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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mali Benro
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spärlich bekleidet mit einem Rüschenslip. Nackt auf einem Operationstisch, rasiert und ge ölt, die Beine gespreizt, von vorne, von hinten. Gefesselt, beschäftigt, mit dem Sexspielzeug, das Olivia im Koffer gefunden hatte. In transparenten Dessous, sorgfältig designt, scheinbar unberührt, kindlich und jungfräulich umzingelt von ihren Stofftieren und zugleich verrucht, ihren Körper offenherzig zum Gebrauch anbietend. Alles war sichtbar, und es schien ihr Vergnügen zu bereiten, denn sie lächelte genüsslich.
    Warum hatte sie das gemacht, und für wen?
    Wie eine Professionelle, dachte Olivia, und betrachtete die Bilder immer wieder. Irgendetwas kam ihr bekannt vor. Der Ort, der Stuhl, das war der Raum, in dem sie die Unterredung mit Josef geführt hatte. Die Aufnahmen waren in Franks Praxis gemacht worden. Aus einem rosa Umschlag zog sie ein weiteres Foto heraus, eines, das ihr spontan sogar gefiel. Ein Ausschnitt von Saskias gebeugtem Rücken und gewölbtem Hintern, umfasst von zwei Männerhänden. An einem Finger prangte ein farbenprächtiger Siegelring. War das etwa Josefs Hand? Bei ihrem ersten Treffen war ihr bei ihm der märchenhafte Ring mit der Einhorngravur aus Lapislazuli-Edelstein bereits aufgefallen. Tiefblau mit goldenen, wie kleine Sterne schimmernden Einschlüssen aus Bergkristall wirkte er geheimnisvoll und war extrem auffällig. Mit bloßem Auge konnte sie jedoch das Wappen auf dem Foto nicht erkennen.
    Aus der Schreibtischschublade nahm sie die alte Lupe ihres Großvaters zur Hilfe und untersuchte akribisch den Bildausschnitt. Unter dem Vergrößerungsglas zeichnete sich das steigende Einhorn ab.
    Olivia wurde heiß und wieder kalt. Josef war ihr von Anfang an suspekt gewesen. Jetzt verstand sie, was er bei ihrem Besuch in der Praxis anfänglich dachte. Er sah in ihr eine Kundin oder Prostituierte, oder wie bezeichneten sich die Frauen, die zu Frank und Josef kamen? Deshalb hatte er sie geduzt, sie gemustert und sich gewundert, dass sie distanziert geblieben war und keine Fotos wollte. Die Seifenblasen-Liebesidylle ihrer Freundin zerplatzte schlagartig, und übrig blieb ein bitterer Geschmack. Die Praxis war ein Treffpunkt, nur für wen? Josef war auf alle Fälle involviert und mehr als ein guter Freund. Die romantische Zweier-Beziehung hatte es nie gegeben, wieso hatte das Saskia übersehen? Olivia schämte und hasste sich zugleich für diese Entdeckung und kramte weiter in der Schatulle. Unter den Nacktfotos fand sie ein Bündel mit Briefen und Aufzeichnungen, die teilweise Saskias Handschrift trugen.
    Texte voller Leidenschaft und Hingabe an Frank. Schreiben voller Hoffnung, beseelt vom tiefen Glauben an seine Liebe und eine gemeinsame Zukunft. Prosaisch formulierte Sätze, beschwörend und endgültig in ihrer Bestimmung.
    „Ich darf das Glück, das ich durch Dich erfahre, nicht mehr loslassen! Ich liebe Dich unendlich. Ich kann Dich nicht mehr aufgeben, wenn auch Du an ein Leben nach dem Tod glaubst, dann schaffen wir es gemeinsam!“
    Sie hatte ihm blind vertraut und sich offenbart mit all ihren Gefühlen. Aber wie war das umgekehrt? Frank kannte ihre Wünsche und Forderungen und heizte mit seinen Reaktionen ihr Gefühlsleben an, das ging aus seiner spärlichen Korrespondenz eindeutig hervor.
    „Du bist für mich der wichtigste Mensch in meinem Leben geworden. Mein Herz schlägt aus vor Glück.“
    Immer wieder las Olivia seine kurzen Antworten und stellte fest, dass auch er den Moment der Gemeinsamkeit genoss und ihr seine anspruchslose Zufriedenheit mit diesem Zustand attestierte. In keinem Satz fand sie einen Wunsch, den er mit ihr geteilt hätte, und kein Versprechen, Saskias Hoffnungen eines Tages zu befriedigen. Er bediente sich tief schürfender Zitate, die, groß in der Wirkung, keine Interpretation zuließen, aus der Saskia hätte schließen dürfen, dass auch er bereit war, sein Leben für sie zu ändern oder gar aufzugeben.
    „Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß, als heimliche Liebe, von der niemand weiß.“ Das Versteckspiel übte seinen Reiz auf ihn aus, nicht mehr und nicht weniger.
    Josef hatte recht. Ihre extreme Forderung, den Freitod zu wählen, um sich in Freiheit weit ab von allen Konventionen lieben zu können, übersteigerte seine Opferbereitschaft. Dieser Gedanke hatte ihn sicher geängstigt, aber deswegen bringt man doch nicht jemanden um?
    Die Interpretation seiner Worte war eher ein Hinweis auf seine Feigheit. Ja, er naschte von dem süßen Kuchen,

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