Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
Clara gegen fünf Uhr nachmittags abzuholen und ihr ein Abendessen zu machen. Ich bin nicht bereit, mir ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen.
»Du willst vor meiner Abreise streiten. Na prima! Da werden wir uns ja beide bestens fühlen!« Tobias lenkt nicht ein. Also mache ich einen neuen Versuch. »Wir standen kurz vor der Pleite. Glaubst du, ich gehe fort, um mich zu amüsieren? Das tue ich nicht. Soll ich dabei zusehen, wie Frederiks Firma den Bach runter geht? Tobi, ich vermisse dich jetzt schon! Bitte hör auf, so störrisch zu sein und halte mich fest!« Jetzt endlich kommt er meiner Bitte nach und nimmt mich fest in den Arm.
Clausen wartet mit einer großen Überraschung auf mich. Es war ihm gelungen, auch Sarah als Moderatorin zurück zu gewinnen. Meine alte Freundin hat mir nicht verraten, dass sie wieder an Bord ist.
»Los Mädels, macht Umsatz!«, ruft er uns hinterher. Wir enttäuschen ihn nicht und führen durch die Verkaufssendungen wie zu unseren besten Zeiten.
»Ich werde immer fetter«, stöhnt sie abends im Hotel. Sie zieht ihre weiße Bluse hoch und zeigt ihre vorstehende Wampe.
»Nach meiner letzten Diät habe ich nur an den Beinen und an den Armen abgenommen. Nicht ein Gramm am Bauch! Meine Figur gleicht einem Tiefkühl Hähnchen«, lacht sie. Ich erkläre, dass ich mich mit regelmäßigem Schwimmen in Form halte.
»Du hast auch einen eigenen Pool.« Ich starte mein Notebook und stelle eine Verbindung zu Tobi her. Clara nimmt den Anruf an und beschwert sich lauthals über die schrecklichen Kochkünste ihres Vaters.
»Papa hat eine ganz ekelige Soße zu den Nudeln gekocht«, meckert sie. Ich erzähle ihr eine kurze Gutenachtgeschichte und werfe meinen Lieben noch viele Handküsse zu.
»Wer hätte gedacht, dass aus euch noch einmal eine ganz normale Familie wird«, sagt Sarah. Ich erkundige mich nach Anke. Sarahs langjährige Lebensgefährtin quittierte ihren Schichtdienst als Stationsärztin im Krankenhaus und zog von München in die Schweiz. Dort ist sie nun in einer Klinik für plastische Chirurgie beschäftigt und sie führen seither eine Wochenendbeziehung.
»Zuerst dachte ich, sich nur am Wochenende zu sehen und die ganze Zeit ungestört miteinander verbringen zu können, wäre das Salz in der Suppe. Jetzt sage ich dir, es war der Tod für unsere Beziehung.« Sarah fängt an zu weinen. Ich kenne meine Freundin als starke, selbstbewusste Frau. Ich habe sie noch nie traurig und verzweifelt erlebt. Sie hat ihre Anke an eine jüngere Frau verloren. Seit Wochen schluckt sie ihren Schmerz mit Alkohol herunter.
»Clausens Angebot kam wie gerufen. Arbeit ist eben doch das beste Mittel, um nicht den Verstand zu verlieren.« Sarah will nicht weiter darüber sprechen. Ich halte sie lange im Arm, denn das ist das beste Mittel gegen Herzschmerz.
Ich inspiziere das Warenlager und lasse mir die Verkaufszahlen vom Vortag geben. Obwohl eine enorme Steigerung zu verzeichnen ist, bin ich nach den ersten Sendungen noch nicht wirklich zufrieden. Ich schnappe mir drei Babybump Pflegesets für Mütter in spe. Zur Behandlung ihrer dicken Bäuche will ich sie der schwangeren Caro und Kathie schenken. Das Dritte ist für die dralle Sarah gedacht.
»Komm her mein kleines Hängebauchschweinchen!«, rufe ich meiner Moderatorin nach dem Abspann der letzten Verkaufsshow zu. »Verschwinden wird dein Waschbärbauch davon nicht. Aber die Haut bleibt geschmeidig und streifenlos.« Ich packe die Pflegesets in Geschenkpapier ein und lege zwei Grußkarten für die werdenden Mütter bei. In der Poststelle des Senders gebe ich die beiden Päckchen ab und eile zum Flughafen. In letzter Minute erreiche ich die Abendmaschine. Meiner Überraschung steht nun nichts mehr im Weg. Tobias soll staunen. Er rechnet erst am kommenden Tag mit meiner Rückkehr. Enttäuscht fahre ich meinen Wagen auf das Grundstück. Was habe ich erwartet? Gegen ein Uhr nachts ist das Haus dunkel und Mann und Kind schlafen bereits fest. Leise verschwinde ich im Bad. Nicht leise genug. Schlaftrunken folgt Tobias mir, zieht mich zufrieden aus der Dusche und führt mich ins Bett. Glücklich setzt er an meiner Seite seinen Tiefschlaf fort.
»Du siehst müde aus«, stelle ich am nächsten Morgen fest.
»Die Tage waren nicht ohne. Ich hatte viel Arbeit. Clara war die ganze Zeit bockig und geschlafen habe ich auch schlecht. Außerdem hast du mir gefehlt.«
»Jetzt bin ich ja wieder da.
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