Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
das Unmögliche aus, und Oskar sah sich gezwungen, ihr die traurige Neuigkeit überbringen zu müssen.
Fassungslos starrte Olivia ihn an und wiederholte anklagend seine Worte. „Morgen ist sie tot? Wieso hat er mir das nicht gesagt?“
„Er?“
„Albert . Ich meine, das ist doch alles ganz fürchterlich, Greta muss doch vorbereitet werden.“
„Greta?“
„Saskias Tochter“.
„Ach ja, die Kleine mit den langen schwarzen Haaren.“
„Genau. Das Mädchen möchte unbedingt zu seiner Mutter, sie muss doch Abschied nehmen, ich muss Abschied nehmen. Was denkt er sich eigentlich?“
Wütend stand sie auf, entschuldigte sich und ging vor die Tür, um Albert anzurufen. Die Mail-Box sprang an. Sie beschloss, Greta an der Schule abzufangen, und ihr die Nachricht persönlich zu überbringen, dann setzte sie sich wieder an den Tisch.
„Wie lautet die Todesursache?“
„Hirntod durch Selbstmord. Der Staatsanwalt sagt, sie habe sich selbst die Pulsader aufgeschlitzt.“
„Niemals.“ Olivia zerdrückte mit ihrem kleinen dicken Daumen den Würfelzucker, der neben der Tasse lag.
„Niemals? Wie meinen Sie das?“
„Sie hat zwar von Selbstmord gesprochen, aber in Wirklichkeit schreckliche Angst vor dem Tod.“
„In der Ermittlungsakte steht aber, dass sie alles geplant und das Messer selbst gekauft hat.“
„Unmöglich. Saskia konnte kein Blut sehen. Sie konnte ihrer Tochter nicht mal eine Schürfwunde verarzten. Das war kein Selbstmord, und schon gar nicht in dieser Form, das passt nicht zu ihr.“
Eindeutig teilten sie die gleiche Meinung. Die Entschiedenheit , mit der Olivia die Dinge beim Namen nannte, gefiel Oskar. Er hatte eine Partnerin gefunden, die das Opfer bestens kannte und somit ganz wesentlich zur Aufklärung beitragen würde. Die Frau war überzeugend und schlau, er konnte ihr vertrauen und vielleicht sogar mit ihr den Fall lösen. Also sagte er ihr, was er dachte.
„Ich denke, es war Mord!“
Olivia rutschte das Herz in die Hose. Bislang hatte sie wahllos nach Informationen gesucht, ohne eine klare Vision. Jetzt, nachdem er diese Mutmaßung laut formuliert hatte, bekam Saskias Schicksal eine eigene Dynamik, eine grausame Dimension. Wenn sie ermordet worden war, von wem? Etwa von Frank? Dieser alberne Gigolo, der weder den Mut besessen hatte, mit ihr ein neues Leben zu beginnen, geschweige denn, ihr die Wahrheit zu sagen, dass er sich nie für sie entscheiden wird? Aber vielleicht war genau das der Grund, vielleicht hatte ihn Saskia dermaßen unter Druck gesetzt, dass er aus Verzweiflung zum Messer griff? Nein, Frank war zu feige, um eine Fliege zu erschlagen. Das konnte sich Olivia überhaupt nicht vorstellen.
„Sie überlegen, wer in Frage kommt, nicht wahr?“
Oskar las in ihrem Gesicht wie in einem offenen Buch.
„Ich frage mich das auch, übrigens von Anfang an, und tippe auf Frank, auch wenn Sie das für völlig abwegig halten.“
„Woher wissen Sie?“
„Jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit der menschlichen Kreatur.“ Er lächelte und steckte einen Würfelzucker in den Mund.
„Egal. Es spielt keine Rolle, ob da draußen ihr Mörder frei rumläuft. Die Ermittlungen sind abgeschlossen.“
„Was?“
Fassungslos schaute sie ihn an.
„Sie sagten doch, die Kriminalpolizei habe noch gar nicht richtig recherchiert? Das kann ich so nicht akzeptieren!“
„Ich auch nicht. Wir sollten zusammenarbeiten, eine Beweiskette erstellen und die Wahrheit ans Tageslicht bringen.“
„Aber wie?“ Fragte sie im selben Atemzug. Oskar Schmitt weihte sie in seine Pläne ein. Morgen würde er im nächsten Artikel etwas spekulieren und das Feuer anheizen.
„Da geht es um den fiese n Liebhaber und die arme Geliebte. Ich stelle die These auf, dass er sie betrogen haben könnte, indem er ihr vorgaukelte, dass auch er an das gemeinsame Leben im Himmel glaubte. Nachdem sie auf Erden nicht zusammen kommen durften, willigte er in den Freitod ein. Merkwürdigerweise ist in der Nacht nur sie gestorben, und er lebt lustig weiter. Daraus ergibt sich die berechtigte Frage: Wollte er wirklich sterben? Irgendwie so wird’s laufen.“
Olivia fand das widerlich. Ihre Traurigkeit über Saskias bevorstehenden Tod hatte sich mit der Wut auf Franks vermeintliche Tat vermischt.
„Muss das denn sein?“ Zaghaft versuchte sie, Oskar umzustimmen. Die Antwort kannte sie bereits.
„Ja, es ist ein Köder, den ich auswerfe. Die Leser werden aufgebracht sein, und die Kollegen werden an der Story
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