Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
dranbleiben, obwohl sie mit Saskias Tod beendet ist. Es entsteht ein gewisser öffentlicher Druck, und dieser zwingt den Staatsanwalt, weiter zu ermitteln, denn er hat die Interessen des Volkes zu vertreten.“
Das leuchtete Olivia sogar ein, und sie beschloss, mit Oskar Schmitt nach dem Mörder zu suchen. Er war zwar ein typischer Klatschreporter, aber im Gegensatz zu ihr ein Profi, was die Recherche betraf. Gemeinsam würden sie das Geheimnis lüften und den Täter überführen. Oskar hob die Hand und Olivia klatschte entschlossen ein.
Kapitel 25
Die Schule war längst aus, doch Greta nirgends zu finden. Olivias Plan, sie abzuholen und mit ihr zu Saskia zu fahren, ging nicht auf. Auch in ihrer Wohnung gab es keine Spur. Keine Schuhe in der Mitte des Gangs, keine Jacke auf dem Boden, kein Schulranzen auf der empfindlichen Lackkommode in der Diele.
Wahrscheinlich hatte Albert sie früher abgeholt, um ihr die schreckliche Botschaft mitzuteilen. Sie nahm ihr Handy, um ihn anzurufen und fand seine Nachricht. „Wir sind bei Helga Baum, bringe Dir Greta später“. Helga Baum, das war doch diese ominöse Psychotherapeutin mit den merkwürdigen Behandlungsmethoden, auf die Saskia schwor und die Albert unsäglich fand. Was wollte er ausgerechnet jetzt bei der? Ihr Bauchgefühl sagte, nichts Gutes. Olivia schaute im Internet nach der Adresse und fuhr hin. Schon im Vorgarten der Villa am Heiligen See hörte sie wilde Schreie. Olivia klingelte, niemand öffnete. Die Schreie wurden lauter und heftiger. Olivia klopfte an die Haustür. Keine Reaktion. Sie rannte über die Veranda und sah durch das Wohnzimmerfenster, wie Greta von einer Frau und Albert auf dem Sofa gegen ihren Willen festgehalten wurde. Sie tobte und wehrte sich, aber die beiden ließen nicht locker. Olivia hämmerte die Faust gegen das Fenster.
„Verschwinde“, schrie Albert. Jetzt schrie auch Olivia.
„Lass mich rein“, doch niemand reagierte. Greta wurde immer aggressiver, strampelte und stieß hysterische Laute aus. Dann sah sie Olivia und rief „Hilf mir!“. Grausen zeichnete ihr nass geschwitztes Gesicht. Sie bäumte ihren zarten Körper auf, konnte sich aber aus den festen Griffen der Erwachsenen nicht lösen.
Olivia schrie noch lauter. „Lasst mich rein, sonst hole ich die Polizei!“
Da ließ Albert los und öffnete wütend das Fenster.
„Sag mal, hast Du sie noch alle? Was mischst Du Dich in meine Angelegenheiten ein? Das geht Dich einen Scheißdreck an. Meinst Du, ich mache das hier aus Spaß? Das kostet mich ’ne Menge Geld, und Du hast uns die Tour vermasselt. Nimm sie mit, ich schenke sie Dir, diese bescheuerte Göre. Ihr seid doch alle gestört!“ Albert verschwand, Greta saß wimmernd am Boden.
„Bitte öffnen Sie mir die Tür“, Olivia hatte sich wieder gefangen und sprach betont langsam und deutlich. Die Fremde machte ihr endlich auf und stellte sich als Helga Baum vor. Olivia kniete sich vor Greta und streckte beide Arme nach ihr aus.
„Komm zu mir.“
Wie ein verletztes Tier kroch Greta in ihren Schoss und schluchzte laut. Behutsam strich Olivia über ihr feuchtes Haar.
„Die Mama stirbt.“
„Ja Greta, das ist ganz schlimm. Das tut mir so leid.“ Tränen tropften von Olivias Wangen, sie fror innerlich und machte sich große Vorwürfe. Im entscheidenden Moment hatte sie das Mädchen alleine gelassen und diese unheilvolle Aktion nicht verhindert. Was mit dem Kind geschehen war, konnte sie nicht verstehen. Vorwurfsvoll brauste ein lautes „Warum“ über ihre Lippen.
„Wir nennen das Festhaltetherapie. Damit wollten wir Gretas Bindungsstörungen auflösen. Wenn Sie nicht dazwischen gekommen wären.“ Die Psychtherapeutin verstummte.
„Was wäre dann passiert?“ Olivia verlor die Beherrschung und wurde wieder laut.
„Beruhigen Sie sich doch. Wir wollten nur das Beste.“
„Einen Menschen gegen seinen Willen festzuhalten nennen Sie das Beste?“
Die Psychotherapeutin sprach vom Ausnahmezustand. Nachdem Greta über den herannahenden Tod der Mutter informiert worden war, wäre sie durchgedreht und mit dem Baseballschläger auf ihren Vater losgegangen. Daraufhin habe er sie gerufen und der Züchtigungsmaßnahme, die sie schon mehrfach vorgeschlagen hatte, endlich zugestimmt.
„Ich bin davon überzeugt, dass Greta durch die Festhaltetherapie ihre Aggressionen abgelegt hätte und bereit gewesen wäre, Gefühle zuzulassen“, verteidigte sich d ie Helga Baum mit gekränktem Ton.
Schweigend
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