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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
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und sein Körper begann, von krampfartigen Zuckungen geschüttelt zu werden. Es sah beinahe aus wie ein epileptischer Anfall. Das schwarze Licht wurde immer größer und größer, gleich einer Welle, nachdem ein Stein ins Wasser geworfen worden war. Schließlich lösten sich Hunderte von dünnen Fäden aus dem Licht, um sich wie ein Kokon um Daron zu spinnen. Erst um seine Hände, dann seine Arme, über den Kopf und den Oberkörper bis hinab zu den Füßen. Auch wenn ich nur unvollständig erkennen konnte, was vor sich ging, so sah ich doch mit angstgeweiteten Augen, dass sich Darons Gestalt veränderte. Dort, wo die Fäden ihn berührten, verfärbte sich seine Haut schwarz, und auf seinem Rücken bildeten sich in Sekunden zwei immense Beulen, die immer weiter wuchsen, bis sie schließlich auseinanderbrachen und ein riesiges Paar schwarzer, drachenartiger Flügel mit spitzen Krallen an den Enden zum Vorschein brachten. Ich hielt den Atem an und wusste nicht, was mich mehr ängstigen sollte – dass mein neuer Freund einen offensichtlich gemeingefährlichen Bruder hatte oder dass er selbst zu einer mir unbekannten Spezies gehörte, der ich in dieser Gestalt nicht mal am helllichten Tag begegnen wollte. Seine Flügel öffneten sich und offenbarten eine enorme Spannweite, so weit, dass sie fast an die Badezimmerdecke stießen. Mael hatte inzwischen aufgehört zu schreien, seine Augen waren nach innen verdreht und rosa Schaum tropfte aus seinem Mund. Sein Körper wurde von einem letzten Krampf geschüttelt, dann lag er still. Das schwarze Licht unter Darons Hand erlosch. Es roch auf einmal streng nach Urin und Kot. Entgeistert erkannte ich, dass Mael im Kampf mit Daron die Kontrolle über seine Muskulatur verloren hatte. Ich begann zu würgen und drückte mir das nasse Handtuch notdürftig vor mein Gesicht, was das Ganze aber nicht wirklich erträglicher machte.
    Daron, oder vielmehr der schwarze Mann mit den ledrigen, krallenbesetzten Drachenflügeln, nahm seine Hand von Maels Brust und erhob sich bedächtig mit einem tiefen Seufzer. Offenbar hatte ihn diese Aktion eine ganze Menge Kraft gekostet. So stand er nun, den Kopf gesenkt, den Blick auf den leblosen Körper seines Bruder gerichtet. Mein Verstand weigerte sich, die einzelnen Bilder detailliert in einer Ereigniskette zu verknüpfen, denn sonst wäre ich garantiert durchgedreht. Ich wusste, was ich gesehen hatte, und konnte es dennoch nicht begreifen. Meine Kehle war vor Panik wie ausgetrocknet, und grenzenlose Furcht vor dem soeben Erlebten ließ meinen Körper unkontrolliert zittern. Ich hatte nicht einmal mehr auf das Wasser geachtet, das weiterhin aus dem Duschkopf über mich lief.
    „Aline?“, hörte ich Darons Stimme und erschrak. Noch immer stand er mir mit dem Rücken und den imposanten Flügeln zugewandt. „Kleines, ist so weit alles in Ordnung bei dir?“ Alles in Ordnung bei mir?!
    Ja, sicher, ich hatte soeben ja nur gesehen, wie sich mein neuer Lover in ein Monster verwandelt und seinen Bruder getötet hat, nachdem der mich, nur nebenbei erwähnt, zuvor munter eine Runde vergewaltigen wollte. Wie könnte da bei mir nicht alles in Ordnung sein, hätte ich ihn am liebsten angeschrien. Stattdessen war ich nur fähig, ein einziges Wort zu hauchen.
    „Ja.“
    „Kleines, ich werde mich jetzt zu dir umdrehen. Ich weiß, du musst unglaubliche Angst haben vor dem, was gerade geschehen ist. Und vor mir, so wie ich jetzt bin.“
    Na, das war doch glatt die Untertreibung des Jahrtausends, dachte ich zynisch und wunderte mich, dass mein Zynismus noch immer funktionierte.
    „Bitte hab keine Angst, ich werde dir nichts tun“, sagte Daron in seiner wunderbar weichen, tiefen Stimme, die mein Gehirn so gar nicht mit dieser schwarzen Kreatur vor mir in Verbindung bringen wollte. „Ich habe dir gesagt, dass ich dich liebe, und das stimmt. Ich habe dir auch gesagt, dass es Fragen gibt, auf die ich dir keine Antworten geben kann, weil du sie selber erkennen musst. Ich wünschte, du hättest sie auf andere Art und Weise erfahren, doch das lässt sich nun nicht mehr ändern. Aline, willst du immer noch diese Antworten?“
    Nein, verdammte Scheiße, wollte ich schreien, ich will nur noch nach Hause in mein Bett, eine große Tasse voller Vergiss-was-geschehen-ist-Tee, und ich will, dass morgen, wenn ich aufwache, alles so sein wird wie vor dem Zeitpunkt, an dem ich dich kennengelernt habe. Da ich aber wusste, dass das nicht passieren würde, waren meine Möglichkeiten

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