Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
daher, sein Handeln zu rechtfertigen.
„Warum ich mich wehre, fragen Sie?“ Justus Mayer schloss die Türe und fixierte Oskar mit zusammen gekniffenen Augen.
„Ganz einfach, weil Hämatome an den Beinen bei jemandem, der weder in eine Schlägerei noch in einen Unfall verwickelt war, die Folge der Wiederbelebungsversuche sein können. Da fackeln die Sanitäter nicht lange, wenn es um Leben und Tod geht. Vielleicht mussten sie die Dame aus dem Bett zerren und sich auf sie drauf stützen, um ihr eine ordentliche Ladung Sauerstoff verpassen zu können. Verletzungen hat sie vielleicht deshalb, weil die gnädige Frau kurz vor ihrem Ableben heftigsten Geschlechtsverkehr hatte und anscheinend beim Sex nicht zimperlich war und absurdes Spielzeug zwischen ihre Beine stopfte. Jedenfalls lag genügend davon rum! Mit so ’nem Pippikram verplempere ich nicht meine Zeit. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?“
Er versuchte, Oskar beiseite zu schieben, doch der verharrte stur.
„Dr. Stein hat ein Geständnis abgelegt. Er hat explizit zugegeben, dass er seiner Freundin die Pulsader aufgeschnitten hat. Die Frau ist morgen tot und wird ausgeräumt im Kühlhaus liegen. Das ist Mord, zumindest Tötung auf Verlangen, und muss bestraft werden.“
Der Staatsanwalt kratzte sich am Hinterkopf.
„Dummes Gerede. Ihr Doktor hat längst sein Geständnis widerrufen. Wenn Sie schon in den Ermittlungsakten rumschnüffeln, dann bitte richtig. A propos, von wem haben Sie die überhaupt?“
Geschickt drehte er den Spieß um. Niemals würde Oskar sich und seinen Informanten in Gefahr bringen, das wusste er und begann ihn einzuschüchtern.
„Herr Schmitt, Ihren Ausführungen folgend stelle ich fest, dass Sie einen Informanten aus meinem Mitarbeiterstab haben. Sicher wollen Sie mir seinen Namen nicht nennen. Ich könnte das aber sehr schnell in Erfahrung bringen, und das dürfte für Sie und ihn höchst unangenehm werden. Ich kann das auch lassen, wenn Sie dieses Thema beenden.“ Er machte eine künstlerische Pause und blickte Oskar erwartungsfroh an. „Also, wie hätten Sie es gern?“
Der Moment war gekommen, der Moment, der entscheiden sollte. Alles oder nichts. Seit Jahren hatte Oskar etwas gegen diesen Faulpelz in der Hand, aber er hatte seinen Trumpf nie gespielt, aus Respekt vor seiner Macht, aus Angst um seine Karriere. Auch jetzt wusste er nicht, wie der Staatsanwalt reagieren würde, wenn er es wagte, ihn zu erpressen, und es war Erpressung, was ihm in den Sinn kam. Es war eine Kampfansage. Aber er hatte keine andere Wahl. Er brauchte die Geschichte, um zu überleben, wenn er jetzt aufgab, dann würde die Redaktion mit Häme über ihn herfallen, dann würde sein Leben endgültig entgleisen, und außerdem war er es Saskia schuldig, denn er hatte entschieden, ihr Anwalt zu sein.
„Eine Hand wäscht die andere. Ich möchte über diese Geschichte nicht nur weiter schreiben, ich möchte auch Gerechtigkeit. Ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten sind mir bekannt. Ich kann auch anders. Erinnern Sie sich an Ihre Besuche im Bauamt und die netten Geschenke, die Sie dem Behördenleiter machten, um das Grundstück, auf dem ihr nettes Einfamilienhaus steht, kostenlos zu bekommen?“
Entsetzen war im Gesicht des Staatsanwalts zu lesen, was Oskar motivierte. „Ich möchte nur eins. Eine DNA-Analyse, und dann bin ich brav und alles ist vergessen, was wir uns eben gesagt haben.“
Süßsäuerlich lächelte er ihn an und verließ mit einem freudigen Gruß das Büro.
Kapitel 24
Das Bistro war gut besucht. Nirgends konnte Olivia den Reporter entdecken. Die Gäste saßen in kleinen Gruppen und unterhielten sich, tranken Kaffee, aßen Kuchen oder bekamen schnelle Gerichte serviert. Lediglich ein kleiner Tisch am Ende des schmalen Raums war noch frei. Olivia ging zielstrebig darauf zu, setzte sich und beobachtete den Eingang. Die Bedienung schickte sie wieder weg und bat um etwas Karenzzeit. Nervös blickte sie immer wieder auf die große alte Wanduhr, deren Pendel gemütlich vor sich hin tickte. Zehn Minuten waren nun schon vergangen, und sie saß immer noch alleine. Sie hasste diese Situation und fühlte sich beobachtet. Dabei nahm niemand Notiz von ihr, wenn sie ehrlich war. Ihr wartender Blick wanderte wieder zur Eingangstür, die verschlossen blieb.
Das Bistro hatte eine gut bürgerliche Atmosphäre, es war nach alter Tradition eingerichtet und öffnete bereits zum Frühstück. Gleich neben der Garderobe aus altem Nussbaum
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