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Auserkoren

Titel: Auserkoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Tür bimmelt, als wir sie öffnen. Meine Mütter sind schon vor uns eingetreten. Laura zieht mich mit. Einen Moment lang sehe ich gar nichts, das kommt daher, weil ich so wütend bin. Ich drücke die Augen fest zu, dann schlage ich sie wieder auf. Hier sind so viele Stoffe, so viele Farben, dass ich mich sofort wieder an das Mädchen mit dem Drachen erinnert fühle. Der war auch so bunt.

    Alle sind anders als wir , denke ich. Die ganze, weite Welt ist anders.
    Und ich habe Angst. Ich bin verlegen. Ich spüre, wie wir alle Blicke auf uns ziehen. Sogar hier, in dem angenehm kühlen Geschäft, sehen die Leute uns an. Sie beobachten uns, das merke ich genau. Ich renne zu unseren Müttern, die bei einigen Ballen mit Flanell stehen. Ich höre, wie die Leute tuscheln.
    Einer sagt: »Polygamisten. Das sieht man schon an ihrem Aufzug.«
    Wenn ich nicht auf die Rollende Bibliothek von Ironton gestoßen wäre, wenn ich nicht die Welt der Worte kennengelernt hätte, wenn ich nicht herausgefunden hätte, dass ich Joshua liebe, würde ich das alles heute ebenso empfinden? So weniges hat so viel in mir verändert. Wie ist das möglich?
    »Oh, Kyra«, sagt Laura. Sie hat rote Flecken im Gesicht und Tränen in den Augen. Sie hat sich hinter Mutter Claire versteckt, aber dann nimmt sie Mariah, die die Hände nach mir ausstreckt, als ich in ihre Nähe komme. Draußen hupt jemand in einem fort. Es ist verrückt hier.
    »Hast du das Mädchen gesehen?«, frage ich, noch immer wütend.
    Laura erwidert nichts, sie hält die Augen gesenkt und starrt auf den Fußboden.
    »Die da draußen meine ich.«
    Meine Schwester gibt dem Baby einen Kuss.
    Ich blicke durch das riesige Glasfenster. Da steht sie. Das Mädchen mit dem Drachen ist gerade dabei, die Tür
ihres Autos aufzuschließen, in der Hand die Zigarette. Das Hupen hört nicht auf.
    »Die da«, sage ich und zeige auf sie.
    Laura sieht hin, dann schüttelt sie den Kopf. Tränen kullern über ihr Gesicht. Mit einem Ruck dreht sie sich weg.
    Jetzt werde ich erst recht wütend. Was fällt der da draußen ein, meine Schwester zum Weinen zu bringen? Am liebsten würde ich nach draußen zu dem Drachenmädchen rennen, es an den schwarzen Haaren zerren, auf den Boden werfen und mitten ins Gesicht schlagen.
    Aber was ist mit all den anderen? Müsste ich dann nicht auch die Kassiererin schlagen, die uns kopfschüttelnd anstarrt? Müsste ich die Frau kneifen, die ihre drei kleinen Kinder eilig an uns vorbeischeucht? Und was ist mit der Frau, die Stoffbahnen schneidet? So wie sie uns anstarrt. Sie schaut nicht einmal weg, wenn sich unsere Blicke treffen. Ich müsste diese ganze Stadt verprügeln, weil sie Laura verletzen und meine Mütter in Verlegenheit bringen.
    Ich falle Laura um den Hals und küsse sie aufs Gesicht.
    »Wir beachten sie alle einfach nicht«, sage ich zu ihr. »Wie Mutter Claire schon gesagt hat.«
    Laura nickt.
    Unsere Mütter kaufen Stoffe, um neue Nachthemden für die Mädchen und Pyjamas für die Jungen zu nähen, Baumwolle für Hemden und Kleider und schließlich einen schlichten weißen Stoff und dazu durchbrochene Spitze, damit mein Hochzeitskleid ein bisschen weniger schlicht aussieht.

    Während sie dies alles einkaufen, spazieren Laura, Mariah und ich im Geschäft umher. Wir betrachten die Wolle und die Garne und reden darüber, welche Kreuzstichmuster wir uns kaufen würden. Wir betrachten Stoffmuster und Bastelpapiere. Als wir bei den getrockneten Blumen sind, denke ich einen Augenblick lang an Joshua. Was er wohl jetzt macht?
    Ob er zum Propheten gegangen ist?
    Die Stoffe, die sie gerade jetzt aussuchen, sind für meine Hochzeit mit Onkel Hyrum bestimmt. Oder mit Joshua?
    »Weißt du was?«, sagt Laura, als wir bei den Schnittmustern sind. Sie ist jetzt gar nicht mehr verlegen. »Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas hiervon anziehen könnte.«
    Mutter Sarah hat ein Muster für mein Kleid gefunden. Es ist langärmelig und reicht bis zum Boden. Es ist am Kragen hochgeschlossen und hat einen Überwurf aus durchbrochener Spitze. (Joshua? Geht alles gut?)
    »Ich weiß, was du meinst«, sage ich. Jetzt trage ich Mariah. Sie grabscht nach den Seiten von McCalls Schnittmusterbuch, auf dem Frauen abgebildet sind, die verschiedene Kleidermodelle tragen.
    »Was sagst du dazu?« Laura deutet auf ein dunkelrotes Satinkleid. Der Rücken ist frei und vorn ist es tief ausgeschnitten. Mich wundert, dass man den Bauchnabel des Models nicht auch noch sehen kann.
    »Oder das?«, frage

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