Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
depressive Stimmungslage. Deshalb gestattete sie ihm auch diesen Wunsch, allerdings nur in Begleitung eines diensthabenden Arztes. Bester Laune verabschiedete er sich mit Handkuss von ihr.
Kapitel 27
„Saskia ist tot!“ Wie eine Todesanzeige war die Seite eins des Berliner Boten gestaltet. In eine m großen schwarzen Rahmen prangte ihr Gesicht leicht unscharf, diesmal waren die Augen nicht kaschiert. Charmant lächelte sie in die Kamera, so wie sie immer in die Kamera gelächelt hatte. Olivia hatte oft ihre Professionalität bestaunt. Es gab kein schlechtes Foto von Saskia. Ihr fröhlicher Gesichtsausdruck beherrschte das Auge und zog die Aufmerksamkeit des Betrachters magisch an. Trotz der Unschärfe blinkten ihre blitzweißen Zähne. Daneben befand sich der Hinweis, dass im Lokalteil Genaueres zu lesen sei. Der Skandal habe sich im Berliner Print Hotel abgespielt und hielte zurzeit ganz Potsdam in Atem. In einem kleinen Viereck war Frank auf Passfotogröße reduziert, unkenntlich gemacht. Die Bildunterschrift warf die Frage auf, welche Rolle der Liebhaber bei diesem offiziellen Selbstmord spielte.
Josef hatte ihr die Zeitung vorbeigebracht und schaukelte uneingeladen gemütlich in Olivias Hängematte. Greta hatte ihn einfach hereingelassen, obwohl ihr das strengstens verboten war, Fremden die Haustüre zu öffnen.
Die Selbstverständlichkeit, mit der er sich selbst einlud und sich zudem wie ein guter Freund des Hauses benahm, nervte Olivia ungemein, aber sie zeigte ihre Gefühle nicht. Nicht ihm. Seitdem sie im Internet die schreckliche Entdeckung gemacht hatte.
„Was ist los , Olivia? Welch strafende Blicke schenkst Du mir heute, meine Süße?“
Olivia schwieg und überlegte kram pfhaft, wie sie Josef mit ihren neuen Informationen konfrontieren sollte. Eigentlich hatte sie nur wissen wollen, welches Adelsgeschlecht sich hinter dem aufsteigenden Einhorn auf seinem Siegelring verbarg. Da es tonnenweise Familienhinweise gab, suchte sie immer weiter und landete dabei versehentlich auf der Webseite eines Swingerclubs, der sich „Ein Horn für zwei“ nannte. Per E-Mail konnte man sich dort anmelden, Adresse und Telefonnummer existierten nicht. Zaghaft überwand sie ihr Schamgefühl, klickte den virtuellen Rundgang des Etablissements an und wurde von einem Plateau mit Liegewiesen, an diversen Schlafräumen vorbei in einen Saunabereich mit Whirlpool geführt. Die Leute standen nackt beieinander oder waren in Geschlechtsverkehr vertieft. Mit einer anderen Rubrik konnten Kontaktanzeigen geöffnet werden. Vor allem Frauen boten sich dort an und präsentierten ihre bloßen Körper unterschiedlichster Natur. Die kleine Dicke hatte genauso wenig Hemmungen wie die alternde Dame, deren Haut kräftig Falten schlug. Attraktive, vollbusige Schönheiten waren Mangelware in dieser Amateurbörse, genauso wie Paare, die ihre Dienste als Sexpartner anboten. Olivia durchsuchte das Angebot und fand einen Teil von Saskias Fotos aus dem Schuhkarton und zwei Videoclips. Sie bereute, diese Spots angeklickt zu haben, denn was sie sah, war schockierend. Saskias Hintern in männlichen Händen, die sich in ihre Scham gruben, während Saskia sich keuchend vor der Kamera räkelte. Olivia zwang sich, auf jedes Detail zu achten und hatte so Josefs Siegelring im Scheinwerferlicht der Videoaufzeichnung entdeckt. Es gab keinen Zweifel, das waren Josefs Arme und Hände, die Saskia liebkosten, und darüber wollte sie mit ihm sprechen.
„Zehn Euro für Deine Gedanken. Olivia, jetzt sag doch endlich was, ich meine das ernst, zehn Euro.“
Josef zog einen Geldschein aus der Hosentasche und winkte mit ihm aus der Hängematte. Der Moment war gekommen, um Klarheit zu schaffen, ein sicherer Moment. Greta lernte im Wohnzimmer, also waren sie alleine. Sie versuchte, gleichgültig zu wirken, und dachte laut über die Bedeutung des Wappens auf seinem Siegelring nach.
„Du willst mir doch jetzt nicht erzählen, dass Dir heute am Todestag von Saskia solche Lappalien durch den Kopf gehen?“ Sein Ringfinger schob sich mahnend in die Höhe.
„Mag sein, Josef. Ehrlich gesagt, denke ich über Wert und Unwert der Menschen nach und frage mich, welchen Wert Saskias Körper bei Eurem kollektiven, frivolen Exhibitionismus hatte.“ Langsam setzte er sich auf und blickte Olivia zynisch an.
„Welch hochtrabende Worte für einen spaßigen Internetauftritt. Ich wusste, dass Du Dich schlau machen würdest, und, verloren in der Welt der freien
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