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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
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erkannte, wer hinter Mael Position bezog, vergaß ich all meine Vorsätze, und das Entsetzen schwappte über mich wie eine Welle über einen Schiffbrüchigen.
    Wie ein Bodyguard baute sich Harry hinter Mael auf, die Beine leicht gespreizt, die Arme vor der Brust verschränkt. Ich konnte es nicht fassen und spürte, wie sich Verzweiflung und Hass einen Kampf um die Oberhand in meinem Bauch lieferten. Tausend Fragen schossen mir in Sekundenschnelle bruchstückhaft durch den Kopf, gefolgt von mindestens ebenso vielen Beschimpfungen. Doch das Wort, das es unter der Last meiner flirrenden Emotionen alleine an die Oberfläche schaffte, war: „Wieso?“
    Fast gelangweilt zuckte Harry mit den Schultern und bedachte mich mit einem Blick, den ich noch nie zuvor an ihm gesehen hatte. Es war kalte Gleichgültigkeit.
    „Wenn der Tod dir das Angebot unterbreitet, dich zu seinem Gehilfen zu machen, statt dich qualvoll an einem Hirntumor verrecken zu lassen, würdest du dann nicht auch die für dich angenehmere Perspektive wählen?“
    „Du hast einen Tumor?“, fragte ich ungläubig zurück und konnte mich noch immer nicht damit abfinden, dass mein Harry, mein immer lustiger Arbeitskollege mit den lockeren Sprüchen und der versteckten Herzlichkeit, sein Schicksal gegen einen Dienstbotenposten bei Mael eingetauscht hatte. Was mich zu meiner nächsten Frage brachte.
    „Wieso ausgerechnet Mael?“
    Ich wandte mich wieder dem sadistischen Engel an meiner Seite zu. „Was hat er verbrochen, dass ausgerechnet du ihn heimgesucht hast?“
    Rasende Wut schoss wie heiße Lava durch meine Adern und brannte Löcher des Hasses in meine Seele wie eine Zigarette in ein Blatt Papier. Mael bedachte mich mit einem milden Lächeln. Er schien das Schauspiel sehr zu genießen.
    „Dein ach so teurer Kollege hier“, und damit deutete er hinter sich auf Harry, „ist nicht das, was zu sein er immer vorgegeben hat. Tief in seinem Inneren lodert der Neid wie eine nie verlöschende Flamme. Auch jetzt, wo er gerade hinter mir steht, schmecke ich seine Sünde wie süßen Nektar auf meiner Zunge. Harry konnte es nicht ertragen, all die Jahre über nur dein Arbeitskollege zu sein und zusehen zu müssen, wie du dich immer wieder von irgendwelchen Wichsern hast flachlegen lassen, wo er doch der Richtige für dich gewesen wäre. Nun“, kicherte Mael hinterlistig, „zumindest dachte er, er wäre es. All die Jahre turnte er durch die Betten deiner Kolleginnen, und das nur, um irgendwie in deiner Nähe sein zu können. Der Neid begann allmählich, ihn aufzufressen. Zunächst war es nur der Neid auf deine Liebhaber, denen du dich wie ein billiges Flittchen an den Hals geschmissen hast. Denen du erlaubtest, in deiner Nähe zu sein. Irgendwann wuchs der Neid wie eine Schlingpflanze und verwandelte sich in Neid auf deine Kolleginnen, die immer um dich sein konnten, wo es ihm doch stets verwehrt blieb. Letztlich sogar Neid auf deinen Chef und deine Familie. Und gerade jetzt in dieser Sekunde labe ich mich an seinem Neid auf mich, dass ich dir bereits jetzt näher bin als er. Verschmähte Liebe ist eine der größten Nährquellen des Neides, gleich einem Ölfeld für ein offenes Feuer, wusstest du das nicht?“
    Fassungslos blickte ich von Mael zu Harry.
    „Sieh mich nicht so vorwurfsvoll an“, entgegnete er und bedachte mich mit einer Miene, die seiner Abscheu mehr als deutlich Ausdruck verlieh. Es war offensichtlich – er gab mir die Schuld für sein Schicksal.
    „Als ich herausbekam, mit wem mein Brüderchen sich da vergnügte, ja, was lag da näher, als meinen Nutzen aus der Situation zu ziehen?“, knüpfte Mael an, als hätte Harry nichts gesagt.
    „So ein Tumor ist schon ein wahres Wunderwerk der Natur. All diese vernichtende Macht in derart winzig kleinen Zellen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich Harry hätte holen müssen. Warum also nicht die Sachlage zu unserer beider Vorteil umkehren?“
    „Was heißt das?“, fragte ich und wollte meine Stirn runzeln. Das hätte ich besser nicht getan, denn die Quittung kam sofort in Form eines messerscharfen Schmerzes, der sich von hinten durch mein Gehirn bis in die Stirn zu bohren drohte.
    „Mael und ich haben einen Deal. Er wird mir den Tumor nehmen. Dafür musste ich ihm helfen, dich in die Hände zu bekommen. Was, ehrlich gesagt, gar nicht so schwierig war. Du hast es mir wirklich leicht gemacht. Angefangen von steter Observierung mit meiner Kamera bis hin zu dem Virus, den ich im Anhang meiner Mail

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