viel Staub aufwirbelte. Nun hörte sie wildes Hupen aus dem anderen Fahrzeug.
Im ersten Moment befürchtete sie, an Straßenpiraten geraten zu sein, bis sie den Fahrer des anderen Wagens erkannte. Was machte Dharr hier?
Noch während sie grübelte, hielt die Limousine am Straßenrand. Dharr sprang aus dem Jeep, kam auf sie zugelaufen und riss die Wagentür auf.
"Komm zu mir rüber." Er nahm ihre Hand und zog Raina vom Sitz.
Sie stand nur staunend daneben, während er ihre Tasche in den Jeep verfrachtete und den Fahrer der Limousine anwies, allein weiter zum Flugplatz zu fahren. Er trug ihm auf, den königlichen Hoheiten auszurichten, dass ihr Sohn sie an diesem Abend nicht mehr empfangen könne.
Dann hielt Dharr die Tür des Jeeps auf. "Steig doch bitte ein, Raina."
Ihre Beine fühlten sich seltsam hölzern an, als sie sich auf den Beifahrersitz setzte. Schweigend fuhr Dharr los und nutzte die erstbeste Gelegenheit, um zu wenden. "Aber euer Flugplatz liegt doch in der anderen Richtung", protestierte sie.
Dharr hielt den Blick auf die Straße gerichtet. "Ich weiß."
"Wo willst du mit mir hin?"
"Das wirst du gleich merken." Er sah sie immer noch nicht an.
Es dauerte nicht lange, da begriff Raina, dass er die Richtung in die Berge eingeschlagen hatte. Er fuhr wie der Teufel, so dass sie in weniger als einer Viertelstunde Almase erreichten.
Dharr stieg aus, öffnete ihr die Tür und führte Raina zu der Stelle, wo sie sich am Abend zuvor so leidenschaftlich geliebt hatten. Nachdem er den Arm um sie gelegt hatte, deutete er auf das Tal von Azzril unter ihnen. "Das ist deine Heimat, Raina. Du gehörst
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