Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
bin mit der Sache fertig. Das einzige, was ich bedaure, ist, dass Greta ihre Mutter verloren hat.“
„Du kennst Saskias Tochter?“
„Na klar, ich habe die ganzen Untersuchungen mit ihr gemacht und ihr die nötigen Medikamente verabreicht. Frank durfte das nicht, er ist ja nur Allgemeinmediziner.“
Josef berichtete stolz, dass er in Franks Praxis als Kinder- und Jugendpsychiater arbeitete und als solcher befugt war, ihr ein Metylphenidat zu verschreiben, das sie dringend benötigte. Dieses Arzneimittel sei ein Amphetamin mit stimulierender Wirkung, das gesetzlich zu den Betäubungsmitteln gehöre und einer gesonderten Verschreibungspflicht unterliege. Damit habe er beste Erfahrungen bei hyperaktiven Kindern gemacht. Greta sei ein äußerst komplizierter Fall, weil sie unter einem extremen Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und unter Stimmungsschwankungen leide und hyperaktiv sei. Auch das habe er erfolgreich behandelt, mit einem Antidepressivum. Seitdem wäre sie in der Schule kaum noch auffällig und würde gute Noten schreiben. Man müsse nur darauf achten, dass die Pillen regelmäßig eingenommen werden, sonst wäre der Zauber vorbei. Das war also Saskias Geheimwaffe, von der sie in den letzten Monaten geschwärmt hatte. Olivia beflog das schlechte Gewissen, denn sie hatte die Medikamente total vergessen.
„Und wie oft bekommt Greta die Pillen?“
Josef entnahm seinem Jackett ein Blöckchen und einen Montblanc-Füllfederhalter. Eine Retardkapsel morgens, eine kleine Tablette mittags und abends das Antidepressivum, schrieb er auf.
„Wenn Du Nachschub brauchst, dann melde Dich.“
Olivia traute ihren Augen nicht. Dieser gelbe Zettel kam ihr bekannt vor, auch diese markante kurze krakelige Schrift hatte sie schon gesehen. Natürlich, jetzt verstand sie die Zusammenhänge. Das Wechselbad aus Bettelei und Vorwürfen im Schuhkarton stammte aus seiner Feder. Er war der gekränkte Verfasser der kleinen Zettel, dessen Liebe von Saskia nicht mehr erwidert wurde. Er trauerte um ihr verlorenes Kind, also hatten sie ohne Kondome miteinander geschlafen, wie sollte er sonst auf die Idee gekommen sein, dass er der Vater ist? Das Verhältnis mit Saskia war zumindest für ihn mehr als ein nettes Amüsement. Verzweifelt musste er gewesen sein. Sie hatte ihn benutzt, genommen und wieder weggestoßen. Ihm blieb nur die undankbare Rolle eines Pornodarstellers im Werbespot ihres virtuellen Swingerclubs, um ihre körperliche Nähe wieder zu erfahren. Welche Demütigung, als Zuschauer degradiert, mit ansehen zu müssen, wie andere, wie sein bester Freund, die Frau seiner Begierde besitzen durften und die Abtreibung seines Kindes forciert und bezahlt wurde. Wie sehr musste er Frank und Saskia hassen. Er hatte ein Motiv, Rache zu nehmen, und das schrieb sie in einer E-Mail dem Kommissar, der die Ermittlungen führte, und schickte Oskar Schmitt die Kopie.
Kapitel 28
„Heuchler“, war auf Alberts Haustür gesprüht, und im Briefkasten lag die fristlose Kündigung seines Arbeitgebers. Aufgrund der negativen Berichterstattung sei das Ansehen des Unternehmens ernsthaft gefährdet und er als Geschäftsführer nicht mehr tragbar. Man würde sich deshalb mit sofortiger Wirkung von ihm distanzieren, um gegenüber den Kunden Glaubhaftigkeit zu demonstrieren. Der Direktor von Gretas Schule empfahl, das Kind zu beurlauben, um es vor unliebsamen Attacken der Mitschüler zu schützen. Der Gemeindekirchenrat hatte ihn ohne Begründung spontan von der nächsten Tagung ausgeschlossen. Vom Print Hotel war eine Rechnung über 3 000 Euro für Reinigungs- und Sanierungsarbeiten gekommen, und wenn er dann noch die Bestattungskosten dazurechnete und den anschließenden Leichenschmaus, kam er locker auf das Dreifache. Saskia war schon immer eine teure Frau, selbst nach ihrem Tod, dachte er voller Bitterkeit. Hätte er nur auf seine Mutter gehört. Damals, als er ihr von seinen Heiratsabsichten vorschwärmte, hatte sie ihn bereits vor Saskia gewarnt und sie als Püppchen aus einfachem Hause bezeichnet. Aber er war unsterblich verliebt, geblendet von ihrer Schönheit, ihrem Witz, und geschmeichelt, dass er so ein Juwel besitzen sollte. Das Unheil nahm seinen Lauf. Das Schicksal hatte ihn eingeholt, aber er würde sich nicht beugen. Einer wie er bekam überall einen Job, und wenn die Sache morgen erledigt war, würde er alles verkaufen und wegziehen, denn nur, was Menschen nicht tun, das bringt sie um, so hatte es ihn der Großvater
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