Ausgebremst
zumindest, mir hier die Zeit zu vertreiben. Ich weiß, daß du Mitleid mit mir hast, doch kann ich dich trösten. In deinen Augen sind Männer, die sich in einen Rennkäfig schnallen lassen und ein Leben lang mit anderen Männern um die Wette fahren, bestimmt in keiner glücklicheren Lage als solche, die ihr Leben in einer Gefängniszelle verbringen. Und wie du nur allzugut weißt, hat mich nie etwas auch nur annähernd so begeistert.
Nürburgring
«Du hast recht», sagte ich zu Liberante, obwohl ich mich normalerweise bei diesen Themen lieber zurückhielt. Der Grand Prix der Unschlagbaren war mein Geheimnis, und ich zog es vor, auch mein besonderes Wissen zu diesem Thema für mich zu behalten. Aber jetzt sagte ich: «Pace ist nach dem dritten Rennen 1977 mit seinem Privatflugzeug abgestürzt.»
«Hört euch den Österreicher an!» triumphierte Liberante. «Wie genau er es weiß! Nach dem dritten Rennen ist Pace abgestürzt. 1977. Drei Abstürze innerhalb kürzester Zeit!»
«Und was willst du uns damit sagen?» fragte Bruno, der die Freude seines Cousins offenbar nicht teilte.
«Er will uns damit sagen», assistierte Steve, «daß es genausowenig ein Zufall sein kann wie bei Paul Newmans drei Reifenplatzern an drei Tagen, wenn innerhalb kürzester Zeit drei Formel-1-Fahrer mit ihren Privatflugzeugen abstürzen.»
«Vier Fahrer!» beharrte Liberante. «David Purley, Tony Brise, Graham Hill, Carlos Pace! Bei drei Abstürzen.»
«Glaubst du vielleicht, daß jemand die Fahrer vom Himmel geschossen hat?» regte sich Bruno schon wieder maßlos auf. «Glaubst du vielleicht, Bernie Ecclestone hat David Purley dafür bestraft, daß er mit seiner Rettungsaktion so viel negatives Medienecho für die Formel 1 ausgelöst hat? Oder er hat seinen Brabham-Piloten Carlos Pace vom Himmel geschossen, weil der nach drei Rennen immer noch keinen Grand Prix gewonnen hat? Weil Ecclestone die Weltmeisterschaft wollte? Willst du vielleicht darauf hinaus, mein schlauer Zufallscousin?»
«Ich sage nur, daß es etwas viel für einen Zufall ist.»
«Was heißt Zufall?» schrie Bruno auf. «Natürlich kann es ein Zufall sein! Bei Paul Newman war es ja auch ein Zufall! Oder glaubst du, daß irgendwer Interesse hat, die Reifen der alten Millionärssäcke zu sabotieren, die den amerikanischen Rennteams Millionen in den Rachen werfen, nur damit sie ein paar Stunden lang linksherum fahren dürfen?»
«Natürlich kann es ein Zufall sein», räumte Liberante ein, «aber es ist unwahrscheinlich.»
«Das ist der beste Beweis, daß es nicht gut für dich ist, wenn du dir amerikanische Rennen mit abgehalfterten Schauspielern anschaust.»
«Ich schau mir keine amerikanischen Rennen an», protestierte Liberante sofort. «Ich habe das Interview einmal im Gazzetto gelesen.»
«Was heißt, es kann kein Zufall sein, wenn du an drei Tagen hintereinander drei Reifenplatzer hast? Da fängt ja der Zufall erst an!» ereiferte sich Bruno. «Ein einzelner Reifenschaden ist gar kein Zufall. Das ist einfach nur ein Reifenplatzer. Ein Zufall wäre es, wenn man nie einen Reifenschaden hätte. Also kann nicht ein Reifenschaden ein Zufall sein. Erst der zweite Reifenschaden am selben Rennwochenende ist ein Zufall. Und der dritte Reifenplatzer wäre meinetwegen ein komischer Zufall. Was hat das mit Fragen und Antworten und dem ganzen Hollywoodkram zu tun? Wer immer nur linksherum fährt, soll sich lieber wundern, daß er nicht andauernd Reifenschaden hat, bei der einseitigen Belastung.»
«Dreimal wäre für dich erst ein komischer Zufall?» unterbrach Liberante die Aufwallung seines schönen Cousins.
«Ein komischer Zufall. Mehr nicht», stellte Bruno ein für allemal fest.
«Und ab wann wäre es ein verdächtiger Zufall?»
«Ab dem vierten», erklärte Bruno so ernst und staatstragend, als hätte er gerade nach langjährigem Studium ein essentielles Grundgesetz neu formuliert. «An einem einzigen Rennwochenende!» fügte er noch hinzu.
Liberante lächelte.
«Ihr könnt euch natürlich noch alle an den Unfall Niki Laudas auf dem Nürburgring erinnern», sagte er.
«Nur gut, daß Niki Lauda nicht mit dem Flugzeug abgestürzt ist!» unterbrach ihn sein Cousin schon wieder. «Er hat heute sogar eine eigene Fluglinie. Oder willst du uns das etwa als weiteren Zufall verkaufen?»
Liberante schüttelte den Kopf. Dann erinnerte er uns an die Umstände dieses aufsehenerregenden Unfalls 1976 auf dem Nürburgring. Der damalige Nürburgring war ein Unikum. Der Kurs
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