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Auserkoren

Titel: Auserkoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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würde. Wie ich meine Mutter vermissen würde. Meine Schwestern. Oh!
    Die Tränen kullerten über meine Wangen und tropften von meinem Kinn. Aber ich kämmte Mutters Haar, bis sie einschlief.
     
     
    Ich habe Frauen erlebt, die sich gegenseitig angeschrien haben. Die sich um ihren Mann gestritten haben. Wirklich. Nicht oft zwar, aber einmal geschah es direkt vor dem Tempel. Es waren die drei Frauen, die mit Bruder Smythe verheiratet waren. Er stand zwischen ihnen und
versuchte, sie davon abzuhalten, dass eine auf die andere einschlug.
    Der Prophet wurde herbeigerufen. Und wir Kinder, die herumstanden und warteten, was passieren würde, wir wurden nach Hause geschickt.
    »Das ist das Werk des Teufels«, hatte Prophet Childs zu uns gesagt. »Geht nach Hause zu euren Vätern und sagt ihnen, was ihr gesehen habt.«
    Wir rannten nach Hause.
    Noch am selben Abend erzählte uns Vater, dass die drei Frauen von den Kadern Gottes geschlagen worden waren.
    »Sie werden nicht wieder aus der Reihe tanzen«, hatte Mutter Victoria daraufhin gesagt, und ihre Lippen waren ganz schmal und weiß.
    Mutter Claire blickte nur zornig. Aber sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie das, was diese Frauen getan hatten, verabscheute.
    »Das nächste Mal kommst du gleich nach Hause, wenn sich etwas Ähnliches anbahnt«, sagte Mutter Sarah.
    »Das werde ich«, versprach ich.
    Aber ich musste immer an diese kleine, rothaarige Frau denken. Höchstens fünfzehn Jahre alt war sie gewesen. Und diese beiden anderen Frauen hatten an ihr gezerrt und sie geschlagen. Ich wette, weil sie die Hübscheste von ihnen war. Und sie war auch noch schlank, nicht so mollig wie die anderen, obwohl man unter ihrem dunkelgrünen Kleid sehen konnte, dass sie einen dicken Bauch bekam.

     
     
    Mutter Victoria ist eine großartige Autofahrerin. Sie gleitet auf der zweispurigen Straße dahin, als hätte sie noch nie etwas anderes getan, als Auto zu fahren. Sie hält das Lenkrad nur mit einer Hand. Sie ist besser als Mutter Sarah, die mir das Autofahren beigebracht hat.
    »Wir haben heute noch eine Verabredung«, sagt sie und wirft mir und Laura einen Blick durch den Rückspiegel zu. Sie kann es gar nicht erwarten, bis wir bei Applebee’s sind. Hin und wieder lacht sie laut auf vor lauter Glück, einfach weil sie einmal nicht zu Hause ist, glaube ich. Wenn sie lacht, müssen wir alle lachen.
    »Du bist völlig verrückt«, sagt Mutter Claire.
    Ich sehe zu, wie die Welt draußen vorbeisaust. Ich betrachte den Himmel und sitze still neben Laura.
    Ich würde Mutter Victoria am liebsten bitten, ein wenig langsamer zu fahren, damit ich alles sehen kann.
    Wenn ich weglaufe, dann werde ich in diese Richtung rennen. Florentin liegt nur wenige hundert Meilen nördlich von hier. Das habe ich auf der Landkarte in der Rollenden Bibliothek von Ironton gesehen.
    Bald wird das öde Land grüner und immer häufiger sieht man jetzt vereinzelt Häuser. Auch die Autos werden zahlreicher. Und mit einem Mal ist es nicht mehr so weit her mit den Fahrkünsten von Mutter Victoria. Sie tritt so oft auf die Bremse, dass ich schon ganz durchgerüttelt bin. Sie fährt viel zu dicht auf andere Fahrzeuge auf, nicht nur auf Autos, sondern auch auf Busse und Lastwagen. Es jagt mir Angst ein. Mutter Sarah sitzt mit weißen Knöcheln vorne im Wagen, so sehr hat sie sich an der Armlehne festgeklammert.

    Mutter Claire sitzt direkt hinter Mutter Victoria und gibt ihr Anweisungen. »Pass auf, links«, sagt sie. »Bremsen! Bremsen! Bremsen!« Und: »Wenn ich jemals wieder lebend hier rauskomme, Victoria, ich schwöre dir …«
    »Hör auf damit, Claire«, sagt Mutter Victoria. Sie hat sich vorgebeugt, das Gesicht klebt fast an der Windschutzscheibe. »Du machst mich nervös.«
    »Ich kann gar nicht hinsehen«, sagt meine Mutter und hält sich die Augen zu.
    Von der mittleren Sitzreihe aus blicken Laura und ich aus dem Fenster hinaus. Überall sind Menschen. Überall sind Autos. Sie hupen. Rechts und links der Straße reihen sich Läden, Restaurants und Parkplätze aneinander. Wie soll ich hier zurechtkommen? Und in Florentin ist alles sicherlich noch viel schlimmer.
    Aber , sagt eine leise Stimme in mir, wenn dort so viele Menschen sind, dann können sie dich wenigstens nicht finden, dann bist du in Sicherheit. Ich verbanne diesen Gedanken gleich wieder aus meinem Kopf.
    Laura hat sich jetzt hinter mich gesetzt, damit sie eine bessere Sicht nach draußen hat. »Hier sind bestimmt eine Million Menschen«,

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