Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
Kräfte, kommt hoch – und rutscht in seinem eigenen Blut aus, er stürzt und bleibt liegen. Erst lacht Roman lauthals über das Missgeschick seines Opfers, dann verflucht er den Schwerstverletzten und sticht wieder zu. »Hör-doch-auf!« Das Messer verletzt Rüdiger im Brustbereich, am Kopf, an den Armen, den Beinen.
Roman ist danach ganz außer Atem, das fortwährende Zustechen hat ihn angestrengt. Er braucht eine Pause, setzt sich hin, öffnet sich eine Flasche Bier, trinkt mehrere Schlucke. Dann bemerkt er, dass Rüdigers Blut an seiner Bettdecke klebt. Roman gerät darüber in Rage, nimmt das Messer wieder zur Hand und sticht mit aller Kraft auf Rüdiger ein, diesmal im Bereich des Oberkörpers.
Rüdiger stöhnt, gibt gurgelnde Geräusche von sich. Aber er lebt und ist noch bei vollem Bewusstsein.
»Roman! Bitte! Hol-Hilfe! Ich-verblute!«
Zunächst reagiert Roman nicht, dann schüttet er eine Flasche Bier über Rüdiger aus. »Du verdammtes Arschloch! Hast es doch nicht besser verdient!« Roman sieht, wie sich das Bier mit dem Blut des Opfers vermischt. Er lächelt zufrieden und dreht sich seelenruhig die nächste Zigarette. Er erwartet Rüdigers Tod. Immer, wenn er sich bewegt, sticht er noch mal zu. Eine Viertelstunde lang geht das so. Doch Rüdiger stirbt nicht.
»Okay, eins muss man dir lassen, du bist verdammt zäh. Aber das wird dir auch nicht helfen.« Roman will Rüdiger den Kopf abtrennen und beginnt, am Hals seines Opfers herumzuschneiden. Doch das Messer ist zu stumpf. Er könnte die Axt benutzen, die in seinem Schrank steht, doch daran denkt er in diesem Moment nicht. Später wird Roman sich sehr darüber ärgern.
Also sticht er immer wieder wuchtig auf Rüdiger ein. Dann durchtrennt er seinem Opfer die Halsschlagader. Schließlich rührt sich Rüdiger nicht mehr. Er ist tot. Roman lässt das Messer im Körper seines Opfers stecken.
Später werden die Rechtsmediziner angesichts dieser Metzelei erschaudern und insgesamt 278 Stichverletzungen zählen, alle Organe des Opfers sind mehrfach verletzt oder durchstochen worden. Jeden dieser Stiche dürfte Rüdiger gespürt haben, die meisten davon, als er noch ansprechbar gewesen ist. Er muss sogar froh gewesen sein, als es nach etwa einer halben Stunde voller Schmerzen und Qualen endlich zu Ende ging.
Roman wäscht sich die blutbespritzten Hände und verlässt den Tatort. Er trommelt gegen die Zimmertüren seiner Mitbewohner. »Kommt raus! Ich muss euch was zeigen!« Alle schlafen oder geben zu erkennen, dass sie in Ruhe gelassen werden wollen. Nur Rüdigers Nachbar lässt sich erweichen und folgt Roman in dessen Zimmer.
Als der ältere Mann die Leiche sieht, glaubt er zunächst an einen besonders makabren Scherz, dann an einen Unfall. Erst als Roman das Messer aus dem toten Körper herauszieht und breit grinsend nochmals mehrfach hineinsticht, begreift der Mann, dass etwas Schreckliches passiert ist. Kurz darauf, es ist 3.35 Uhr, wählt Roman den Polizeinotruf: »Ich habe einen Mann abgestochen. Ihr könnt mich jetzt abholen.«
Den Polizisten bietet sich ein Bild des Grauens: ein verwahrlostes Zimmer, Blutspritzer an den Wänden, Blutlachen auf dem Boden, ein grässlich zugerichteter Leichnam – und ein derart mit Blut besudelter Tatverdächtiger, dass bei der folgenden Blutprobenentnahme im Präsidium nicht festgestellt werden kann, ob er vielleicht selbst Verletzungen erlitten hat.
Warum das alles?
Es geht den Ermittlern fortan weniger darum, dem Beschuldigten eine Tat gerichtsfest nachzuweisen, sondern zu ergründen, welches Motiv für dieses ausgesprochen grausame Verbrechen ausschlaggebend gewesen ist. Roman Stadler erzählt den Kriminalbeamten in diesem Zusammenhang, er habe Rüdiger Neitzel »schon lange gehasst«. Dennoch sei die Tat nicht geplant gewesen, er habe sich vielmehr »ganz spontan« dazu entschlossen, das Opfer zu töten. Ob der Film dabei eine Rolle gespielt habe? »Kann schon sein.« Jedenfalls sei ihm die Idee zur Tötung beim Anschauen des Films gekommen. Während der Tat habe er »Lust«, »Macht«, »Spaß« und »Vergnügen« empfunden. Er sei beseelt gewesen von dem Bedürfnis, sehen zu wollen, »wie das ist, wenn man jemanden umbringt«.
Die Aussagen des ungewöhnlich auskunftsfreudigen Beschuldigten, der mit verstörender Sachlichkeit von seiner Greueltat berichtet und dem nur wenige Nachfragen gestellt werden müssen, stimmen mit den Feststellungen der Kriminalexperten am Tatort überein. Er habe
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