Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
»etwas Besonderes machen« wollen, verrät Roman Stadler den um Fassung bemühten Ermittlern, »ein Kunstwerk«. Nur dass Rüdiger Neitzel so langsam gestorben sei, habe ihn »angekotzt«. Letztlich unterstreicht Roman Stadler die vermeintliche Richtigkeit und Notwendigkeit seines Handelns, als er sich abschließend so zu seiner Tat bekennt: »Ich würde das wieder so machen.«
Vom Motiv der Mordlust rückt Roman Stadler erst ab, als er psychiatrisch untersucht wird. Dem Gutachter erzählt er, Rüdiger Neitzel habe ihn darum gebeten, getötet zu werden: »Der hat mich richtig angebettelt: ›Ich will tot sein! Bring mich um!‹« Warum er denn bei der Polizei falsch ausgesagt habe, will der Gutachter wissen. Er habe bei der Kripo »nicht rumheulen« wollen, entgegnet der mutmaßliche Mörder, und darum angenommen, die Beamten hätten »eine möglichst grausame« Version der Tatgeschehens hören wollen. »Ich hatte das Gefühl, dass ich denen etwas Besonderes erzählen sollte, etwas Sensationelles«, erklärt er, »da habe ich mir halt etwas ausgedacht und übertrieben.« Ihm sei zu diesem Zeitpunkt eh »alles scheißegal« gewesen.
Bei einer anderen Gelegenheit berichtet Roman Stadler dem Sachverständigen, es sei »in Wirklichkeit« alles ganz anders gewesen. Motiv-Version Nummer drei: Er habe Rüdiger Neitzel für den Tod seines Vaters verantwortlich machen wollen, der ein Jahr vorher an den Folgen seiner Alkoholsucht gestorben sei. »Der hat sich totgetrunken.« Doch Rüdiger Neitzel sei es gewesen, der den Vater fast täglich mit Schnaps versorgt habe und dadurch mitschuldig geworden sei. »Der hat meinen Vater auf dem Gewissen!« Demnach soll es sich um einen Mord aus »Rache« und »Wut« gehandelt haben.
Während der Gerichtsverhandlung bietet Roman Stadler schließlich noch eine vierte Motiv-Variante an. »Ich war gestresst, wegen allem. Mir war es einfach zu viel. So ist es halt passiert«, erklärt er, der Frust über sein desolates Leben, seine Drogenabhängigkeit, die bedrückenden Lebensumstände im Männerwohnheim – in dieser verhängnisvollen Nacht sei ihm seine »Scheißsituation« vollends bewusst geworden. Er habe Rüdiger Neitzel wohl nicht gehasst: »Das Verhältnis zu ihm war ganz okay, aber manchmal auch sehr stressig.« Ähnlich sei es auch in der Tatnacht gewesen, als sein Bekannter »einfach nicht gehen wollte«.
Schließlich habe er Rüdiger Neitzel eben aus diesen Gründen töten wollen. Er habe angenommen, den Mann mit wenigen Messerstichen umbringen zu können. Nur: »Als er immer wieder hochkam, da habe ich Panik gekriegt und gedacht: Der ist wie ein Roboter.« Roman Stadler will nur deshalb so oft zugestochen haben, um das Opfer möglichst schnell zu töten. Dabei sei er jedoch »total ausgerastet«. Nach Vollendung der Tat sei er hingegen »total fertig« gewesen, habe sich aber auch »wie befreit« gefühlt: »Ich hatte das blöde Gefühl, den Stress in mir getötet zu haben.«
Die Schwurgerichtskammer glaubt dem Angeklagten nicht und bewertet seine während der Hauptverhandlung geäußerten Motiv-Versionen als »Ausflüchte«. Angesichts der negativen Lebensumstände sei wohl eine gewisse Verstimmtheit vorhanden, jedoch nicht handlungsbestimmend gewesen. Möglicherweise habe der Horrorfilm als Auslöser für die Tat eine Rolle gespielt, weil die Tötung während des Films erfolgt sei, erwiesen sei dies jedoch nicht. Letztlich habe Roman Stadler aus reiner Mordlust getötet. Denn: »Der Angeklagte hat es genossen, Herr über Leben und Tod zu sein«, begründet der Vorsitzende das Urteil. »Wer Hunderte Male auf sein Opfer einsticht, begeht einen heimtückischen Mord und hat Lust am Töten.« Roman Stadler habe »Spaß dabei gehabt« und sich am Leiden des Opfers geweidet. Auch sei das Opfer »bewusst langsam getötet« worden. Der Alkoholisierungsgrad von annähernd zwei Promille habe bei dem Angeklagten keine Verminderung der Steuerungsfähigkeit zur Folge gehabt, weil er Alkohol auch in diesen Mengen gewohnt sei und auch keine Ausfallerscheinungen gezeigt habe. In Anbetracht der grauenerregenden Begleitumstände der Tat und der »unbarmherzigen Gesinnung« des Angeklagten wiege dessen Schuld besonders schwer.
Roman Stadler nimmt den Urteilsspruch, der ihn für mindestens 20 Jahre hinter Gitter bringt, ohne erkennbare Regung auf. Auch jetzt zeigt er keine Reue. Vielmehr lässt er durch seinen Anwalt auf Nachfrage ausrichten, er genieße die Ruhe und Einsamkeit in seiner
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