Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
hatte.
Das Kopfweh.
Der Zweig.
Der Park.
Der Mann.
Daron.
Oooh … Mir wurde leicht schwummerig, und ich musste kurzzeitig meinen Kopf an die kalte Edelstahltür meines Kühlschranks lehnen. Daron … Was hatte ich mir nur dabei gedacht, gestern Nacht alleine im Park herumzustreunen und, damit nicht genug, musste ich mich natürlich auch noch von einem Wildfremden küssen lassen, der wie aus dem Nichts vor mir aufgetaucht war. Der so schön und geheimnisvoll, dessen Kuss so voll lebendiger Leidenschaft war, dass es mir selbst jetzt in meiner Küche beim Gedanken daran noch den Atem raubte.
„Wer bist du, Daron?“, hatte ich ihn nach dem Kuss erneut gefragt und dabei kaum meine zitternde Stimme kontrollieren können. Im Nachhinein ärgerte ich mich über diese beinahe klischeehafte Frage. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt mein Hirn bereits in den Tiefschlaf geschickt. Daron hatte mir erneut sein zauberhaftes Lächeln geschenkt und mit der linken Hand über meine Wange gestreichelt. Seine Stirn lehnte an meiner, sein langes Haar war inzwischen in mein Gesicht gefallen. Und er hatte so unbeschreiblich gut gerochen … nach Erde und Wald, nach See und Wind. Hätte es diesen Duft in Flaschen gegeben, ich hätte ihn ungeachtet des Preises auf der Stelle gekauft.
„Ich bin einfach nur jemand, der dich sehr interessant und attraktiv findet. Jemand, der dich besser kennenlernen will.“
Mein Herz hatte bei diesen Worten einen Satz getan, dass ich befürchtet hatte, es sei soeben aus meinem Brustkorb geschossen und wie ein Flummi über den Rasen gekugelt. Ich und attraktiv? In diesem Moment war mir dann wieder eingefallen, wie ich aussah – dick eingepackt in meine Wohlfühlklamotten, einem schwarzen Michelinmännchen gleich, eher pragmatisch als schick, die Mütze tief ins Gesicht gezogen … O Gott, ich war ja nicht einmal geschminkt! Als hätte er meine Gedanken erraten, hatte Daron ein schallendes Lachen ertönen lassen, das mir erneut einen wohligen Schauer über den Rücken gejagt hatte.
„Schau nicht so geschockt. Du gefällst mir, ist das so abwegig?“
„Aber …ich trage nicht mal Make-up und … ich …“, hatte ich hilflos vor mich hin gestammelt und an meiner im Vergleich zu ihm recht unspektakulären Aufmachung heruntergeblickt. Ja, ich war tatsächlich ein Michelinmännchen. Er dagegen hätte auf dem Cover der Playgirl posieren können. Seine Lederjacke passte auf seinen Körper wie eine zweite Haut, und auch die knackige, schwarze Jeans gab meiner Meinung nach mehr preis, als sie verhüllte. Dabei hatte ich mich kurz gefragt, ob ihm denn nicht ein bisschen kühl sein musste. Es war schließlich November, dazu mitten in der Nacht und kalt, da war mir eine einfach Lederjacke doch recht dünn vorgekommen. Diesen Gedanken hatte ich allerdings sofort wieder verdrängt, zu sehr hielt mich sein Anblick gebannt. Seine Figur war so sportlich, seine Schultern so wunderbar breit, ich hätte ein Monatsgehalt darauf gewettet, dass er an jedem Finger zehn Frauen haben konnte. Mindestens. Und da wollte er ausgerechnet mich kennenlernen? Die kleine langweilige Stubenhockerin mit dem roten Struwwelkopf, die jeden zweiten Tag mit ihrer Cellulitis haderte und aus Einsamkeit allabendlich die Katze rasieren würde, wenn sie denn eine gehabt hätte? Immer noch verwirrt von dem, was mir da gerade passiert war, war ich kaum in der Lage gewesen, meine Gedanken in anständige Sätze zu fassen. Toll, Aline, ein Kuss, und du wirst zum Weibchen, hatte ich mich leise geärgert. Färb dir doch gleich die Haare platinblond und bemal dich mit pinkfarbenem Lippenstift.
„Mach dir nicht so viele Gedanken über so unwichtige Dinge wie Äußerlichkeiten. Sie sind so nichtssagend im Vergleich zu dem, was oft hinter der Fassade steckt.“
Zack! – das hatte gesessen. Er fand mich also doch nicht so attraktiv, wie er mir hatte weismachen wollen. Schlagartig waren die wogenden Wellen der Hingabe und Romantik abgeebbt, und ein dicker Knoten hatte sich in meinem Bauch gebildet; zu sehr hatte mich der Kommentar an vergangene Schmach und den Lippenstiftunfall hinter der Turnhalle erinnert. Keiner würde mehr mit mir spielen, das hatte ich mir damals fest geschworen. Keiner würde mir mehr sagen, dass er mich toll fand, um es im nächsten Moment wieder zu revidieren. Und doch war ich immer wieder auf die Nase gefallen. So wie das Leben eben spielte.
„Danke fürs Kompliment“, hatte ich ihn angefaucht. „Du musst mir nicht sagen, dass
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