Ausgebremst
die Niki-Lauda-Geschichte. Wie Stiedl meine Behauptung amüsiert hatte, hinter dem operierten Niki-Lauda-Gesicht könne Willi Dungl stecken. Auf halbem Weg zwischen Reichenhall und Budapest fiel mir plötzlich ein, daß ich nur fünfzig Kilometer von Gars entfernt war.
In Gars stand das berühmte Gesundheitshotel des Fitneßgurus Dungl, und ich beschloß, mich dort eine Woche zu erholen und erst dann nach Budapest weiterzufahren. Ich hatte ohnehin seit langer Zeit nichts mehr für meine Gesundheit getan, und ein Aufenthalt bei Dungl konnte mir bestimmt nicht schaden.
Da ich damit gerechnet hatte, daß Dungl dem Hotel vor allem seinen bekannten Namen lieh, sich selbst aber kaum blicken lassen würde, war ich überrascht, ihn gleich bei meiner Ankunft mit einem Hotelgast plaudern zu sehen. Es war eindeutig Willi Dungl, dessen Bild ich ja seit Niki Laudas Ferrari-Zeit kannte. Daran hatte ich auch nicht den geringsten Zweifel gehabt. Wir waren schon lange davon abgegangen, daß Dungl es sein könnte, der hinter Laudas Gesicht steckte. Ich hatte es Stiedl nur als Vorwand gesagt.
Ich glaube, daß ich mich nur in das Dungl-Hotel begeben habe, um die ganze verrückte Geschichte ein für allemal hinter mir zu lassen. Ein Reinigungsakt bei Sauna und Dampfbad, der mir ermöglichte, zu den Rennen zurückzukehren und einen neuen Anfang zu machen.
Ich konnte nicht wissen, daß es der Anfang vom Ende sein würde.
Durch seinen prominenten Namen zieht Dungl Leute an, die noch bei ihrem Aufenthalt im Hotel des Lauda-Masseurs so etwas wie Rennatmosphäre wittern. Es wimmelte im Hotel dementsprechend von gealterten Rennfans, die hierher kamen, um ihren Bauchumfang um ein paar Zentimeter zu reduzieren und womöglich ein paar Niki-Lauda-Anekdoten aus erster Hand zu hören.
Trotzdem genoß ich den Aufenthalt, ich suchte keinen Kontakt zu Schwätzern, und sie ließen mich auch in Ruhe.
Ich genoß die Ruhe in dem Gesundheitshotel. Ich genoß sie noch, als sie schon längst beim Teufel war. Es ging mir wie den Fahrern, die eben noch alles unter Kontrolle hatten, und plötzlich sind sie nur noch Passagier. Eben noch mit dreihundert wie auf Schienen gefahren, aber ein Bruch der Vorderradaufhängung, und du bist nur noch Passagier. Eine blockierende Bremse, ein Reifenplatzer, ein plötzlicher Regenschauer. Und du bist nur noch Passagier.
Schon an den ersten beiden Tagen hatte ich mich in der Sauna nicht wirklich wohl gefühlt. Ich setzte mich ohnehin immer ganz unten hin, wo es am kühlsten ist, und doch schien mein Kreislauf überfordert.
Aber richtig schlecht wurde mir erst am dritten Tag, als ich geglaubt hatte, mich schon daran gewöhnt zu haben. Eben hatte ich noch alles unter Kontrolle gehabt, nur eine leichte Übelkeit, und ich überlegte, ob ich diesen Aufguß abbrechen sollte. Doch bevor ich aufstehen konnte, begann sich die Saunabank langsam in Bewegung zu setzen, und ich war nur noch Passagier.
Ich fühlte, daß ich nahe daran war, umzufallen, und sagte irgendwas zu dem Mann, der als einziger außer mir in der Saunakammer war. Ich hoffte, durch das Gespräch zu mir zu kommen, was auch nach und nach gelang.
Es muß aber einige Zeit gedauert haben, denn das erste, was ich wahrnahm, war eine Äußerung des Mannes, die darauf hindeutete, daß wir uns schon mitten in einem Gespräch befanden.
«Nein, ich bin schon Österreicher. Anfangs hab ich bei den Rennfahrerschulen am Salzburgring und am Österreichring als Lehrer gearbeitet. Ich bin nach Macau gegangen, weil ich weder in Österreich noch in Deutschland eine Chance gehabt hätte, mich gegen die etablierten Rennfahrerschulen selbständig zu machen oder überhaupt eine freie Strecke für meine Schule zu finden.»
Von dem Kurs in Macau hatte ich schon gehört, weil dort auch Formel-3-Rennen ausgetragen wurden. Dort gewesen war ich natürlich noch nie.
«In Macau hab ich meine eigene Rennfahrerschule auf einem schönen Kurs. Seit 1974 bin ich jetzt schon dort. Trotzdem bin ich immer ein halbes Jahr hier in Österreich. Bleibt ja doch die Heimat.»
Das einnehmende, aber unnatürlich breite Lächeln des Mannes erinnerte mich stark an Theresas verstorbenen Vater. Er hatte auch die gleichen dichten schwarzen Haare mit einer exakt ausgezirkelten Hinterkopfglatze und die gleiche Adlernase im verlebten Gesicht. Allerdings war er fast einen Kopf kleiner. So paßte er wenigstens problemlos in die FormelFord-Autos seiner Rennfahrerschule.
«Wieser», lächelte er.
«Wie
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