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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
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Betreten blickten beide Männer in ihre Gläser, und ich erkannte, dass nicht nur mein neuer Freund wahnsinnig unter jenem Verlust zu leiden schien.
    „Was ist passiert?“, versuchte ich eine vorsichtige Frage und nahm an, sie würde sowieso nicht beantwortet werden. „Ich meine, es tut mir leid, es geht mich nichts an. Ich merke nur, wie stark ihr darunter leidet, was auch immer mit eurer Mutter geschehen ist.“
    „Ist schon gut“, räusperte sich Daron und fuhr mit seinem Daumen sanft die Konturen meines Gesichts entlang. „Du hast jedes Recht zu fragen. Es ist sowieso Teil unserer Geschichte, über die wir hier sprechen.“ Er atmete einmal tief durch und setzte neu an.
    „Mutter war genau wie du eine Bewahrerin. Vater und sie haben sich wirklich sehr geliebt. Doch über die Jahre hinweg legte sich ein Schatten auf ihr Gemüt, weil sie mit unserem … Beruf nicht zurechtkam. Sie ließ niemanden mehr an sich heran und flüchtete sich zum Schluss in ihrer Verzweiflung in die Arme eines anderen.“
    Mir bildete sich ein Knoten im Magen.
    „Heißt das, sie hat Euch verlassen?“
    „So könnte man das nennen“, antwortete Alan leise und nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas. Ich bemerkte allmählich die Wirkung des Whiskys, versuchte aber, mich zusammenzureißen, um kein wichtiges Detail zu verpassen. Da schoss mir ein Gedanke durch den Kopf.
    „Eines verstehe ich jetzt nicht. Was bitte ist an Versicherungen so schlimm, dass man damit nicht klar kommt? Ich persönlich kann mir weitaus schlimmere Berufe vorstellen, mal ganz abgesehen davon, dass ihr in der Branche ja doch …“, und dabei breitete ich unterstützend meine Arme aus, „… recht erfolgreich seid.“
    Daraufhin runzelte Alan die Stirn und warf seinem Bruder einen intensiven Blick zu.
    „Du hast ihr gesagt, wir verkaufen Versicherungen?“
    Daron strich sich mit beiden Händen die Haare aus dem Gesicht.
    Oha.
    Jetzt kam der große Knall.
    „So in etwa“, antwortete er, und es bereitete ihm offensichtlich Mühe, dem Blick seines Bruders zu begegnen.
    „Ach du Scheiße.“ Mit diesen Worten stürzte Alan den Rest seines Whiskys herunter, holte die Flasche mit dem sündhaft teuren Getränk zu uns an den Tisch und schenkte uns nach. Daron hatte sein Glas bisher nicht angerührt, doch jetzt nahm er einen Schluck. Offensichtlich war das ein größerer Knall, der da auf mich wartete.
    „Hier, Aline, trink, du wirst es brauchen. Vertrau mir“, sagte Alan und reichte mir mein Glas zurück. Mir schlug das Herz bis zum Hals, denn die Spannung, die sich auf einmal auf uns gelegt hatte, war zum Schneiden dick. Ich gehorchte und trank erneut von dem Whisky, der mir fast ein Loch in den Hals brannte. Wie konnte man so etwas nur genießen? Aber wenn er mir das, was kommen sollte, erträglicher machte, sollte es mir recht sein, egal wie viel er gekostet hatte.
    „Also, ich gehe jetzt mal davon aus, dass ihr nicht in der Versicherungsbranche seid“, wagte ich den ersten Vorstoß, denn so langsam hielt ich das Herumschleichen um den Hauptpunkt wie bei der sprichwörtlichen Katze mit dem heißen Brei nicht mehr aus.
    „Nein, sind wir nicht“, antwortete Daron, und ich merkte, dass es ihn sichtlich Mühe kostete, darüber zu sprechen. Angst hatte seine Mimik erfüllt, aber er versuchte, es sich so wenig wie möglich anmerken zu lassen.
    Jetzt war der Punkt gekommen, vor dem er sich offenbar so sehr gefürchtet hatte.
    Der Punkt, an dem es hieß – alles oder nichts.
    Wahrheit oder Lüge.
    Der Punkt, für den ich ihm versprochen hatte, egal was es sei, ich würde ihn nicht im Stich lassen. Jetzt, Aline, sagte ich zu mir selbst, kommt es ganz allein auf dich an. Was auch immer er dir sagt, trag es mit Fassung und lass dir nicht anmerken, wenn es dich aus den Schuhen wirft. Bleib cool, Daron zuliebe. Er hat sein ganzes Vertrauen in dich gesetzt. Enttäusche ihn nicht.
    Ich nahm wie zur Bestätigung seine Hand.
    „Egal, was es ist, Daron, sag es einfach. Ich habe doch schon gesehen, was du werden kannst, und sitze immer noch hier. Ist das nicht Beweis genug dafür, dass du mir trauen kannst?“
    „Die Kleine hat recht“, bemerkte Alan über den Rand seines Glases hinweg. „Vertraue ihr. Irgendwann musst du ihr sowieso sagen, wer wir sind.“
    Daron hielt meine Hand aus Furcht so fest, dass ich dachte, sie würde jeden Moment brechen. Doch ich sagte nichts, denn ich wollte ihn nicht in seiner Konzentration stören. Nicht jetzt, da ich so kurz davor war,

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