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Ausgebremst

Ausgebremst

Titel: Ausgebremst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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hinter dem Dampf verschwunden war, den sein unerträglicher Aufguß erzeugt hatte.
    «Natürlich. Und das, obwohl seit vierzig Jahren kein Italiener mehr Weltmeister geworden ist», sagte ich. «Als Vittorio Brambilla in Zeltweg gewonnen hat...»
    «Da war ich auch!» unterbrach mich Herr Wieser und fing an zu lachen. «Wie er auf der Ziellinie vor Freude seinen March in die Boxenmauer geknallt hat!»
    «Er war ja damals auch der erste Italiener seit zehn Jahren, der überhaupt ein Rennen gewonnen hat.»
    «Sie haben es erfaßt», grinste Mr. Weeser. «Aber die Italiener haben eben die besseren Kontakte. Ohne einen italienischen Kontakt ist lange Zeit kein Rennfahrer in die Formel 1 gekommen.»
    «Und woher wissen Sie das so genau?»
    «Ich bin selbst damit einmal ziemlich auf die Nase gefallen. Das war übrigens genau zu dieser Brambilla-Zeit. Einer meiner Schüler bezahlte mich dafür, einen solchen Kontakt herzustellen. Ich verlor dabei eine Menge Geld. Also eigentlich nicht ich, sondern der Fahrer. Aber es war doch auch für mich sehr peinlich.»
    «Was ist geschehen?»
    «Es gab Anfang der Siebziger zwei junge Italiener, die die meisten Cockpits noch auf eigene Faust vermitteln konnten. Die beiden wurden allerdings genau zu der Zeit von einer mächtigeren Gruppe verdrängt. So war das Geld, das ich ihnen gezahlt hatte, in den Sand gesetzt.»
    «Und wie wurden sie verdrängt?»
    «Angeblich stürzten Fahrer, die von ihnen in die Formel 1 vermittelt wurden, immer mit dem Flugzeug ab. Sie erinnern sich bestimmt an die vielen Abstürze um das Jahr 75 herum.»
    «So verlor die potentielle Kundschaft das Vertrauen?»
    «Die beiden Italiener waren jedenfalls weg vom Fenster.»
    «Und wer hat dann die Cockpits vermittelt?»
    «Keine Ahnung», lächelte Mister Weeser. «Vielleicht waren die Abstürze ja auch nur Zufall.»
    «Ja, vielleicht», sagte ich. «Vielleicht wurde Bertrand Gachot ja auch nur zufällig verhaftet, als Mercedes gerade ein Cockpit für Michael Schumacher brauchte.» «Ja, bestimmt», sagte Mister Weeser.
    «Vielleicht ist auch nur zufällig dreiundvierzig Jahre lang kein Weltmeister verunglückt.»
    «Das ist Ihnen also auch schon aufgefallen?» lächelte Mister Weeser.
    Liebe Theresa!
    Seit Bobby die Beschäftigungstherapeutin erstochen hat, geht es mir immer schlechter. Ich komme gar nicht mehr zur Ruhe. Jetzt fehlt mir auch die Abwechslung dieser einen Stunde in der Woche. Und die Aggressivität der Kapos wird immer schlimmer. Die Macht muß neu aufgeteilt werden, seit sie Bobby verlegt haben. Deshalb tyrannisieren sie uns bis aufs Blut. Aber ich will dich nicht damit behelligen. In der vorletzten Stunde habe ich die Beschäftigungstherapeutin noch zum Lachen gebracht. Sie dachte, ich hätte schon wieder einen Helm gezeichnet. Grundfarbe schwarz, mit einem roten und einem weißen Querstreifen, die direkt nebeneinander liegen, ohne Schwarz dazwischen. Als sie wieder stichelte, ob ich nichts anderes als Helme kann, erklärte ich ihr, daß es kein Helm war. Es war eine Bubi-Pradl-Mütze! Erinnerst du dich an Bubi Pradl? Der erste Schispringer, der über hundert Meter sprang. In dem Jahr, als wir uns in der Volksschule kennenlernten. Er trug immer diese Mütze: schwarz, mit einem dünnen roten und weißen Streifen. Ich erinnere mich noch, wie die Beschäftigungstherapeutin darüber gelächelt hat, daß ich ihr eine Bubi-Pradl-Mütze als Helm verkaufte. Ich erzählte ihr, daß ich als Kind einmal eine Bubi-Pradl-Mütze vom
    Christkind bekommen hatte. Darauf sagte sie, ich solle für nächste Stunde ein Weihnachtslied erfinden. Statt immer nur Helme. (Ein Weihnachtslied im Frühling! Auf so eine Idee kann nur eine Beschäftigungstherapeutin kommen.) Sie fragte uns, welche Weihnachtslieder wir kennen. Und der Bobby (er heißt eigentlich Graf, deshalb nennen wir ihn Bobby) sagte, «Es ist ein Ros' entsprungen aus einer Wurzel zart» sei ein schönes Weihnachtslied. Und die Beschäftigungstherapeutin sang «aus einer Wuhurzel zart» und gab ihm recht und sagte, ja, das sei wirklich ein schönes Weihnachtslied. Ich erinnere mich so gut daran, weil auch meine Mutter immer dieselben Worte gebrauchte, wenn sie dieses Lied irgendwo hörte: Das sei einmal ein «schönes Weihnachtslied». Und in der nächsten Stunde hat der Bobby die Beschäftigungstherapeutin abgestochen, und ich habe ihr gar nicht mehr mein Weihnachtslied zeigen können, das ich mitgebracht hatte.
     

6
    Niki Lauda verlor seinen Helm am

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