Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
Vom Netzwerk:
alles zu erfahren.
    Bestätigend legte ich meine zweite Hand auf seine. Er sah mich an, und ich erkannte den Kampf, den er innerlich mit sich ausfocht. Es tat mir weh, ihn so hin- und hergerissen zu sehen. Ich überlegte sogar schon, Alan zu bitten, die Situation aufzulösen, als Daron tief durchatmete und endlich zu reden begann.
    „Aline, das was du heute gesehen hast, das ist mein wahres Ich. Mein Ich und das von Alan und all unseren Brüdern. Wir sind nicht wie normale Menschen. Ich weiß nicht mal, ob wir überhaupt Menschen sind. Was du jetzt an mir siehst, das ist meine äußere Hülle. Was du im Bad gesehen hast, das war meine Seele. Das, was meine Bestimmung ist, und somit das, was wir alle tun. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr.“
    Er seufzte tief und hielt kurz inne.
    Dann senkte er seine Stimme, bis es fast nur ein Flüstern war.
    „Aline, wir bringen den Tod. Wir sind der Tod.“

20
    Ich weiß nicht, wie lange ich wie betäubt auf meinem Stuhl gesessen hatte. Ich wusste nicht einmal mehr, wie ich hieß. Mein Verstand hatte soeben das ‚Bin im Urlaub‘-Schild an die Tür gehängt, und meine Gefühle waren zu Eis erstarrt. Ich saß da und starrte einfach nur in mein Glas, von dem ich verwundert feststellte, dass es schon wieder leer war. Wann hatte ich das denn ausgetrunken? Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern.
    „Aline?“, fragte Alan vorsichtig, doch Daron hob eine Hand, um ihm zu signalisieren, dass er mir noch etwas Zeit geben sollte.
    Dafür war ich dankbar.
    Wirklich sehr dankbar.
    Wenn Sie wollen, können Sie mich ja jetzt gerne schlagen, aber der einzige Gedanke, der mir in diesem Moment wie eine Endlosschleife im Kopf herumfuhr, war: O mein Gott, du hast tatsächlich mit Joe Black gevögelt.
    Wortlos hielt ich mein Glas in Alans Richtung, der mir in Windeseile nachschenkte. Zwanzigtausend-Dollar-Whisky, dass ich nicht lachte. Kein Whisky der Welt hätte mich darauf vorbereiten können. Ich stürzte den Inhalt des Glases wie benommen in mich rein und wartete auf das verdammte Brennen, damit es endlich meine Gefühle auftaute.
    Damit ich schreien konnte.
    Weinen.
    Toben.
    Aber erstaunlicherweise konnte ich es nicht.
    Trotz allem lief mein Verstand noch auf letzter Reserve und erinnerte mich an mein Versprechen Daron gegenüber. Das Versprechen, ich würde verkraften, was immer er mir sagen wollte. Ich durfte einfach nicht schreien oder weinen. Genau genommen war die Wahrheit sogar, dass ich so etwas schon befürchtet hatte. Nach dem Badezimmergastspiel – wer hätte das nicht? Nun gut, vielleicht nicht unbedingt genau das, aber dass er nicht mein lange verschollener Adoptivcousin dritten Grades war, von dem ich bis dato nichts gewusst hatte, das war mir klar gewesen. Adoptivcousins wuchsen keine Flügel auf dem Rücken. Zumindest kannte ich keine, bei denen das passierte. Ich kannte ja nicht mal einen Adoptivcousin. Bei diesem Gedanken musste ich leise kichern. Ich versuchte noch, mich zu beherrschen, aber der Drang war zu stark, und so schwoll mein Kichern immer weiter an, bis es schließlich in einer Art hysterischem Lachen aus mir herausbrach. Beide Männer sahen mich an, als wäre ich nicht mehr ganz dicht. Zugegeben, in dem Moment war ich es auch nicht mehr.
    „Das ist der Schock“, sagte Daron.
    „Nein, Bruder“, entgegnete Alan und schüttelte leicht den Kopf, „das ist der Whisky.“
    „Ich würde sagen, es ist beides“, gackerte ich weiter vor mich hin und fühlte mich wie der letzte Volldepp, doch ich konnte es nicht abstellen. Ich lachte so lange, bis mir die Rippen schmerzten und ich beinahe vom Stuhl kugelte. Mit der Hand fasste ich gerade noch nach der Tischkante und verhinderte so das Schlimmste.
    „Ich hol ihr mal ein Glas Wasser“, sagte Alan besorgt und ging nebenan ins Wohnzimmer. Das gab mir ein paar Sekunden allein mit Daron.
    „Ist das wirklich wahr?“, fragte ich ihn immer noch leicht lachend. „Bist du wirklich der Tod?“
    „Ja, das bin ich“, antwortete er behutsam, so als befürchtete er, ich würde gleich in einer Kurzschlussreaktion aus dem Fenster springen.
    „Aber … wie kann … ich meine …“, stammelte ich und deutete auf seine Erscheinung.
    „Wie kann bloß jemand wie ich der Tod sein?“, fragte er, und ich nickte.
    „Wir alle sind der Tod“, antwortete Alan, als er mit dem Krug Wasser vom Couchtisch wieder in die Küche kam. „Es gibt nicht nur einen. Nicht nur den Tod. Das sind vereinfachte

Weitere Kostenlose Bücher