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Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)

Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)

Titel: Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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    Roman ist ein sehr ungewöhnlicher, dabei aber auch recht unangenehmer Typ Mensch: Er spricht hastig und laut, die hohe Stimme überschlägt sich dabei schon mal, er kann sich schlecht beherrschen, gibt gerne Widerworte, provoziert, wirkt angespannt und hektisch, regelrecht zappelig, seine Bewegungen erscheinen überhastet, überall, wo er auftaucht, verbreitet er sofort Unruhe. Eine verschrobene Persönlichkeit mit schizoiden Zügen, in einem eigenen Mikrokosmos, unfähig, sich anderen Menschen anzuvertrauen.
    Als er 25 Jahre alt war und den Drogen einfach nicht abschwören wollte, bekam er ganz plötzlich in unregelmäßigen Abständen diffuse Angstzustände, unabhängig davon, wo er sich gerade befand. In geschlossenen Räumen hielt er es gar nicht mehr aus – Panik erfasste ihn. Während dieser Zeit traute er sich überhaupt nicht mehr unter die Menschen, die ihm vorkamen wie fremde Wesen aus einer anderen Zeit. Als er ganz unten ist und ihm sein Leben zu entgleiten drohte, stellte er sich in einem psychiatrischen Krankenhaus vor. Man behielt ihn gleich da.
    Roman wurde körperlich untersucht, man nahm ihm Blut und Urin ab. Als sein Blut nach fünf Wochen wieder frei von Drogenwirkstoffen war, gab man ihm täglich eine bestimmte Dosis Psychopharmaka. Die begleitenden Therapiegespräche reichten bis in die frühe Kindheit zurück. Es folgten Bewegungstherapie, Gruppendiskussionen mit anderen Patienten, Kommunikationsübungen. Insgesamt sechs Monate hielt er durch, dann wurde es ihm zu viel. »Nie wieder!«, schwor er sich.

Die Krankenschwester setzt sich zu dem Jungen mit den langen, blonden Haaren an den Tisch. Die etwa 50 Jahre alte Frau trägt einen weißen Kittel, darüber eine blaue Strickjacke. Die dunkelblonden Haare reichen ihr bis über die Stirn und werden von einem weißen Hütchen auf ihrem Kopf zusammengehalten. Die Frau ist stark geschminkt. Der Junge reagiert auf die Anwesenheit der Krankenschwester nicht. Er trägt eine braune Maske aus Pappe und starrt unentwegt auf eine Milchtüte, die vor ihm steht und aus der ein Strohhalm herausragt.
Die Krankenschwester wendet sich von dem Jungen ab, nimmt ihre mitgebrachte Zeitung zur Hand und beginnt zu lesen. Unmerklich greift der Junge vorsichtig und langsam nach einer Gabel, die vor ihm auf dem Tisch liegt. Er steht auf, schleicht sich von hinten an die Krankenschwester heran, die sich ganz in ihre Lektüre vertieft hat, und sticht ihr plötzlich mit der Gabel seitwärts in den Hals, bohrt darin herum, zerfetzt das Gewebe. Die Frau schreit auf vor Schmerzen, rutscht vom Stuhl und verblutet. Der Junge steht daneben und schaut zu, scheinbar unbeeindruckt.

    Roman hat sich kürzlich ein extravagantes Klappmesser besorgt: 49-lagiger, rostfreier Damaststahl, hergestellt nach einer uralten japanischen Verarbeitungsweise, edle Schalen aus Wurzelholz und wertvolle Backen aus Neusilber machen das Messer zu einem Hingucker. Die neun Zentimeter lange und leicht nach oben gebogene Klinge wird durch eine Rückenverriegelung arretiert.
    Rüdiger wird beim Fernsehen einfach nicht müde, obwohl es bereits kurz vor 3 Uhr ist. Roman möchte ihn liebend gerne loswerden, sagt aber nichts, unternimmt auch nichts. Er öffnet stattdessen noch eine Flasche Bier, die sechste oder siebte an diesem Abend. Dann gilt seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Film, den er schon mehrmals angeschaut hat.
    Während Rüdiger wenigstens hin und wieder etwas anmerkt oder eine Frage stellt, wirkt Roman – entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten – regelrecht schweigsam, in sich gekehrt, irgendwie geistesabwesend. Bedächtig zieht er an seiner Zigarette. Er konzentriert sich nur noch auf den Film, seine Augen folgen dem Geschehen auf dem Bildschirm. Etwas arbeitet in ihm.

Der Mann mit der Vollmaske aus Latex geht ins Wohnzimmer. Dort sitzt eine gutgekleidete Frau, die etwa 55 Jahre alt ist. Er hat ein Küchenmesser in der Hand. Die Frau erschrickt fürchterlich, als sie den hünenhaften Mann bemerkt, greift spontan nach einem Schürhaken. Sie will sich zur Wehr setzen. Der Mann schlägt ihr aber den Schürhaken aus der Hand, drängt sie an die Wand und baut sich bedrohlich vor ihr auf. Markerschütternde Schreie der Frau. Dann sticht der Mann zu.
Die Frau kriecht schwer verletzt über den Teppich in Richtung des Sekretärs. Darauf steht ein Telefon. Da will sie hin. Die Frau stöhnt unentwegt, das Gesicht ist blutverschmiert und schmerzverzerrt. Mit letzter

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