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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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Herzmuskel ausgeschütteten Enzyme in seinen Blutwerten dies anzeigen. Das war die einzige Möglichkeit, völlige Sicherheit zu bekommen.
    “Ich brauche dieses Gerinnselzeug”, wiederholte Carmello. Er hatte sich auf die Trage zurückfallen lassen und war in Schweiß gebadet. “Ich hab ‘ne gute Krankenversicherung.”
    “Darum geht es nicht, Mr. Carmello. Bewahren Sie nur die Ruhe …”
    “Auf Dr. Lincoln können wir nicht warten”, sagte Kelly leise und eindringlich und sah Kate an.
    “Ich kann ihm aber auch keine Streptokinase geben”, gab Kate heftig zurück. “Jedenfalls noch nicht.” Rasch warf sie einen Blick auf die Herzkurve auf dem Bildschirm. Die Linie verlief sprunghaft und unregelmäßig, gefährlich unregelmäßig. Sie sog hörbar die Luft ein, als sie sich in einen geraden Strich verwandelte.
    “Er kollabiert!”, sagte Kelly.
    “Reanimation!”, schrie Kate, und ihr Team ging sogleich routinemäßig zu Werke, Abläufe, die immer wieder drillmäßig eingeübt worden waren. Die Augen immer noch auf den Monitor geheftet, verlangte sie mit einer Handbewegung nach einer Spritze, mit der sie ein Medikament direkt ins Herz injizieren konnte. Für Streptokinase war es zu spät; Joseph Carmellos Herz war vollständig blockiert.
    “Immer noch keiner aus der Kardiologie, Doktor”, sagte Celie, die kurz auf den Flur hinausgeschaut hatte.
    “Ich habe sie aufgerufen”, meldete sich Jean Sharpe. “Drei Mal. Offensichtlich haben sie oben auch viel zu tun.”
    Das Team arbeitete präzise und behände, jeder Handgriff saß, alles war perfekt aufeinander abgestimmt, und in Sekundenschnelle wurde Kate die geforderte Ampulle in die Hand gedrückt. Doch das Herz schlug ihr bis zum Halse, ihre Finger zitterten vor Panik. Zum dritten Mal in dieser Nacht trug sie die Verantwortung für einen Patienten, der ihr unter den Händen sterben konnte.
    “Was gibt es denn hier so Dringendes?”
    Kate fuhr erleichtert herum. “Dr. Lincoln! Gott sei Dank, dass Sie da sind! Wir haben einen akuten Myokardialinfarkt.”
    Ward Lincoln, hochgewachsen, schlank und selbstsicher bis zur Arroganz, blickte Kate scharf an. “Haben Sie den Gerinnselauflöser gegeben?”
    “Nein, ich …”
    Er zwängte sich seitlich an ihr vorbei und starrte auf das aschgraue Gesicht des Patienten. “Ja, Menschenskinder, warum denn nicht?”
    “Er hatte keine Enzyme in den Blutwerten. Ihm Streptokinase zu verabreichen, ohne …”
    “Ach, du großer Gott!” Er machte Kelly ein Zeichen. “Haben Sie ihn wenigstens fertig?”
    Kate sah fassungslos zu. Joseph Carmellos Herz hatte ausgesetzt, das Medikament war doch nutzlos! “Aber Dr. Lincoln …”
    “Es reicht, Dr. Madison”, fauchte er streng. “Und nun lassen Sie mich in Ruhe, wenn ich diesen Mann noch retten soll.”
    Benommen machte Kate einen Schritt zurück. Ihr Team zögerte für einen Sekundenbruchteil, reagierte dann aber rasch auf Dr. Lincolns knappe, bestimmte Anweisungen. Der Kardiologe bellte seine Instruktionen, alle erfüllten wie selbstverständlich ihre Aufgaben. Über ihnen jedoch tönte immer noch furchterregend und unerbittlich der elektronische Alarm.
    Sieben Minuten später brach Ward Lincoln, nachdem er Kate einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, seine Bemühungen ab, und jegliche Aktivität kam zum Erliegen. Während er seine Einweghandschuhe abstreifte und sie mit einer frustrierten, zornigen Bewegung in einen Abfallbehälter schleuderte, stand das Team in betretenem Schweigen da. Die düsteren Gesichter verrieten auf schreckliche Weise, dass der Versuch, das Leben von Joseph Carmello zu retten, vergebens gewesen war. Alle wandten den Blick ab; jeder vermied es, Kate anzusehen.

2. KAPITEL
    K ate blieb vor dem Dienstzimmer von Dr. Charles Winslow stehen und stellte sich mental auf ein wahrscheinlich unangenehmes Gespräch ein. Sie ging davon aus, dass sie herbestellt worden war, um dem Leiter der Krankenhausverwaltung über das Ableben von Joseph Carmello am Freitagabend Bericht zu erstatten, und dieser Bericht würde dann wohl an den Verwaltungsrat geleitet werden. Für alle Fälle hatte sie ihn in einem großen Briefumschlag bei sich.
    Das ganze Wochenende hatte sie gegrübelt. Todesfälle wurden stets routinemäßig untersucht, doch es war schwierig vorherzusagen, wie diese delikate Angelegenheit von Ärzten eingeschätzt werden würde, die selbst nicht zugegen gewesen waren. Schlimmstenfalls bekam sie einen schriftlichen Verweis, je nachdem, wie die

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